Wirtschaftswurm-Blog

Soll Griechenland nur halb aus dem Euro raus?

Thomas Mayer, Noch-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, hat mit seinem „Geuro“-Vorschlag viel Aufmerksamkeit in den Medien bekommen. Aber wie kann die von ihm Geuro genannte zweite Währung parallel zum Euro in Griechenland funktionieren? Und kann sie Griechenland überhaupt helfen?

Die Grundidee des Geuros wie des nun „Grexit“ genannten Ausstiegs Griechenlands aus der Eurozone, ist gleich: Kann die griechische Wirtschaft ihre Kosten (insbesondere auch die Löhne) in einer schwachen, einheimischen Währung bezahlen, wird sie schnell international wettbewerbsfähig. Der Vorteil der bloßen Parallelwährung liegt in der Einführungsphase, die sich Thomas Mayer relativ einfach vorstellt.

Der Deutschbanker geht von einem Szenario aus, in dem Griechenland seine Sparverpflichtungen aufkündigt und danach keine Gelder mehr aus Europa und vom IWF erhält, um seine normalen Ausgaben zu bestreiten. Mangels Euros würde der griechische Staat seine Angestellten und Auftragnehmer dann mit neu ausgegebenen Geuros bezahlen – und zwar ein Geuro für ein Euro. Der griechische Staat verspricht zudem, irgendwann die Geuros wieder in richtige Euros umzutauschen. (Glauben wird das natürlich eh keiner.)

Mayer geht davon aus, dass die Geuros sich als Parallelwährung etablieren werden. Er rechnet aber auch damit, dass sie schnell um 50% abwerten werden. Ein Widerspruch, denn solange der Wechselkurs nicht stabil ist, wird keiner das neue Geld haben wollen. Und hat sich der Wechselkurs später bei z.B. 0,5€ eingependelt, werden natürlich die Geuro-Preise doppelt so hoch angesetzt wie die Euro-Preise. (Wenn Händler überhaupt bereits sind, den Aufwand für zwei Währungen zu tragen.) Wollen Privatunternehmen dann ihre Beschäftigten in Geuros statt Euros bezahlen, wird das Konflikte geben.

Das Hauptproblem der Geuro-Idee liegt aber woanders: Euro-Guthaben wie Euro-Schulden sollen laut Mayer nicht umgestellt werden. Was im Sinne der Griechen ist, die Angst um ihr Erspartes haben, wird für die meisten griechischen Unternehmen ein Problem. Wie soll ein Kleinunternehmer seinen Schuldendienst in teuren Euros leisten können, wenn er hauptsächlich Geuros einnimmt?

Den absehbaren Kollaps eines Teils der griechischen Wirtschaft sieht Mayer allerdings nur durch den Blickwinkel der Banken: „Abschreibungen auf Kredite an private Haushalte und Unternehmen, die nunmehr vor allem abgewertete Geuros einnehmen, würden den Kapitalausfall verschärfen.“ Darum sollen die griechischen Banken durch vom europäischen Steuerzahler finanzierte „Bad Banks“ entlastet werden.

Man merkt so langsam, dass Mayers Idee hauptsächlich dazu dient, Verluste bei den Banken (in und außerhalb Griechenlands) zu vermeiden. Während alle anderen sich mit schwachen Geuros zufrieden geben sollen, bleiben die Forderungen der Banken in teuren Euros bestehen.

Die auftretenden Lücken sollen gefälligst die Euro-Rettungsschirme schließen. Letzteres gilt natürlich nicht nur für Forderungsausfälle bei Privaten, auch die Forderungen an den griechischen Staat sollen durch sie gesichert bleiben. Denn die Gelder aus dem Euro-Rettungsschirm sollen Griechenland nicht gänzlich gestrichen werden, nur insoweit, als sie zur Finanzierung des Primärdefizits dienen. Die Gelder für den Schuldendienst sollen weiterhin fließen – auf ein nur dafür verwendbares Treuhandkonto.

Blogger Wirtschaftsphilosoph hat erkannt, wohin das Parallelwährungssystem führen muss: „… die griechischen Schulden werden dann noch unbezahlbarer als ohnehin schon.“ Ohne Schuldenschnitt, insbesondere bei den Staatsschulden, funktioniert eine Zweitwährung ebenso wenig wie ein vollständiger Euro-Austritt. Da fragt sich, wo dann der Vorteil bleibt.


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8 Kommentare

  1. Ich bin von der Geuro-Idee ebenfalls nicht wirklich überzeugt. Aber deine Argumentation hat meiner Meinung auch einen Schwachpunkt.

    Die von dir beschriebenen Probleme mit Blick auf die Euro-Schulden des griechischen Staates und der Privatwirtschaft würden doch im Kern genauso entstehen, wenn Griechenland komplett aus dem Euro aussteigen würde. Die Auslandsschulden würden in Euro denominiert bleiben. Im Inland könnte der Staat natürlich die Banken zwingen, Euro-Schulden in neue Drachmen-Schulden umzuschreiben. Das würde dann aber die Banken, die ohnehin am Stock gehen, weiter schwächen – die hätten „gute“ Euros verliehen und würden dafür „schlechte“ Drachmen zurückbekommen.

    Der entscheidende Charme der Geuro-Idee ist m.E., dass eine Zwangs-Umstellung der Ersparnisse und damit vielleicht eine Kapitalflucht vermieden werden könnte – das könnte vor allem mit Blick auf mögliche Contagion relevant sein.

    Unter dem Strich halte ich aber nach wie vor die Argumente, das der Grexit sowohl für Griechenland als auch für den Rest der Euro-Zone mit deutlich mehr Kosten als Nutzen verbunden wäre, für überzeugend.

  2. Wirtschaftswurm sagt

    @Olaf Storbeck,
    „Die von dir beschriebenen Probleme mit Blick auf die Euro-Schulden des griechischen Staates und der Privatwirtschaft würden doch im Kern genauso entstehen, wenn Griechenland komplett aus dem Euro aussteigen würde.“ – Ähmm, ja, aber ich habe ja ausdrücklich geschrieben: „Ohne Schuldenschnitt, insbesondere bei den Staatsschulden, funktioniert eine Zweitwährung ebenso wenig wie ein vollständiger Euro-Austritt.“
    Also: Ein (weiterer) Schuldenschnitt ist bei einem Grexit absolut notwendig, zumindest derart, dass Euroschulden auf Weichwährungsschulden umgestellt werden.
    Zwangsumstellung ist natürlich unschön, das gebe ich zu. Ich bin aber überzeugt, hätte man sie bereits vor zwei Jahren gemacht, Griechenland hätte jetzt bereits einen Aufschwung.

  3. Das Häschen sagt

    Die Griechische Wirtschaft funktioniert ja noch. Was passiert wenn der Geuro stärker würde als der EURO? Die Griechen zahlen ihre Schulden mit einem starken Geuro, werten nachher ab auf EURO Niveau. Die Bunten Scheine sind zurück, alle sind happy, oder wer ist in diesem Fall nicht happy?

  4. Wirtschaftswurm sagt

    @Das Häschen,
    falls der Geuro wieder einen Kurs von 1€ erreicht, würde man ihn problemlos abschaffen. Das Szenario ist aber unrealistisch.

  5. causb sagt

    Ich glaube dem Häschen ging es eher um die Frage, was passieren würde, wäre der Geuro mehr Wert als der Euro.
    Wobei, wäre dem so, bzw könnte dem so sein, bedürfte man seiner nicht. Insofern ist dieser Fall ausgeschlossen.

    Wenn man es allerdings in Gr „nicht machen kann“ weil es dann auch andere machen würden (und sukzessive nichts von der Eurozone übrigbleibenwürde und sich irgendjemands Euroguthaben in Rauch auflösen würde).
    Wie wäre es wenn De eine Parallelwährung einführte?
    Deuro, oder so ähnlich.

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  8. Wirtschaftswurm sagt

    @causb,
    genau das wollte ich ja auch sagen: Bevor der Geurokurs über 1€ stiege, würde man ihn wieder abschaffen.

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