Im Artikel „Soziale Gerechtigkeit zusammengerührt“ habe ich begründet, warum ein allgemeiner Indikator der sozialen Gerechtigkeit wenig sinnvoll ist. Viel interessanter als solch eine Generalzahl sind die weniger durch den Fleischwolf gedrehte Einzeldaten. Die in dieser Woche vorgestellte Bertelsmann-Studie zur sozialen Gerechtigkeit hat immerhin in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Nur zwei Daten möchte ich mir aus ihr herauspicken. Diese sind aber besonders aussagekräftig: die Armutsquote und die Quote der Langzeitarbeitslosen.
Fangen wir mit der Armutsquote an. Sie gibt an, wie groß der Anteil derjenigen ist, deren Einkommen geringer ist als die Hälfte des mittleren Einkommens (Medianeinkommens). Die Armutsquote liegt in Deutschland bei 9,5 %, was gerade für den 16. Platz unter den 31 OECD-Ländern reicht. Dänemark und Schweden schneiden mit 5,3 % erheblich besser ab. Auch in Österreich gelten nur 6,6 % der Bevölkerung als arm. In der Schweiz sind es 8,7 %; das ist immer noch etwas weniger als in Deutschland. Ein schwacher Trost für uns Deutsche, dass in der größten Volkswirtschaft der Erde, in den USA, der Anteil der Armen mit 17,1 % noch erheblich größer ist.
Schlimm sieht es in Deutschland beim Thema Langzeitarbeitslosigkeit aus. Arbeitslosigkeit ist für die Betroffenen nicht nur wegen des Einkommensausfalls ein Problem sondern auch wegen des sozialen Ausschlusses, der mit ihr verbunden ist. Diese Probleme verdichten sich bei Langzeitarbeitslosen besonders. Statistisch gilt als langzeitarbeitslos, wer mehr als 12 Monate ohne Arbeit ist.
In so unterschiedlichen Staaten wie Island, Südkorea oder Mexiko gibt es fast gar keine Langzeitarbeitslosen. Dagegen liegt in Deutschland die Quote der Langzeitarbeitslosen, also ihr Anteil an der Erwerbsbevölkerung, bei 3,9 %. Einzig die Slowakei schneidet mit 6,6 % noch schlechter ab. Auch in den USA (0,6 %), Österreich (0,9 %) oder der Schweiz (1,2 %) ist die Quote erheblich niedriger. Zu beachten ist allerdings, dass die Arbeitslosenstatistiken als nicht besonders zuverlässig gelten.
Fazit: Armutsquote und die Quote der Langzeitarbeitslosen offenbaren ein Versagen der deutschen Politik in einem wichtigen Feld der sozialen Gerechtigkeit. Nicht mehr zu bestreiten ist, dass die Hartz-IV-Reformen ein krasser Fehlschlag waren. Ein neuer Ansatz zur Reduzierung von Langzeitarbeitslosigkeit und Armut ist notwendig.
Für diejenigen, die noch weitere Einzeldaten aus der Bertelsmann-Studie analysieren wollen, habe ich alle in einer Openoffice-Tabelle zum Herunterladen zusammengestellt:
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