Wirtschaftswurm-Blog

Zu wenig Investitionen in Deutschland?

Sigmar Gabriel 2013

Im Schatten internationaler Krisen wie Ukraine und IS hat Sigmar Gabriel neue Ideen vorgestellt, um in Deutschland die Investitionen anzukurbeln. Laut „Herdentrieb“ will Gabriel einen Fonds aufbauen, in dem Banken und Versicherungen einzahlen können und dessen Gelder dann für den Bau von Straßen oder Stromtrassen zur Verfügung stehen. Eine Kritik.

Nun hat Fabian Lindner vom „Herdentrieb“ sicher Recht, wenn er diese Pläne kritisiert. Die Banken und Versicherungen werden in den Fonds nicht aus Sorge ums Allgemeinwohl einzahlen, sondern nur, wenn sie eine hohe Rendite bekommen, zumindest eine höhere als bei den normalen Staatsanleihen. (Für 10-jährige beträgt sie – Stand 1.9 – nur noch 0,88%.) Da ist aber dann die Frage, warum der Staat den Banken und Versicherungen eine hohe Rendite zahlen sollte, wenn er das ganze auch billiger haben kann, eben indem er sich das Geld durch normale Staatsanleihen statt durch einen Fonds leiht.

Das Problem ist die Schuldenbremse. Abgesehen von einem Konjunkturausgleich darf der Bund ab 2016 wegen der Schuldenbremse nur noch neue Schulden in Höhe von 0,35% des BIPs machen. Diese Schuldenbremse will Gabriel mit einem privatrechtlichen Fonds umgehen.

An und für sich ist die  Schuldenbremse eine gute Idee und auch notwendig. Die spezifisch deutsche Form der Schuldenbremse kritisiere ich allerdings auch schon seit langem; denn sie unterscheidet nicht zwischen Schulden für Investitionen und Schulden für staatlichen Konsum. Das Fass Schuldenbremse will Sigmar Gabriel aber leider nicht aufmachen, sondern er überlegt sich stattdessen lieber teure Tricks.

Eine andere Frage ist allerdings, ob überhaupt mehr Investitionen in Deutschland gebraucht werden. Der Ansatz des DIW, einfach mal zu behaupten, Deutschland müsste 20% seines BIPs für private oder öffentliche Investitionen bereitstellen, überzeugt nicht. Die 20%-Marke ist mehr oder weniger willkürlich.

Auch die Ideen, wo investiert werden soll, sind nicht gerade spannend. Üblicherweise werden genannt: Energie, Verkehr und Bildung. Tatsache ist allerdings, dass der Energiebedarf mit steigendem Wohlstand nicht entsprechend zunimmt. Ähnliches scheint auch für den motorisierten Verkehr zu gelten. Energie und Verkehr sind also Bereiche, deren relative Bedeutung mit wachsendem Wohlstand zurückgeht.

Im Bereich Bildung mag das anders sein. Allerdings erscheint es nicht plausibel, immer mehr Geld für Bildung auszugeben, wenn es immer weniger Kinder gibt, die gebildet werden können.

Vielleicht sollte man also erst einmal bei der Familienpolitik anfangen, bevor man Investitionen fordert? Auch Alex Hummel von „Saldenmechanik“ sieht die Demografie als das größte Problem der deutschen Wirtschaft an.

Foto (von Moritz Kosinsky): Sigmar Gabriel 2013


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22 Kommentare

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  4. Ich meine z.B. so was: „An und für sich ist die Schuldenbremse eine gute Idee und auch notwendig. Die spezifisch deutsche Form der Schuldenbremse kritisiere ich allerdings auch schon seit langem; denn sie unterscheidet nicht zwischen Schulden für Investitionen und Schulden für staatlichen Konsum.“

    Also ich weiß, dass Schulden für staatlichen Konsum, außer bei Wirtschaftskrisen, nie zulässig waren, insofern kann doch eine Schuldenbremse immer nur für Schulden aus Investitionen gelten. Logisch? Wenn Sie oben aber auf der einen Seite die Schuldenbremse begrüßen und auf der anderen Seite einen Satz später beklagen, dass davon die Kreditaufnahme für Investitionen betroffen ist, dann passt das halt einfach nicht zusammen, denn nur diese Schulden konnte man ja überhaupt einbremsen.

  5. „Also ich weiß, dass Schulden für staatlichen Konsum, außer bei Wirtschaftskrisen, nie zulässig waren, insofern kann doch eine Schuldenbremse immer nur für Schulden aus Investitionen gelten.“
    Fast richtig. Es war auch bisher nur eine Netto-Neuverschuldung maximal in Höhe der staatlichen Investitionen möglich. Erlaubt waren aber auch Schulden für die Tilgung alter Schulden, denn solche Schulden zählen nicht zur Netto-Neuverschuldung. Mehr zum Thema hier und hier.

  6. „Erlaubt waren aber auch Schulden für die Tilgung alter Schulden“

    Daran hat sich durch die Schuldenbremse doch aber auch nichts geändert, denn diese zielt ebenso lediglich auf die Neuverschuldung ab.

  7. Oder wir können auch das nehmen: „Im Bereich Bildung mag das anders sein. Allerdings erscheint es nicht plausibel, immer mehr Geld für Bildung auszugeben, wenn es immer weniger Kinder gibt, die gebildet werden können.“

    Wer sagt denn aber, dass Bildung nur etwas für Kinder ist? Daneben stellt sich die Frage, ob Sie die chronische Unterfinanzierung des Bildungswesen nicht sehen können oder nicht sehen wollen.

  8. @mister-ede,
    ich glaube nicht an eine chronische Unterfinanzierung des Bildungswesens. Welche Zahlen haben Sie denn da im Blick?

  9. @Arne Kuster
    1. 27 Kinder in Grundschulklassen, 33 Schüler in Klassen höherer Schulen (hängt immer vom Bundesland ab) und überfüllte Hörsäle.
    2. Ärztemangel und dennoch hoher NC auf Medizinstudium.
    3. Eingeschränkte Mittel bei Aus- und Weiterbildung. Keine Finanzierungshilfe für ältere Arbeitslose die eine (zusätzliche) Ausbildung machen!

    Reicht Ihnen das?

  10. Stefan Rapp sagt

    Die Frage nach der Bildung ist die Frage ob man zum Beispiel aus 1,3 Kindern pro Frau das Leistungspotenzial der 1,3 Kindern auf das von zum Beispiel 2 Kindern erhöhen könnte. In der Praxis werden mit den Verschwinden der Kinder auch immer mehr Lehrerstellen abgebaut anstatt das man versucht das Bildungsniveau der übrig gebliebenen durch bessere Betreuung zu erhöhen.

    Bei den Schulden versus Investition ist doch entscheidend ob durch die Verschuldung letztendlich mehr Geld in Investitionen landen oder nicht. Hätte derjenige der sich Staatsanleihen kauft, wenn er diese nicht hätte kaufen können das Geld dort angelegt wo es in mehr oder in weniger Investitionen geflossen wäre als beim Staat ? Und sind Netto noch mehr Investitionen Pauschal überhaupt sinnvoll unabhängig von Einzelbeispielen die es immer gibt ?

    Wenn ich mehr Lehrer einstelle oder behalte brauch ich keine Investitionen an anderer Stelle wo diese Lehrer dann vielleicht mit einem anderem Beruf sonst gearbeitet hätten.

    Eine Frage an die Ökonomen wäre für mich zum Beispiel sollte man um dauerhaft Wachstum auf gleichem Niveau zu generieren, vorausgesetzt Investitionen führen überhaupt noch zu Wachstum die Investitionen auch immer wieder real erhöhen oder reicht eine inflationsbereinigende Erhöhung ?

    Die Frage nach einem Fond wäre für mich eher dahingehend zu führen ob wir nicht zusätzlich eine kapital gedeckte Gesetzliche Rente ergänzend zur klassischen Gesetzlichen Rente einführen sollten. Bei der Forderung von Gabriel ist der Versicherer ein unnötiger Zwischenhändler der nur erstmal zu mehr Verwaltungs- und Gewinnabführungskosten führt. Hierbei ist ja entscheidend das das Sparbedürfnis der Bürger wieder in die Wirtschaft zurück führt, damit diese weiter entwickelt wird, bis der einzelne dann seine Ersparnisse überhaupt später noch in einer funktionierenden Wirtschaft wieder abrufen kann dann primär ersetzt wiederum durch den Sparwillen der nächsten Generation.

  11. Häschen sagt

    Nüchtern betrachtet muss Investition Gewinn/Zins bringen. Damit kann entweder der Staat oder der Bürger in den Fonds einzahlen.

    Es gibt 2 Szenarien oder 3
    a) Defizitgeschäft – dann ist es eher das traditionelle große Konsumgut, dass der Staat an Bürgers statt einkauft. Lamborghini auf Schulden bei dem man sich noch nicht mal die Anschaffung kann leisten
    b) Es ist ein Lamborghini den man zwar kann kaufen aber sich nicht leisten (Erhaltung)
    c) Eine Anschaffung die Tauschmittelzufluss im ausreichendem Maße generiert – Investition – stellt sich die Frage warum sollen Versicherung oder Banken partizipieren.

    Damit ist das Thema vom Tisch. Ich vermute es geht darum die Kredite zu besichern oder eben ‚Gutes zu tun‘ wie gewöhnlich über die Institute und Instrumente der Sekundärverteilung. Lamborghini für alle dessen Erhaltung alle zahlen inbesondere jene die es sich nicht leisten können.

  12. Häschen sagt

    mister-ede – Der Staat kann nicht investieren so einfach ist das. Der Staat kauft meiner Einschätzung nach große Konsumgüter. Der Investitionsstau ist vielschichtiger Natur.

    Steuern bringen ihnen wenig, denn egal bei welchem Einkommensbezieher die Steuer anfällt erwirtschaften muss die Steuern jeder. Sie wird ja allein eingehoben beim Besserverdiener und die sind sofern nicht selbstständig eher umlagenfinanziert auch in der Realwirtschaft. Eigentlich ist es damit schon am Rande einer Unternehmenssteuer. Je nachdem wie man auf den Prozess schaut in einem Fall mehr im anderen weniger. Je weiter weg von der substantiellen Arbeit je höher die Entlohnung…

    Korrekt jedoch, es gibt keinen Grund sich zunehmend vergrößernden Industriekomplexen, Unternehmen erstaunlicher Größe allgemein und der Finanzindustrie allgemein schon im Vorfeld Vergünstigungen zukommen zu lassen und nachher nicht einen adäquaten Rückfluss zu generieren.

    Finanzvermögen sofern Sparvermögen und Anleihen sind an sich neutral und belasten nicht die Wirtschaft. Das wird als Investionsschwäche interpretiert – ist aber auch nicht. Es ist einfach nicht entschieden. Erbschaften sind eh schon entwertet wenn sie übergeben werden und die Leistung wurde erbracht. Wenn der Bürger austritt aus dem Leben, dann fällt das Tauschmittel nicht zwingend der Allgemeinheit zu – dann ‚hängen‘ wir gleich alle Reichen auf und machen uns mit dem herrenlosen Tauschmittel ein schönes Leben. Das ist auch im Sozialismus das angedachte Vorgehen … Die Realvermögen sind sowieso irrelevant. Ein bewertetes Realgut ist nicht gleich Zahlungs resp. Tauschmittel.

    Es sollte jedem frei stehen, das kann der Staat nicht beurteilen, überflüssiges Tauschmittel zu investieren. Da wäre etwas Engagement gefragt.

    Andere Lösung ginge genauso. Wir nehmen jedem abhängig finanzierten die Sparguthaben ab, respektive die Finanzvermögen, unter der Argument zu unrecht Tauschmittel über die Sekundärverteilung gesammelt zu haben, schmeißen sie aus ihren Ämtern und schaffen damit Arbeitsplätze in der Realwirtschaft am Straßenbau. Das wäre an sich so absurd das klingt der richtige Weg. Den Herrn Gabriel outgesourced mit der Spitzhacke am Straßenbau, der Herr Schäuble hat die Bauaufsicht und die Frau Merkel bringt die Getränke … Die Frau Nahles auf der Bar sitzend des nächtens mit rauchiger Stimme singt Lieder von einer besseren Welt während der einzige der unter Tag schaffte sich vollaufen lässt. 🙂

    Warum allgemein wenig investiert wird liegt auf der Hand – die Nachfrage ist zu schwach.

    Warum man überhaupt ein 60% Limit hat lt. Maastricht … Summarisch betrachtet ist es Augenauswischerei und im Einzelfall kommt es auf die konkrete Organisation von Wirtschaftsraum und Umverteilung an. Es sind auch die 90% vom BIP egal, die Schulden zurückzahlen kann eh keiner und zumal das ‚Geld‘ aus dem nichts entsteht ist eh nur der Zins relevant…

  13. „Der Staat kann nicht investieren so einfach ist das.“

    Was soll man zu so einer Stammtischaussage antworten?

  14. Stefan Rapp sagt

    @mister-ede
    Wenn man nur im Stande ist diese Aussage als „Stammtischaussage“ wahr zu nehmen, kann man ja nachfragen wie das genau gemeint ist. Letztendlich ist das nur eine Frage der Definition und was man damit zum Ausdruck bringen will.

  15. @Stefan Rapp,
    es gibt kein „optimales“ Investitionsniveau. Es hängt doch immer davon ab, was und wie man investiert. Und eine kapitalgedeckte Rente haben wir ja in Deutschland, wenn auch in Form der Riester-Rente schlecht umgesetzt.
    @mister-ede,
    wenn man die Steuern erhöht sind die Effekte auf das Investitionsniveau nicht eindeutig. Diejenigen, die nun mehr besteuert werden, werden nämlich weniger investieren.
    @Häschen,
    der Staat kann sehr wohl investieren. Was sind übrigens eigentlich Investitionen? Investitionen sind eine Umweg-Produktion. Man produziert das verlangte Konsumgut nicht direkt, sondern man baut erst eine Maschine, mit der man danach das Konsumgut produzieren kann. Damit verzichtet man eine gewisse Zeit lang (während man die Maschine baut) auf das Konsumgut, um später umso mehr davon produzieren zu können. Straßen und Schulen sind auch eine solche Umweg-Produktion. Denk drüber nach.

  16. @Kuster
    Ich habe drei ganz konkrete Steuern genannt, beziehe mich ganz konkret auf Deutschland im hier und jetzt und heute, aber Sie antworten mit einem Allgemeinplatz.

  17. @mister-ede,
    kein Allgemeinplatz, sondern ein allgemeiner Hinweis. Wenn Sie glauben, ich würde nun volle Breitseiten gegen ihre Vorschläge feuern, haben Sie geirrt.

  18. @Kuster
    Wenn ihr Kommentar keine Antwort auf meinen Kommentar sein sollte, wäre es geschickt gewesen, diesen allgemeinen Hinweis auch nicht mit @mister-ede an mich zu richten.

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