Wirtschaftswurm-Blog

Wie Angela Merkel von der Schuldenkrise profitiert

Trotzdem Angela Merkel der Lösung der europäischen Schuldenkrise nicht näher gekommen ist, schneidet sie in Umfragen gut ab, gerade weil sie der Lösung der europäischen Schuldenkrise nicht näher gekommen ist.

Die CDU steht gut da. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären, bekäme sie (laut einer repräsentativen Umfrage des ZDF-Politbarometers) 35 % der Stimmen. Das ist deutlich mehr als die Herausforderer von der SPD, die es lediglich auf 30 % bringen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Quelle: Dirk Vorderstraße

Angela Merkel steht gut da. In der Politbarometer-Umfrage bekam sie die zweitbeste Note unter den Spitzenpolitikern (fast gleichauf mit Peer Steinbrück). Vor allem sind inzwischen viele Bürger von ihrer Rolle in der europäischen Schuldenkrise überzeugt. 63 % finden, dass sie ihre Arbeit in der „Euro-Krise“ gut macht. Das sind sehr viel mehr als noch Anfang Oktober. Damals waren es lediglich 45 %.

Das Umfrageergebnis verwundert zunächst, denn Angela Merkel ist bisher der Lösung der Krise keinen Schritt näher gekommen. Ganz im Gegenteil, die Anleger meiden inzwischen Staatsanleihen aus der Eurozone. Als Folge steigen die Renditen dieser Anleihen auf Rekordwerte. Gerade heute stieg z. B. die Rendite 10-jähriger italienischer Anleihen auf 7,3 %.

Auch wenn zu Panik kein Anlass ist, die Entwicklung ist gefährlich. Hohe Zinszahlungen könnten die Eurostaaten in eine Schuldenspirale führen, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

Trotzdem kann man die guten Umfrageergebnisse Angela Merkels erklären. Vier Gründe:

  1. Der deutsche Wähler kümmert sich nicht um Italien oder gar Griechenland (wie auch der italienische Wähler sich nicht um Deutschland kümmert). Von einem europäischen Staatsvolk sind wir weit entfernt. Eher im Gegenteil. Katastrophenreportagen aus Griechenland verstärken die Kontraste und lassen die Verhältnisse in Deutschland in einem milden Licht erscheinen. Angela Merkel profitiert. Damit sind wir schon beim nächsten Grund.

  2. Europa ist von einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftsentwicklung weit entfernt. In Deutschland konnten wir im Oktober mit 6,5 % eine so niedrige Arbeitslosenquote wie schon lange nicht mehr vorweisen. Südeuropa versinkt dagegen in einer Rezession. Und beides hängt zusammen. Fluchtgelder aus Südeuropa lassen die deutschen Zinsen niedrig und steigern die Investitionen.

    Dass Europa nur gemeinsam den Wohlstand sichern kann, das ist ein schönes Wort. Die momentane Realität in der Eurozone sieht anders aus. Der Rückgang deutscher Exporte nach Griechenland oder Portugal fällt nicht ins Gewicht, die niedrigen Zinsen umso mehr. Nüchtern kalkulierend folgt daraus: Es wäre im deutschen Wirtschaftsinteresse, wenn die Schuldenkrise auf gegenwärtigem Level andauert. Und tatsächlich hat Angela Merkel (bewusst oder unbewusst) genau dafür gesorgt.

    Die deutsche Wirtschaft profitiert seit 2 Jahren von der Schuldenkrise und Angela Merkel profitiert mit.

  3. Nun ist klar, dass man die Krise nicht dauerhaft auf gegenwärtigem Level einfrieren kann. Dieses Einfrieren war ohnehin nur zu enormen Kosten möglich, siehe die Rettungsgelder für Griechenland, Irland und Portugal. Zudem steigt der Einsatz. Bald wird man womöglich zu Mitteln greifen, die zu einer Entwertung des Euro führen. Aber noch sind die Kosten nicht spürbar. Und der Wähler ist kurzsichtig. Angela Merkel profitiert.

  4. Die Opposition versagt völlig, auf die Gefahren von Merkels Kurs hinzuweisen und bessere Alternativen aufzuzeigen. Die SPD beschränkt sich darauf, Eurobonds nicht auszuschließen. Etwas, was Angela Merkel wohlweislich auch nicht tut. Eine Watschen für Merkel und Rösler (wie die FTD schlagzeilt) sieht anders aus. SPD und Grüne vermitteln den Eindruck, nicht alles anders machen zu wollen als Merkel, aber vieles schlechter.

Angela Merkel profitiert.


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9 Kommentare

  1. Stephan sagt

    >Bald wird man womöglich zu Mitteln greifen, die zu einer Entwertung des Euro führen.

    Sag mal: kannst du eigentlich einen Beitrag schreiben ohne einen Schub von Inflations-Phobie? Du schläfst sicher sehr schlecht jeden Tag? Kein Wunder: Goldbarren unter der Matratze sind nicht gut für die Wirbelsäule.

  2. Stephan, Gold-Barren unter der Matraze sind SEHR gut, sowohl für den Körper (hart schlafen festigt den Körper) als auch für die Gefühle weil es Sicherheit gibt.

    Bist Du etwas ein Warm-Duscher Stephan???

    Natürlich geht der Euro kaputt!
    Aber DANACH, wer hat dann wohl das sagen?

    Machen wir eine Währungsreform und Frau Merkel sagt das es mit dem Euro eine dumme Idee war und führt wieder die Deutsche Mark ein.

    Damit gewinnt sie die nächsten Wahlen haushoch!

    Alles sehr gut geplant!

  3. Die Analyse finde ich erschreckend und gut zugleich. Bislang hatte ich das noch nicht so gesehen, da Frau Merkel in meinem Ansehen immer mehr gesunken ist. Die meisten Wähler denken aber wohl wirklich zu kurzfristig und verstehen die Zusammenhänge in keinster Weise (vollständig tut das wohl keiner, doch es gibt Unterschiede). Fragt sich nur, ob es Frau Merkel so viel anders geht. Wenn ich richtig liege, fliegt ihr der Euro demnächst um die Ohren, was dann auch den Wählern nicht verborgen bleibt. Die Opposition versagt zwar völlig, würde aber dann trotzdem politisch profitieren bzw. die Scherben zusammenkehren dürfen.

    @ Stephan: „Entwertung des Euro“ muss nicht nur Inflation bedeuten. Der Außenwert fällt doch jetzt schon, z. B. gegenüber den USA, obwohl sich diese viel mehr verschulden, so dass es wohl nicht einfach an den Schulden liegt, sondern Konstruktionsfehlern des Euro selbst (oder auch Politikfehlern von Frau Merkel, womit sich der Kreis schließt).

  4. osmosis sagt

    Zu 1). Der deutsche Wähler hat null Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage. Solange er Hartz 4 bekommt, Bier und Fussball und noch RTL und SAT sehen kann, macht es Mutti sehr gut. Da kann man sich die Finger wund schreiben, es wird doch nicht gelesen, von einigen unbedeutenden Ausnahmen abgesehen.
    Bestes Beispiel sind die Bundestagsabnicker, welche dem EFSF zugestimmt haben, obwohl sie nichts davon wissen/wussten. Sie Reportage, ich glaube des Spiegel. Es sind anscheinend alles PISA Grössen. Und solche Blitzlampen sind die Abgeordneten und regieren Deutschland.

  5. Wirtschaftswurm sagt

    @Stephan,
    danke für die Polemik. 🙂
    @Wirtschaftsphilosoph,
    danke für dein Lob. Manchmal kommt man zu ganz guten Ergebnissen, wenn man Standardweisheiten wie „Europa kann nur gemeinsam seinen Wohlstand sichern“ einfach mal negiert.

  6. Stephan sagt

    @Wirtschaftswurm
    Das ist das Gute an deinem Blog. Du hast Sinn für Humor und erkennst Beiträge die einfach nur ein Augenzwinkern sind. So macht das mit euch DE Mainstream Ökonomen Spass. Auf der Basis kann man auch die Dauerberieselung mit den ganz dramatischen schon wieder neuen Entwicklungen in der Eurozone etwas entspannter angehen.

  7. Gunther sagt

    @osmosis

    Sicher, alle anderen sind blöde, aber Sie haben die Weisheit mit Löffeln gefressen.
    Genau DIESE Einstellung ist typisch für Stammtisch-Spezialisten.
    Deswegen kennen Sie sich wohl mit „Hartz 4, Bier und Fussball und noch RTL und SAT“ so gut aus, oder?

    Mal drüber nachgedacht, daß der dt. Wähler sich vielleicht von der Regierung ganz gut vertreten fühlt in der Eurokrise? Ich zumindest kann dem taktischen Vorgehen der Kanzlerin viel abgewinnen, mal sehen wer am Ende ein Ergebnis vorlegt.

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