Wirtschaftswurm-Blog

Warum die Kritiker der EZB daneben liegen

Die EZB musste sich aufgrund ihrer Zinserhöhung von letzter Woche einige Kritik aus dem In- und Ausland gefallen lassen. Stellvertretend für die deutschen Wirtschaftsblogger nenne ich mal hier Kantoos und stellvertretend für amerikanische Wirtschaftsprofessoren Paul Krugman. Mich überzeugen diese Kritiken nicht und ich will darlegen warum.

Aber eines vorweg: Mir wurde ja hier schon mal in den Kommentaren Inflationsparanoia vorgeworfen. Ich glaube allerdings, dass meine Sorge vor einer Geldentwertung kein Zeichen einer krankhaften Psyche ist, sondern Ausdruck eines sozial mitfühlenden Geistes. Eine Inflation von 5 % bedeutet nichts anderes, als dass etwa Hartz-IV-Empfänger, deren Sätze nur einmal im Jahr an die Inflation angepasst werden, nach 11 Monaten real 4,4 % weniger zum Leben haben. Wer Inflation toleriert, möchte, dass unsere Staatsschulden von den Ärmsten abbezahlt werden.

Nun aber zu Kantoos. Sein wichtigstes Argument ist eine hübsche Trendlinie für das nominale Bruttoinlandsprodukt der Eurozone mit einem Anstieg von 4 % jährlich. Seit Beginn der letzten Wirtschaftskrise liegt das tatsächliche nominale BIP 8-10 % unterhalb dieses angeblichen Trends. Die EZB müsse nun dafür sorgen, den Trend wieder einzuholen. Nur dann werde das Wirtschaftspotenzial der Eurozone ausgeschöpft.

Leider ist dieser Trend aber rein fiktiv. Wenn wir uns mal das langfristige reale Wachstum in den sieben wichtigsten Euroländern (Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Österreich, Spanien) anschauen, dann lag es 1999-2009 zwischen 0,5 und 1,7 % jährlich und nur in Spanien betrug es 2,6 %. Ein nominales BIP-Wachstum von 4 % bei realen Wachstumsraten von deutlich unter 2 % bedeutet aber, dass in sechs von sieben Euroländern das Inflationsziel von 2 % verfehlt wird – und zwar dauerhaft und langfristig. Nur um eine Immobilienblase wie in Spanien zu finanzieren, wären 4 % Wachstum des nominalen BIP angemessen.

Und was ist zu Paul Krugman zu sagen? Krugman sieht, dass die Politik der EZB richtig ist für Deutschland, aber falsch für die überschuldeten Länder Griechenland, Portugal, Irland und Spanien. Da aber eine Inflation leichter zu tragen sei als eine Deflation, sollte sich die EZB nach den PIGS-Staaten richten, dort die Deflation bekämpfen und in den Euro-Kernländern wie Deutschland Inflation tolerieren.

Nobelpreisträger Paul Krugman ist vollkommen zurecht einer der angesehensten Ökonomen der Gegenwart. Nur leider hapert es bei ihm ein bisschen an Geografiekenntnissen. Darum hier etwas Nachhilfe: In den zwölf stabilen Euroländern leben 258 Millionen Menschen, in den PIGS-Staaten 73 Millionen. Was Paul Krugman fordert, ist also nichts anderes, als dass der Schwanz mit dem Hund wedeln soll. Das wird nicht gutgehen. Wenn die PIGS-Staaten nicht mithalten können, sollten sie lieber in ihrem eigenen Interesse aus der Eurozone austreten.


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18 Kommentare

  1. Das griechische Schuldproblem ist kein Wirtschaftsproblem…

    …es ist ein Problem der Justiz.

    Mutige Richter braucht Griechenland, damit es sich selbst retten kann
    …keine fähigen Politiker.

    Wenn sich —auf ganz legale Weise und mit absolut gesetzlichen Mitteln— herausstellt, dass Griechenland einem „Angriff“ fremder Länder augesetzt ist, hat es das Recht sich ohne weiteres an die internationalen Gerichte zu wenden. Es reicht aus, dass Griechenland in Zusammenarbeit mit der deutschen Justiz auf legale Weise beweist, dass Griechenland den rechtswidrigen Handlungen des deutschen Staates und sowohl dessen Regierung als auch dessen Unternehmen zum Opfer fiel. Darüber hinaus sollte Griechenland die Regierung Merkels z.B. mit Vorwürfen, die bis hin zu Verbrechen gegen die Menschheit reichen können, vor die internationalen Gerichte stellen. Es ist ein Verbrechen gegen die Menschheit, wenn ein Führer eines Staates die Mittel des Staates den er kontrolliert zulasten eines anderen Staates und eines anderen Volkes verwendet. Es ist ein Verbrechen gegen Europa wenn ein Europastaat sich auf die europäische Integration beruft, um andere europäische Völker zu zerstören. Genau das tat Deutschland mit Griechenland.

    Darum geht es eigentlich. Griechenland wurde der Gefahr eines beispiellosen imperialistischen „Angriffes“ eines verbündeten Landes ausgesetzt …dem Angriff eines Landes, welches mit griechischen politischen Verrätern zusammengewirkt hat, um mittels Geldern genau das zu erreichen, was Hitler früher mit Waffen nicht erreicht hat. Griechenland ist von „Bestien“ überfallen worden. Griechenland hat seinen Verbündeten und Anführern vertraut und ist so in die „Falle“ getappt. Griechenland wurde in die europäische Familie als „Bruder“ eingeladen und, als die monetären „Türen“ der Europäischen Union geschlossen wurden, wurde es wie ein „Hund“ von Deutschland ausgeraubt. Alle Korruption in Griechenland ist von Deutschland eingefädelt worden. Die deutschen Geheimdienste „schmierten“ gemeinsam mit großen deutschen Unternehmen die griechische politische Führung, um das Land plündern zu können.

    Deutsche Agenten, die die Rolle einer Führungskraft in Großunternehmen bekamen, haben sich in Griechenland eingeschlichen und haben, indem sie jeglichen Sinn von Allianz und Kultur missbraucht haben, alles vernichtet. Unternehmen, welche mit Agenden und Informationen verschiedener Geheimdienstorganisationen „ausgestattet“ waren, haben jeglichen Sinn eines gesunden Wettbewerbs vernichtet. Dies konnte nur wegen den Deutschen passieren, welche ihre imperialistischen Pläne sorgfältig hinter faulen europäischen „Integrationsvisionen“ versteckt haben. Auf diese vulgäre und unmoralische Art und Weise wollten sie mit Geld das erreichen, was Hitler mit Bomben nicht erreicht hat. Sie verdarben Griechenland, um es in die Arme von internationalen Zinswucherern zu treiben, sodass den Griechen, wenn sie von Deutschland ausgeplündert werden, die Hände gebunden wären. Das war von Anfang an der Plan. Ein Plan, der nach einer ganz bestimmten Strategie aufgestellt war.

    … [Wegen Antisemitismus gelöscht – Wirtschaftswurm]

  2. @ΑΛΕΞΑΝΔΡΟΣ
    Wow!!! Wann starten wir den Dritten Weltkrieg? Ich bin dafür wir vernetzen uns über Playstation 3 und machen das aus über „Call of Duty“. Was meinst du?

    @Wirtschaftswurm
    Wir scheinen in einem Punkt einer Meinung zu sein. Lösen wir die Eurozone auf. Aber aus verschiedenen Gründen. Dich stören die PIGS, mich die anderen. Was mich eigentlich irritiert ist das. So weit so gut.

    Dein Argument „Wer Inflation toleriert, möchte, dass unsere Staatsschulden von den Ärmsten abbezahlt werden.“ ist einfach nur lächerlich. Wenn der Staat von Inflation profitiert kann er sehr einfach die Ärmsten dafür kompensieren. Er braucht nur die Anpassung an die erwartete Inflationsrate temporal verschieben. Jeder Trottel weiß, dass die einzigen die Inflation wirklich fürchten Rentiers sind und nicht Hartz IV Empfänger. Sorry, das musste ich einfach mal loswerden.

    Und sonst? Ich verstehe die Panik überhaupt nicht. Die durchschnittliche Rate war 3% während der Bundesbank-Diktatur. Warum jetzt die Aufregung? Zu dem ganzen NGDP Gedöns von Kantoos sag ich gar nix. Ausser heisse Luft. Die Quasi-Monetaristen denken immer wenn der Zug ankommt ist er halt pünktlich. Auch wenn er erst nächstes Jahr ankommt. Hauptsache er kommt an.

  3. enigma sagt

    @ Stephan

    Deine Bemerkung über das NGDP Gedöns erinnert mich daran, daß ich kürzlich ein paar Bemerkungen zu diesem Witzblog gemacht habe, um mir dann anzuhören, daß ich sehr höflich sei. Es gibt halt immer wieder diejenigen, die die Eierschalen ihrer eigenen, womöglich noch teuer bezahlten, Indoktrination deswegen noch nicht abgelegt haben, weil das mit dem Denken noch nicht klappt. Aber egal.

    Der EURO als solcher ist nicht das Problem und wird es auch nie sein. Eine Währung ist so wie sie ist und gut. Wenn man von einer Fehlkonstruktion reden will, dann dahingehend, daß die Frage der Verteilung von Verfügungsrechten über die Schöpfung von EURO nicht so geregelt war, wie es gesund gewesen wäre. Dann hätte man nämlich die Zentralbankliquidität nicht nach Länderanteilsschlüsseln aufgeteilt, sondern das übliche Auktionsverfahren angestellt. Das hätte nämlich zur Folge gehabt, daß die EZB sofort aufgrund der Gebote die Informationen gehabt hätte, wo der Hund begraben liegt. Denn eine 80% Zuteilung führt automatisch dazu, daß die notleidenden Banken sofort höhere Gebote abgeben. Das hätte die Zinssätze für GR, POR, IT etc. – IR wohl nicht – schon viel früher in die Höhe getrieben. Und daß dann noch die Bundesbank über TARGET 2 die Finanzierung notleidender Zentralbanken übernommen hat, ist eigentlich nur noch ein Treppenwitz. (Ich vermute allerdings, daß die BB sich dagegen abgesichert hat – und sei es bei der EZB!)

    Eigentlich ist es doch einfach: wenn man Liquidität nicht nach Bonität verteilt, sondern nach politisch ausgekungelten Verteilungsschlüsseln ausbaldowert, kann nur Mist herauskommen. Die EU ist allerdings bloß ein Bürokratenhaufen. Was soll da schon ökonomisch Sinnvolles herauskommen?

  4. rubycon sagt

    @ enigma

    „Wenn man von einer Fehlkonstruktion reden will, dann dahingehend, daß die Frage der Verteilung von Verfügungsrechten über die Schöpfung von EURO nicht so geregelt war, wie es gesund gewesen wäre. Dann hätte man nämlich die Zentralbankliquidität nicht nach Länderanteilsschlüsseln aufgeteilt, sondern das übliche Auktionsverfahren angestellt. Das hätte nämlich zur Folge gehabt, daß die EZB sofort aufgrund der Gebote die Informationen gehabt hätte, wo der Hund begraben liegt. Denn eine 80% Zuteilung führt automatisch dazu, daß die notleidenden Banken sofort höhere Gebote abgeben.“

    Das ist eine Frage der Unabhängigkeit, die bei einem großen Wirtschaftsraum wie Stephan mit dem Verweis auf das Trilemma zeigt immer an die Umsetzungs- und Wahrnehmungsgrenzen der Betroffenen vo Ort stößt. Wie der bundesdeutsche Föderalismus / Länderfinanzausgleich auch schon bei relativ einheitlicher Kultur und Lebensverhältnisse lehrt. Es muß Wille zur Anpassung und Umverteilung vermittelt werden. Ausgedrückt im Staatsziel einheitlicher Lebensverhältnisse – soweit waren wir schon einmal. Aggregation auf noch größeren Ebenen führt zu Ungenauigkeiten, Unschärfen. Dein Tenderverfahren zur Versteigerung ist ein abstrakter schwer vermittelbarer Ansatz und ob die Zinsgrenzen politisch zu ertragen, sind sollte Karl Otto Pöhl einmal referieren.

    Kann das „übliche Auktionsverfahren“ nicht durch Direktkreditaufnahme ohne Finanzintermediäre ersetzt und eingeführt werden?
    Money for every Enterprise?

  5. Wirtschaftswurm sagt

    @Stephan,
    es ist klar, dass man von Hartz-IVlern nicht viel holen kann. Trotzdem werden sie am meisten unter Inflation leiden. Das Euro-Trilemma hast du in deinem Link gut beschrieben.
    @enigma,
    das Auktionsverfahren ist ein interessanter Ansatz, auch wenn ich nicht glaube, dass es entscheidend viel geändert hätte.

  6. @Wirtschaftswurm
    Wenn ich eine administrative Anmerkung machen darf: es wäre schön wenn man die Kommentare per Post per Email abonnieren könnte. Meine derzeitige Policy ist: Note to myself! Check Wirtschaftwurm Blog every hour for the next 3 days. Was natürlich nie klappt.

    Ich glaube nicht das Hartz IV Empfänger unter einer Inflationsrate von 5% dramatisch leiden. Erstens leiden die sowieso schon dramatisch. Und zweitens ein weiterer Kaufkraftverlust von 2,5% fällt wie auf? Gar nicht. Denn Hartz IV ist an die Inflationsrate und Lohnentwicklung gekoppelt. Sonst würde es jetzt schon einen Aufschrei geben. Die Realität ist, dass Vermögensbesitzer Inflation gar nicht mögen und sofort dagegen massiv mobil machen. Unter anderem in dem sie den Nichtvermögenbesitzern ins Ohr flüstern: Schon bemerkt? Dein weniges Geld wird immer weniger wert!

    @enigma
    Also ich finde Kantoos eigentlich sehr interessant und nett! Aber wie ich auf seinem Blog schon mal geschrieben habe: er ist ein Höflichkeitsfanatiker. Sozusagen der Bin Laden der Höflichkeit. Nun weiss ich auch, dass man kein Paper schreibt mit einem Abstract: „In this paper, I present why Robert Barro is a complete idiot who hides his ideological agenda behind a smokescreen of impenetrable mathematics.“ Aber das schöne an Blogs ist wir können ein bisserl mehr auf den Punkt kommen. Und da darf man dann auch Bullshit sagen wenn man eine Begründung hat. Aber das hat sich zu unserem VWL Bin Laden noch nicht rumgesprochen.

    Was die Eurozone betrifft: die ist eine Fehlkonstruktion! Ich warte noch auf ein Argument dass mich vom Gegenteil überzeugt. @rubycon Argumente sind sehr gut aber leider werden die Deutschen die Riesenpanik kriegen wenn alle auf einmal sich direkt bei der EZB bedienen. Wo kommen wir denn da hin? Der Finanzmarkt ist doch der große allwissende Disziplinierer.

  7. rubycon sagt

    @ Stephan,

    kenne noch die Filiale der Landeszentralbank in Lüneburg.
    Da passten gar nicht soviele Schuldner herein.
    Aber die Theaterkneipe hatte auch immer bis tief in die Nacht geöffnet.

    Gegenargument für die Eurozone :
    50 Jahre Frieden bei garantiertem Privateigentum durch Grundbuchämter.
    Oder Freiheit in Unabhängigkeit ohne Gewalt in einer Sprache Deiner Wahl.

  8. Henry Kaspar sagt

    Zu „Hund wedelt mit dem Schwanz“: in einer Waehrungsunion mit begrenzter Arbeitsmobilitaet wird es immer Laender geben, die intern — d.h. ueber das relative Lohnniveau — abwerten muessen. In den 2000er Jahren waren das Deutschland, die Niederlande und Oesterreich, jetzt sind es die PIGS. Interne Abwertung ist sehr viel leichter wenn die Durchschnittsinflation in der Eurozone 2.5 Prozent ist (= das Inflationsziel u.a. Grossbritanniens) und nicht 1.5 Prozent („unter 2“). Deutschlands Anpassung in den 2000ern waere bei einem etwas hoeheren Inflationsziel vermutlich weniger schmerzhaft gewesen.

    Wer jetzt allerdings auch noch dafuer plaediert Headline-Inflation von 1.5 Prozent anzustreben, der macht angesichts eines exogenen Rohstoff-Preisschocks interne Abwertung nur erreichbar ueber Massenarbeitslosigkeit. Der Rohstoffschock ist importiert und hat mit Lohn- und Preissetzungsverhalten innerhalb der Euro-Zone nichts zu tun (d.h. die parallele zu High-Tech Guetern stimmt eben nicht). Wer fuer diesen Preisanstieg importierter Gueter kompensieren will, in dem er intern generierte Preise drueckt, muss notwendig das durchscnittliche Lohnwachstum temporaer auf null oder gar in den negativen Bereich druecken, was wiederum heisst dass Iren oder Protugiesen nominal grosse Lohneinbussen verkraften muessen, wollen sie ihre Wettbewerbsfaehigkeit wiederherstellen. In Deutschland haben wir sowas 1930-32 versucht, mit bekanntem Ergebnis.

    Allerdings ist dergleichen heute voellig unnoetig, denn solange Loehne und Kernpreise gleichmaessig und moderate steigen sind die Preiserwartungen verankert. Nichts anderes ist das Ziel von Inflatoin-targeting (und jeder anderen regelgebundenen Geldpolitik).

    Gelegentlich lohnt es sich istorishe Paralelen zu betrachten. Nicht nur was Deutschlands Deflationspolitik der 1930er angeht (die, im Gegensatz zu einem ueberstrengen Inflationsziel heute, aufgrund von Goldbindung wirklich unvermeidbar war), sondern auch in bezug auf den Goldstandard von 1875 bis 1914. Solange in der Welt (wegen Goldknappheit) Deflation vorherrschte, d.h. 1875-95, war der Goldstandard ein auesserst instabiles Arrangement, mit vielen Laendern welche die eiserne Disziplin der immer wieder faellig werdenden internen Abwertungen nicht durchalten konnten. Ergenbis: Austritt aus dem Goldstandard und Staatsbankrott. Sobald die Lage ab ca. 1895 leicht inflationaer wurde (wg. Goldfunden) war der Goldstandard stabil und erlaubte hohes Wachstum. Wir sind die Bindung an Geld heute los, d.h. brauchen uns unnoetig deflatorische Regime nicht antun – und solten es auch nicht.

    Gruss,
    HK

  9. rubycon sagt

    Wie groß ist eigentlich die Fehlerhaftigkeit regelgebundene Geldpolitik, die einfach die Stornotaste der Kasse vergißt zu berücksichtigen?
    „Brauchen Sie den Rechnungsbeleg?“
    Frage der Höhe und Wirkung von Schwarzarbeit?

  10. enigma sagt

    @ HK

    „…in einer Waehrungsunion mit begrenzter Arbeitsmobilitaet wird es immer Laender geben, die intern — d.h. ueber das relative Lohnniveau — abwerten muessen.“

    Das hört sich so an, als wäre das Argument, daß die DM bei EURO-Einführung überbewertet war, stimmen müßte. Sonst wäre eine Lohnzurückhaltungspolitik hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit nicht erforderlich gewesen. Das Exportspektrum Deutschlands dürfte allerdings erheblich anders sein, als das der PIGS, so daß es ein bißchen fraglich ist, ob die gleiche Strategie bei den PIGS auch auf die gleiche Art wirkt. Inwieweit das Inflationsziel dabei hilfreich ist, kann man diskutieren. Das hängt allerdings an Vorsprung- bzw. Nachhinkeffekten, die das allgemeine Preissystem bzw. die Entwicklung der Preise für Bestandsgüter resp. Konsumgüter treffen. Wenn z.B. Mieten nur um 1,5% steigen und die Einkommen sowie Lebenshaltungskosten um 2.5%, dann ist die Anpassung sicherlich einfacher – aber wer weiß das schon im Einzelfall?

    „Der Rohstoffschock ist importiert…“

    Selbstverständlich. Ich wundere mich schon einige Zeit darüber, daß in diesem Zusammenhang nicht der schöne Begriff der ‚terms of trade‘ fällt. Wenn die sich für Deutschland/Europa verschlechtern, bleibt halt nichts anderes übrig, als Abstriche am eigenen Realeinkommen zu machen. Das ist so simpel wie einfach. Da kann die EZB noch so viel von Zweitrundeneffekten erzählen, wenn der Ölpreis die dritte Runde einläutet, kann auch eine EZB nichts dagegen ausrichten – nicht mal, wenn sie den Volcker macht und die Zinsen auf 20% heraufsetzt.

    „…brauchen uns unnoetig deflatorische Regime nicht antun – und solten es auch nicht.“

    Der Grund liegt ja auch nicht darin, daß das so geplant ist. Daß die Produktion von Wohlstand inzwischen ins Hintertreffen kommt liegt vor allem daran, daß die Ertragsraten bei Finanzanlagen von aller Welt in die Höhe geschrieben (!) werden, womit die Erzeugung von Wohlstand, d.h. reale Produktion sich hinsichtlich der Rendite mit der vermeintlich roten Laterne begnügen muß. Und ob die Geschichte, daß jede Ersparnis zu einer Realinvestition führt, heute noch stimmt, ist für meine Begriffe ein sehr diskussionswürdiges Thema!

    Gruß

  11. enigma sagt

    @ Stephan

    „Fehlkonstruktion“

    Ja sicher. Eigentlich hätte man im Interesse einer vernünftigen Geldpolitik die Bundesbank zur EZB machen sollen. Denn die hatte ihr Bankensystem hinsichtlich der geforderten Bonitätsnormen noch im Griff. Mal abgesehen davon, daß sie tatsächlich die Entscheidungsgewalt über die Zentralbankgeldemission hatte. Wie das heute ist weiß doch kaum jemand mehr so genau.

    Vgl. z.B. den Artikel von O. Steiger (den Heinsohn kann man ja ignorieren):

    http://www.eurospethmann.de/pdf/p17_DesEurokaisersNeueKleider.pdf

    Ja, ja, die Quelle…

    Und dann noch:

    http://www.ecb.int/ecb/legal/pdf/l_03520110209de00260030.pdf

    Für meine Begriffe liegt der Denkfehler beim EURO in dem Umstand, daß die Überlebensnotwendigkeit Bonität zugunsten einer bürokratischen Abstimmung über Liquiditätsquoten in ihrer Bedeutung nicht gesehen worden ist. Aber so war´s schon immer: Bonität schlägt Liquidität. Deswegen mutiert die offiziell entmachtete Bundesbank inzwischen via TARGET 2 zum eigentlichen ‚lender of last resort‘, auch wenn genau das mit der Einführung des EURO gerade vermieden werden sollte. Ich hatte vor ca. zwei Jahren zur Bonität mal drei Sätze geschrieben (bei den comments):

    http://www.plantor.de/2009/gescheitert-warum-die-politik-vor-der-wirtschaft-kapituliert/

    Und überhaupt: K. Regling macht derzeit den offiziellen ‚lender of last resort‘. Das gibt immerhin Anlaß zur Hoffnung!

  12. Pingback: Kleine Presseschau vom 18. April 2011 | Die Börsenblogger

  13. Wirtschaftswurm sagt

    Zum Thema Kerninflationsrate werde ich noch mal in mich (und in die Literatur) gehen und dazu bei Gelegenheit etwas schreiben. Für mich stellen sich dabei folgende Fragen:
    1. Hat nicht eine so große Zentralbank wie die EZB einen gewissen Einfluss auf die internationalen Rohstoffpreise?
    2. Wird die notwendige strukturelle Anpassung an Rohstoffknappheiten nicht durch Inflation verschleppt?

  14. rubycon sagt

    Fragen:
    3. Im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft ist der sekundäre, Recyclingmarkt zu berücksichtigen.
    Wie bilden sich dort dann differenzierende Rohstoffpreise und würden abweichende strukturelle Verringerungen = nicht mehr benötigte Mengen, die Inflation nicht sogar verringern!?

  15. Henry Kaspar sagt

    @ Wirtschaftswurm:

    zu 1): einen gewissen, aber wohl keinen besonders grossen. Back-on-the envelope: die Eurozone konsumiert rund 15 Prozent des weltweiten Rohoels (Quelle: http://www.nationmaster.com/graph/ene_oil_con-energy-oil-consumption), und waechst mit rund 1.5 Prozent dieses Jahr waehrend die Welt mit 4.5 Prozent waechst. D.h. ca. 5 Prozent der zusaetzlichen Nachfrage nach Rohoel kommt aus der Eurozone. Nach der gleichen Methode berechnet kommt knapp 20 Prozent der Zusatznachfrage aus den USA – und nochmal 20 Prozent aus China, das seine Waehrung an den USD koppelt.

    2) sehe ich eher umgekehrt: wer versucht Wachstum zu drosseln um den Rohoelpreis niedrig zu halten verzoegert der Tendenz nach den relativen Preisanstieg von Rohoel, und verlangsamt damit die Umstellung auf energieeffiziente Technologien.

    Gruss,
    HK

  16. rubycon sagt

    @ enigma

    Jetzt soll der Asmussen den lender of last ressort mit Inflationseinpreisung spielen.

    Geht das gut?

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