Wirtschaftswurm-Blog

Resümee der Diskussion um das OMT-Programm

Marcel Fratscher

Die Politik der EZB, sie ist für den Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratscher, der Lichtblick in der Eurokrise. Doch sein Ökonomenaufruf, der letzte Woche ins Netz gestellt wurde, musste sich herbe Kritik gefallen lassen.

Einigkeit unter den Ökonomen herrscht immerhin darüber, wie finster es um die EZB herum ausschaut:

„Politiker in Europa vermeiden oder verzögern noch immer Richtungsentscheidungen zur Stabilisierung der Wirtschaft und haben bis heute keine gemeinsame Vision entwickelt, wie Europas institutioneller Rahmen langfristig aussehen soll.“

So kann man es selbst bei Fratscher und seinen Mitautoren nachlesen. Ihre Kritiker wie Andreas Freytag auf den Seiten der WiWo haken da jedoch gleich ein. Sie sehen nämlich das OMT-Programm der EZB, das Fratscher & Co. so loben, als eine Ursache dafür an, dass die Politik sich behäbig zurücklehnt.

OMT, das steht bekanntlich für „Outright Monetary Transactions“. So benennt die EZB ihr Programm, an den Börsen Staatsanleihen von Eurokrisenländern zu kaufen. Bislang konnte es die Zentralbank jedoch bei der Programmankündigung belassen, musste nicht tatsächlich auf den Anleihemärkten tätig werden.

Marcel Fratscher hält es für wahrscheinlich, dass es so bleiben wird. Er glaubt, erst die hohen Marktzinsen würden die Krisenländer in den Abgrund stoßen. Er beschwört die Gefahren einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung und er preist die EZB, die diese abgewendet hat.

Zwei Haken hat Fratschers Argumentation:

  1. Länder wie Griechenland und Portugal zahlen auf ihre neuen Schulden gar keine hohen Zinsen, da sie günstige Kredite des Euro-Rettungsschirms bekommen. Trotzdem blieben die Märkte skeptisch und im Falle Griechenlands sogar Fratscher selbst. Er glaubt wie die meisten Experten an einen baldigen Schuldenschnitt für das Balkanland.
  2. Länder wie Spanien und Italien könnten ohne weiteres mehrere Jahre lang 7 und mehr Prozent Zinsen zahlen, ohne Bankrott zu gehen. Langfristig müssen sie aber innerhalb der Eurozone wettbewerbsfähig werden. Und hier setzt die Skepsis der Märkte an.

Mit einer anderen Analyse als Fratscher wartet Thomas Polleit auf: Er betrachtet OMT als Mindestpreispolitik auf dem Anleihemarkt. Garantierte Preise kennen Volkswirte aber bereits aus anderen Bereichen. Ein Angebotsüberhang ist die übliche Folge. Sobald er auftritt, muss die EZB ihn aufkaufen. Eine reine Ankündigungspolitik wird darum auf Dauer nicht reichen.

Letztlich läuft das OMT-Programm darauf hinaus, dass die EZB Risiken übernimmt, die eigentlich von den Banken und anderen Finanzmarktakteuren übernommen werden sollten. Das schafft falsche Anreize. Wir erinnern uns: Auch die Ursache der Finanzmarktkrise ab 2007 bestand darin, dass die Banken ihr Risiko auf andere Überwälzen konnten. Ich meine die Verbriefungen zweitklassiger US-Hypothekendarlehen.

Titelbild: Marcel Fratscher,DIW-Präsident, Jahrgang 1971, Quelle: DIW


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8 Kommentare

  1. Häschen sagt

    War aber nicht EURO ursprünglich als eines der Instrumente gedacht just die genannten Ungleichheiten auszubalancieren? Wir bewegen uns bei der Diskussion mittlerweile weit vom Zentrum dem Stamm entfernt am hauchdünnen Ästlein, dass das zarte Blättchen einer gefehlten Hoffnung trägt.

    Wir haben es grad mal geschafft den Zusammenbruch des EURO zu managen und zu verzögern.

    Europa steht meiner Ansicht nach vor einer weiteren Herausforderung, nämlich einer Welt die von Industrie als wachsendes und zukunftsfähiges Konzept wenig überzeugt ist, aber auch kaum Alternativen parat hält oder auch gar nicht anbieten kann. Andere Alternativen stehen eher auf wackeligen Beinen.

    In dem Sinne ist der Punkt 2., die Skepsis der Märkte wohl angebracht. Die schräge Sicht selbiger ist aber eher das Unverständnis, dass sie selbst als der Parasit der seinen Wirt am Ende tötet agieren. Auch dem Schicksal nicht wirklich auskommen. Wo ist der nächste Wirt frägt sich der Arbeiter der nach getaner Arbeit zum Hungerlohn mit gebeugtem Kopf nach Hause wankt und auch die Parasiten in den sog. Märkten fragen sich, ‚Was ist mei Leistung und wo ist der nächste Wirt‘.

  2. Andreas sagt

    Nur eine Sache, obwohl ich auch keines deiner sonstigen Argumente teile:
    Die von Polleit bemühte Analogie zwischen OMT-Programm und dem Setzen von Mindestpreisen auf Gütermärkten ist schief. Ein Mindestpreis über dem markträumenden Preis führt zwangsläufig zu einem Angebotsüberhang, soweit richtig. Mit dem OMT-Programm wird jedoch nicht eine Preisuntergrenze gesetzt, sondern versprochen, in bestimmten Fällen selbst als Nachfrager aufzutreten. Sollte dieser Fall eintreten, bedeutet das: Verschiebung der Nachfragekurve, kein Angebotsüberhang, sondern Markträumung. Man könnte natürlich argumentieren, dass das Preissignal im weiteren Verlauf zu einer Verschiebung der Angebotskurve und immer weiteren Markteingriffen führt. Nur: Die Bedingungen des OMT-Programms sind genau auf eine Verringerung des Angebots ausgerichtet. Und die bisherige Politik von Europäischer Kommission und EZB lässt auch nicht den Schluss zu, dass von diesen Bedingungen abgewichen wird. Hinzu kommt: Da mit Ankündigung des OMT-Programms die Markterwartungen bez. Staatsinsolvenzen grundlegend verändert wurden, verschiebt sich die Nachfragekurve von allein und das Zinsniveau/der Preis bleiben ohne Eingriff in der Komfortzone. Der Markt wird geräumt, kein Angebotsüberhang in Sicht. Polleit argumentiert hier mal wieder mit Phantomen. Üblich für jemanden, der seit 2008 auf die Inflation wartet und dem die ohnehin dünnen Argumente ausgegangen sind.

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  5. Arne Kuster sagt

    @Andreas,
    ob jetzt der Angebotsüberhang tatsächlich auftritt oder nur theoretisch, da er augenblicklich von der EZB aufgekauft wird, ändert nichts an der Sache. Die Bedingungen, an die das OMT-Programm anknüpft, nämlich Teilnahme an einem ESM-Programm, sind eher formal und können darum von der Politik nach Belieben manipuliert werden.

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  7. Ich finde die beiden „Haken“ überhaupt nicht stichhaltig:

    1. Griechenland in Portugal haben im Moment keinen Marktzugang, was nichts anderes bedeutet, als dass „rationale“ Investoren ihre Anleihen zu keinem Preis kaufen würden, weil die Gefahr einer Pleite nach wie vor zu hoch ist. Hier wäre ein Eingreifen der EZB in der Tat sinnlos, und würde womöglich eine Staatsfinanzierung bedeuten, weshalb es nur folgerichtig ist, dass Länder ohne Marktzugang für OMT nicht qualifiziert sind. Es ist also überhaupt kein Widerspruch, wenn Fratzscher an einen Schuldenschnitt glaubt, denn ohne einen solchen würde Griechenland, wie es aussieht, wahrscheinlich niemals einen Marktzugang erlangen und für ewig auf ESM angewiesen sein. Mit OMT hat die Sitiation im Moment aber, wie gesagt nichts zu tun.

    2. Italien und Spanien könnten in der Tat eine Weile 7% Zinsen bezahlen. Mit jedem weiteren Jahr wird es aber schwieriger, weil die alten, noch zu niedrigen Zinsen aufgenommenen Anleihen, ablaufen und durch neue hochprozentige ersetzt werden müssen – die Gesamtzinslast steigt. Ab einem bestimmten Punkt wird es dann nicht mehr möglich die Zinslast zu bedienen, weil die Wähler das einfach nicht mittragen – hohe Zinslast bedeutet Steuererhöhungen, Sozialabgabekürzungen usw. usf. Und weil die Investoren das auch wissen, wird es bei 7% nicht bleiben, sondern sie verlangen 8%, 9% usw., um sich für das beschriebene Risiko zu entschädigen, bis die Pleite stattfindet. Daher ist das OMT durchaus sinnvoll, weil es den Zins auf ein Niveau zurückdrängt, das auch langfristig bedienbar ist (hoffentlich).

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