Wirtschaftswurm-Blog

Diskussion um das OMT-Programm – Nun in den Blogs

multiples Zinsgleichgewicht

Es war wohl absehbar, dass mein Resümee der Diskussion um das OMT-Programm nicht lange als Resümee bestehen bleiben konnte, sondern seinerseits neue Diskussionen ausgelöst hat, nun allerdings in den Wirtschaftsblogs. Hierauf nun eine Antwort meinerseits.

Der risikoadjustierte Zins

Alex Hummel erläutert im Blog Saldenmechanik ausführlich die Argumentation der EZB und illustriert sie mit einer Grafik, die ich hier wiedergeben will:

multiples Zinsgleichgewicht

Alex geht es um den risikoadjustierten Zins (Y-Achse) und seine Relation zum Nominalzins (X-Achse). Damit erklärt er das Konzept der multiplen Gleichgewichte, das auch der Ökonomenaufruf erwähnt und das Nicht-Volkswirte als sich selbst erfüllende Prophezeiung kennen.

Der risikoadjustierte Zins einer Anleihe ist der erwartete Zinssatz, wenn man berücksichtigt, dass der Schuldner auch pleitegehen kann. Beispiel: Eine Anleihe bietet 6% Nominalzinsen, gleichzeitig besteht aber eine Wahrscheinlichkeit von 5%, dass der Schuldner die Anleihe nicht zurückzahlt, man also durch Totalverlust einen Zinssatz von -100% erhält. Der risikoadjustierte Zins berechnet sich dann als:

95%*6%+5%*(-100%)=0,7%

Anleger werden eine risikobehaftete Anleihe normalerweise nur kaufen, wenn der risikoadjustierte Zins mindestens dem Zinssatz entspricht, den sie für eine risikolose Anleihe bekommen können. Ist der Nominalzins für eine risikolose Anleihe z.B. 1,5%, wird kaum jemand die Beispielanleihe mit zwar 6% Nominalzins aber 5% Ausfallwahrscheinlichkeit kaufen.

Die sinkende Nachfrage lässt den Anleihepreis sinken und damit die nominale Rendite steigen, bis der risikoadjustierte Zins ebenfalls (mindestens) 1,5% beträgt. Bei der Beispielanleihe wäre das bei rund 6,8% der Fall. Liegt umgekehrt der risikoadjustierte Zins über dem für risikofreie Anleihen, steigt die Nachfrage nach den Risikoanleihen, ihr Preis steigt und ihre Nominalrendite sinkt.

Problematische Rückkoppelung

Das Problem ist nun, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit ihrerseits vom Nominalzins abhängt. Je höher nämlich die Zinszahlungen, die der Schuldner zu leisten hat, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er unter seiner Schuldenlast zusammenbricht.

Für den risikoadjustierten Zins ergibt sich damit: Wenn der Nominalzins steigt, steigt zunächst auch der risikoadjustierte Zins. Ab einer gewissen Höhe des Nominalzinses bedeutet jedoch eine weitere Steigerung, dass das Ausfallrisiko übermäßig stark ansteigt, so dass der risikoadjustierte Zins wieder sinkt.

Genau dies zeigt die rote Kurve in Alex Hummels Grafik, die an ein umgedrehtes U erinnert. Es ergeben sich zwei verschiedene Gleichgewichte (A und B), bei denen der risikoadjustierte Zins dem risikolosen (blaue Linie) entspricht. Allerdings ist nur das Gleichgewicht mit dem niedrigen Nominalzins (A) stabil.

Warum ist Gleichgewicht B instabil? Nun, übersteigt der Nominalzins den Gleichgewichtszins B auch nur geringfügig, verringert sich der risikoadjustierte Zins. Das lässt die Nachfrage nach der Anleihe weiter sinken und immer weiter, bis sich schließlich alle Anleger zurückgezogen haben und der Schuldner darum die Insolvenz anzeigen muss.

Unterschreitet allerdings der Nominalzins den Gleichgewichtszins B auch nur geringfügig, steigt die Nachfrage nach den Anleihen, denn gleichzeitig ist der risikoadjustierte Zins gestiegen. Der Nominalzins wird nun weiter sinken, bis Gleichgewicht A erreicht ist.

Die Marktbewegungen, wenn ein Gleichgewichtszins verlassen wird, werden in der Grafik durch die schwarzen Pfeile angedeutet.

Was bewirkt nun das OMT-Programm? Idealerweise wird durch die Anleihekäufe der EZB ein maximaler Nominalzins knapp links vom instabilen Gleichgewicht B festgesetzt. Der Nominalzins kann sich nun nur links von diesem Maximalzins bewegen und damit in einem Bereich, in dem er sich von selbst immer wieder auf den niedrigen Gleichgewichtszins A zu bewegt. Eine Insolvenz würde damit vermieden. Die EZB bräuchte zudem höchstens punktuell einzugreifen.

Dass die Wirklichkeit aber ganz anders aussieht, als Alex Hummels Grafik zeigt, werde ich morgen in Teil II dieses Artikels darlegen.


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