Wirtschaftswurm-Blog

Ist Austeritätspolitik für die Euro-Peripherieländer sinnvoll?

Ist Austeritätspolitik aktuell für die Euro-Peripherieländer (speziell Griechenland, Portugal und Spanien) sinnvoll? Im Rahmen der Blogparade des Wirtschafts-philosophen möchte ich mich mit dieser Frage befassen. Zynismus inklusive.

Demonstranten auf der Puerta del Sol, Madrid, Mai 2011

Proteste gegen die staatliche Austeritätspolitik in Madrid, Mai 2011

Mit Austerität bzw. Austeritätspolitik bezeichnen Volkswirte eine staatliche Sparpolitik. (Für Genaueres kann man die Wikipedia zu Rate ziehen.) Als Folge solcher Sparpolitik herrschen in Spanien und Griechenland 25% Arbeitslosigkeit. Eine junge Generation lebt dort ohne wirtschaftliche Perspektive und begehrt auf. Ganz offensichtlich hat Austerität hier versagt.

Doch mit dem in fünf Jahren Krisen herangereiften Zynismus kann man Austerität trotzdem sinnvoll und gut finden. Zur Begründung finde ich die Unterscheidung zwischen konjunkturellen und strukturellen Problemen hilfreich, wie sie auch der Wirtschaftsphilosoph trifft.

Griechenland, Portugal und Spanien haben strukturelle Probleme. Ihre Wirtschaft ist nicht leistungsfähig genug, ist nicht wettbewerbsfähig in der Eurozone. Solange diese Länder in der Eurozone verbleiben, wird sich daran auch bestenfalls vorübergehend etwas ändern. Der Teufelskreislauf aus mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und Abwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte kommt ja gerade erst in Gange; er wird auch in Zukunft bei jedem Anzeichen wirtschaftlicher Schwäche wieder aufleben.

Machen wir uns also nichts vor. Die Perspektive dieser Südländer in der Eurozone ist null. Wir schaffen gerade an der Peripherie der Eurozone großflächige Verödungszonen. Da ist es natürlich nur folgerichtig, dass sich die staatliche Haushaltspolitik dort darauf einrichtet. Länder wie Kambodscha können sich schließlich auch keine Sozialpolitik leisten. Warum also Griechenland? Der Euro hat halt seinen Preis!

Natürlich, man kann wie der Wirtschaftsphilosoph nun anmerken, dass man bei strukturellen Problemen zunächst versuchen sollte, diese direkt zu bekämpfen, anstatt sich rein passiv an die negativen Folgen anzupassen. Gibt es damit eine nicht-zynische Lösung der Eurokrise?

Nein, denn das strukturelle Problem von Griechenland, Spanien und Portugal heißt Euro. Denn erst, wenn die Peripherieländer die Möglichkeit haben, in Krisen ihre Währung abzuwerten, und durch Abwertung ihre Exporte und einheimische Importsubstitution ankurbeln können, erst dann ist der Teufelskreis keine Bedrohung mehr für sie.

Der Euro aber ist uns hoch und heilig und wichtiger als Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit.


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/www/wp-includes/class-wp-comment-query.php on line 405

9 Kommentare

  1. Pingback: Blogparade II - Ist Austeritätspolitik sinnvoll? - Chronokrator

  2. Das Häschen sagt

    Die ‚innere‘ Abwertung ist ein vorgeschobenes Argument. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Hauptaugenmerk einfach darauf liegt, dass der Staat in die Lage versetzt wird, koste es was es wolle, die Zinsen für die Kredite zu berappen.

    Arbeitslosenrate von 25% die Arbeitslosigkeit selbst ist zumindest in Spanien bei den Jugendlichen eher gleich geblieben, respektive es fallen einige aus der Statistik raus ansonsten wäre die Arbeitslosigkeit in etwa so hoch wie in den 80ern. Wahrlich ist die Gruppe der Älteren Arbeitnehmer seit einem guten Jahr eher bald 2 Jahre härtest betroffen. Die Jugendarbeitslosenquote in Spanien ist deswegen ja bei 50%.

    Euro hat auch bezüglich Jugendarbeitslosigkeit so weit keine Änderung bewirkt – quantitativ bis 2007. Erst der Fluch der Spanien eiligst Mitte letzte Dekade ereilte hat die Jugendarbeitslosigkeit verdoppelt. Was wir nicht sehen , sind die nicht gezählten Arbeitslosen, zumal nach 6 Monaten die Leut aus der Statistik rausfallen … Denke ich so Niveau 80er Jahre … könnte nicht gefehlt sein.

    Wenn man aber die Arbeitslosigkeit anschaut – es ist in Spanien nicht die Austeritätspolitik die den Ausschlag gab. Der Wohlstand kam von der Immobilienblase und war auch dem Investitionskaptial geschuldet. Was bleibt zu tun? Gehälter senken, Preise senken – unter dem Titel wird Austerität verkauft (innere Abwertung). Das wissen wir – geht nicht. Die Produktivität entlang eines wenn auch temporär weniger attraktiven Product Mixes zu steigen ist fragwürdig, die hohen Gehälter zu lassen dafür aber die Abgaben zu erhöhen ist etwas umständlich, gegenüber einer schlichten Abwertung der Währung. Das ist der Weg zu wenig Vermögen im Schnitt in Europa und höchster Abgabenquote (in .de schlimmer als in .at – beide gehen Hand in Hand – bei immer ungerechter werdender Verteilung). Das Gros der Schulden sind mittlerweile Zinsen … billig refinanziert hat sich Europa schon über eine Dekade und was war das Ergebnis, es wird nicht besser.

    Die Schulden müssen auch bei der Inneren Abwertung irgendwann mal gestrichen werden und/oder über konsistente Inflationierung im Euro Raum entwertet werden. Da ist mein Argument, möge sich jeder Kandidat sein Süppchen alleine Kochen und die Suppe auslöffeln über Abwertung.

    Allen Kandidaten ist eines gemeinsam auch den U.S. sie importieren wie die Schlächter … darauf gibt es eine Antwort – Importe reduzieren und aufs Notwendige beschränken. Es ist noch keiner Unglücklich geworden weil er keinen 3er BMW gefahren hat und jene die sich große Xen leisten, können das sowieso immer.

    Das variiert von Land zu Land. Ich sehe das Übel nicht in der Austerität – die ist die falsche Antwort auf ein Problem, das eigentlich nicht existiert, sie schafft es.

    Was man wohl könnte im Rahmen einer koordinierten Wirtschaftspolitik, nicht Subventionen fließen lassen, sondern die Mitarbeit an EU Projekten einfordern, von denen alle EURO Länder einen Nutzen haben und bei den Banken nichts verdienen. Ersatzeuro – ähnlich den lokalen Währungen im Bildungssystem in einem Land in Südamerika mit festgesetzem Rückrechnungskurs in den EUR.

    So können wir als Europa nicht weitermachen. Es war wohl die Möglichkeit auf- und abzuwerten die mehr zum Frieden hat beigetragen.

  3. Pingback: Kleine Presseschau vom 23. Oktober 2012 | Die Börsenblogger

  4. Ich glaube unter gewissen Voraussetzungen kann eine interne Abwertung funktionieren. Man schaue sich einmal die baltischen Staaten, deren Währungen an den Euro gekoppelt sind, an. Estland hat ähnlich wie Spanien einen Immobilienboom hinter sich, der die Wettbewerbsfähigkeit des Landes stark negativ beeinflusst hat. Dort ist die Arbeitslosigkeit nach einer scharfen Rezession in den letzten zwei Jahren von 20% auf 10% gefallen. Auch in Lettland geht die Arbeitslosigkeit grade stark zurück. Auch die Tatsache, dass man in Griechenland nach wie vor am Euro festhalten will spricht ja dafür, dass die Mitgliedschaft in der Eurozone alles in allem so schlecht nicht war. Das gleich gilt für Spanien, das alles in allem hohe Wachstumsraten aufwies als es in der Eurozone war. Bei der Festschreibung der Wechselkurse 1999 hat Spanien auch bereits 15% Arbeitslosigkeit, 1994 25%. Die Eurozone startet 1998 mit einer Arbeitslosigkeit von knapp über 10% (zudem Zeitpunkt hatten die USA 4%) und lag im Schnitt seitdem deutlich darunter, trotz schwacher Lohnsteigerungen und Wirtschaft in Deutschland. Warum sollte dieser Trend nicht umkehrbar sein?

  5. Wirtschaftswurm sagt

    Interne Abwertung funktioniert manchmal, aber auch dann schlecht. Das Lob auf Lettland, das auch immer wieder durch die Medien geistert, ist dabei unverständlich. Eine Politik, die zeitweise 20% Arbeitslosigkeit in Kauf nimmt, ist schlechte Politik.

    Und was die Griechen anbelangt: Ihre Hoffnung ruht einzig auf Transfers aus dem Norden, nicht auf einer Erholung der einheimischen Wirtschaft.

  6. Ich wäre mir nicht so sicher, ob eine Krise mit Währungsabwertung nicht zu ähnlich katastrophalen Entwicklungen der Arbeitslosigkeit geführt hätte. Estland hatte einen enormen Schock der Binnennachfrage zu verdauen in einem ökonomisch sehr schwierigen Umfeld, in dem Wirtschaft und Handel weltweit eingebrochen sind. Auch in dem häufig als Erfolgsbeispiel für eine Erholung durch Währungsabwertung genannten Island stieg die Arbeitslosigkeit von einem auf neun Prozent, sie liegt jetzt wieder bei etwa 5%. Dies ist über dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre, während Estland unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre liegt. Das in $ gemessene Bruttoinlandsprodukt von Estland ist mittlerweile wieder auf dem Vorkrisenhoch, während Island bei knapp 70% liegt. Beide Länder näher analysiert habe ich hier: http://makrointelligenz.blogspot.de/2012/10/wirtschaftswachstum-und-seine.html

  7. Wirtschaftswurm sagt

    @Makrointelligenz,
    so ein Vergleich beweist auch nicht viel. In Island ist immerhin ein vormals wichtiger Wirtschaftszweig, der Banksektor, eingestampft worden.

  8. Guenni7 sagt

    „Interne Abwertung funktioniert manchmal, aber auch dann schlecht. Das Lob auf Lettland, das auch immer wieder durch die Medien geistert, ist dabei unverständlich. Eine Politik, die zeitweise 20% Arbeitslosigkeit in Kauf nimmt, ist schlechte Politik.“

    Für diese Behauptung gibt es m.E. keinen Beleg. Wo funktionierte das schlecht? Und war es wirklich auf die interne Abwertung zurückzuführen, oder lag da schon vorher was im argen?

    Eine Politik, die 20% Arbeitslosigkeit in kauf nimmt, muß nicht zwingend schlecht sein. Wenn nicht wettbewerbsfähige Jobs verlorengehen, und die Wirtschaft sich dann erneuert, halte ich das sogar für eine annehmbare Option. Den Sozialisten schmerzt natürlich jeder verlorene Job, aber im großen betrachtet geht es nunmal nur so.

  9. Pingback: Mein Fazit zur Blogparade II: Ist Austeritätspolitik sinnvoll? | Wirtschaftsphilosoph

Kommentare sind geschlossen.