Wirtschaftswurm-Blog

Liebe Bundestagsabgeordnete,

übernommen aus Wirtschaftswende vom 6.5.2010

morgen entscheidet ihr über die so genannte Griechenland-Hilfe. Viel Zeit für die Beratung hattet ihr nicht. Und einige wichtige Fragen zum Hilfspaket sind noch unbeantwortet. Welchen Status haben überhaupt die Kredite, die ihr der griechischen Regierung geben wollt? Wolfgang Münchau behauptet in seiner FTD-Kolumne, die europäischen Kredite werden als nachrangig eingestuft. Das heißt im Falle einer Pleite Griechenlands: Zuerst werden alle anderen Gläubiger ausbezahlt, Banken und Privatanleger, und falls dann noch etwas übrig bleibt … aber dieses Falls ist rein theoretisch. Im Falle einer Pleite Griechenlands werden Banken und Privatanleger also ihr Geld (zumindest zum größten Teil) zurückbekommen, während die öffentlichen Hände ihren Kredit in den Wind schreiben können. Liebe Bundestagsabgeordnete, wollt ihr einer solchen Vereinbarung tatsächlich zustimmen?

Jede Alternative ist besser. Ich habe die beiden Alternativen in meinem letzten Beitrag aufgeführt: Umschuldung der 300 Milliarden Schulden Griechenlands oder Ausscheiden Griechenlands aus dem Euroraum.

Bei einer Umschuldung müssten Banken und Privatanleger zahlen, nicht der Steuerzahler, euer Wähler. Die Finanzmarktakteure müssten vielleicht 40-50% ihrer Forderungen abschreiben. Und selbst wenn danach (wieder mal) einige Banken gerettet werden müssten, dies käme erstens billiger und zweitens, man könnte im Gegenzug wenigstens die Banken übernehmen.

Die Entscheidung, ob Griechenland aus dem Euroraum austritt, liegt natürlich letztlich bei den Griechen selbst. Der Euro war nie im langfristigen Interesse Griechenlands. Die Einführung des Euro bedeutete für Griechenland, dass seine Wirtschaft unmittelbar dem Wettbewerb mit den reichen Staaten im Norden Europas ausgesetzt wurde. Das konnte nicht gutgehen. Die Griechen müssen jetzt in Form von Sparpaketen für den Euro bezahlen. Mit der Einführung des Drachme ließen sich die Sparmaßnahmen aber vermeiden. Eine Abwertung der nationalen Währung ist die sozialere Alternative zu Lohnkürzungen.

In diesem Sinne, liebe Bundestagsabgeordnete, macht den Weg frei für bessere Alternativen.

Und im Übrigen vermeidet bitte, falsche Behauptungen nachzuplappern. Ein Beispiel von Jürgen Trittin: “Das lange Zögern der Kanzlerin hat Deutschland, Europa und Griechenland viel Geld gekostet.” Beziffern kann der Fraktionschef der Grünen die Kosten allerdings nicht. Zwar habe ich auch Zweifel, dass Kanzlerin Merkel klug verhandelt hat. Doch sie hätte sich eher mehr als weniger Zeit nehmen sollen. Klar, in der Zwischenzeit sind die Kurse griechischer Staatsanleihen gefallen. Aber das ist völlig irrelevant, solange Griechenland nicht neue Anleihen ausgibt. Und das ist erst einmal nicht geplant. Neues Geld soll schließlich vom IWF und den Euroländern kommen. Mir zumindest ist völlig unklar, von welchen Kosten Trittin spricht. Ich finde es eher bedenklich, dass die Opposition fadenscheinige Argumente des IWF und der Finanzbranche übernimmt, mit denen offenkundig Druck auf die demokratisch gewählten Entscheidungsträger ausgeübt werden soll.


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