Wirtschaftswurm-Blog

Welche Integration wollen wir denn?

Die europäische Integration, wie Merkozy sie jetzt plant, fußt auf einem sehr verengten Integrationsbegriff.

Integration, das ist auch einer dieser mulitfunktionalen Begriffe, die überall nur Gutes verheißen. Wir wollen die Integration von Ausländern, von Behinderten, von „sozial Schwachen“, schließlich auch die europäische Integration. Ich will das gar nicht in Frage stellen, obwohl es mal interessant wäre, über die Grenzen von Integration nachzudenken. Vielleicht 2012.

Heute geht es mir darum, vor einer Verengung des Begriffs zu warnen, wenn von europäischer Integration die Rede ist. Integration kann nämlich auf vielerlei Ebenen stattfinden. Wenn allerdings in den letzten Wochen und Monaten über europäische Integration gesprochen wird, dann ist immer nur eine Ebene gemeint: die Ebene der hohen Politik. Dafür stehen Konzepte wie die Fiskalunion. Dafür stehen ihre auf dem letzten EU-Gipfel aufgerichteten Grundpfeiler: der vorgezogene Eurorettungsschirm ESM, die Überwachung der nationalen Haushalte durch die EU-Kommission, eine abgestimmte Wirtschaftspolitik.

Voll integriert: Merkozy

Die institutionelle Integration auf höchster Politikebene ist aber nur eine Form der europäischen Integration. Wie weit diese Art der Integration im Übrigen schon vorangeschritten ist, verdeutlicht der Name Merkozy. Ein Name für zwei Menschen, die eigentlich recht wichtig sind, zwischen denen zu unterscheiden, aber offensichtlich nicht mehr die Mühe wert ist. Ja, Frau Merkel, Herr Sarkozy, Sie beide sind offensichtlich voll integriert.

Neben der institutionellen Integration, einer Integration von oben, gibt es jedoch auch eine funktionelle Integration, eine Integration von unten. Funktionelle Integration findet statt, wenn ein deutsches Unternehmen Bauteile von einem französischen Zulieferer bezieht, wenn Briten in Portugal Urlaub machen oder wenn Holländer Feta-Käse aus Griechenland genießen.

Funktionelle Integration entsteht über die Märkte, durch die dezentralen Entscheidungen der einzelnen. Man muss sie nur zulassen: durch Handelsfreiheit, Reisefreiheit, Niederlassungsfreiheit. Funktionelle Integration kann darüber hinaus im Einzelfall durch institutionelle Integration gefördert werden. Das ist der Fall, wenn erst ein gemeinsamer Standard einen sinnvollen Austausch über Grenzen hinweg ermöglicht.

Manchmal geht jedoch eine institutionelle Integration an den Erfordernissen der unteren Ebenen vorbei. Und das ist der Fall bei der Währungsunion und der damit verbundenen gemeinsamen Geldpolitik – zumindest in Bezug auf Griechenland und Portugal. Der Euro macht Waren aus z. B. Griechenland zu teuer.

Feta-Käse wäre für Mitteleuropäer günstiger, könnten die Importeure ihn in billiger Drachme bezahlen. Auch der Urlaub in Griechenland wäre mit Drachme billiger. Ohne gemeinsame Währung würden wir darum mehr griechische Waren konsumieren und häufiger nach Griechenland reisen, um dort auch Bekanntschaft mit Griechen zu machen. Bedeutete das nicht mehr europäische Integration?


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1 Kommentare

  1. Eines der Lieblingswörter der Politiker zum Euro und dessen „Rettung“ heißt „alternativlos“. Schlimmer noch: der Erhalt des Euro wird zur Frage von Krieg oder Frieden gemacht.
    Vielen Dank für den o.g. Artikel. Er zeigt auf, daß das ein Abwenden von der Euro-Politik vielleicht mehr für ein gemeinsames Europa bringt.

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