Wirtschaftswurm-Blog

Finale der Blogparade „Ursachen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“

Deutscher Warenhandel mit wichtigen Ländergruppen 2011

Die Beiträge der Wirtschaftsblogger zur Juli-Blogparade „Ursachen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“ offenbarten sehr unterschiedlichen Perspektiven. Die ordnungspolitische Sicht war dabei genauso vertreten wie die historische Sicht und die Analyse der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. – Der Überblick zum Abschluss der Blogparade.

Die Reaktionen auf das Thema waren allerdings nicht so zahlreich wie bei vorangegangenen Blogparaden. Einige Blogger entschuldigten sich mit Urlaub oder schwüler Hitze:

Anderen wiederum war das Thema zu komplex:

Nun ist die internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in der Tat ein komplexes Thema und es ist klar, dass es im Rahmen einer Blogparade nicht umfassend behandelt werden kann. Nur einzelne Aspekte lassen sich aufzeigen.

So weist Alex vom Blog Saldenmechanik zunächst darauf hin, dass es nicht sinnvoll ist, internationale Wettbewerbsfähigkeit am Exportüberschuss festzumachen. Denn ein Exportüberschuss bedeutet aufgrund der Saldenmechanik zugleich, dass wenig ausländische Investitionen ins Land strömen.

Alexander Dilger geht in die gleiche Richtung. Nicht der Exportüberschuss kennzeichne ein wettbewerbsfähiges Land, wohl aber eine starke Teilnahme am Welthandel überhaupt. Das bedeutet hohe Exporte bei gleichzeitig möglichst hohen Importen als Gegenleistung.

Die Sicht von Alexander Dilger (wie auch des Blogs Saldenmechanik) teile ich. Exporte ohne Importe erbringen keinen Wohlstandsgewinn. Beachten sollte man lediglich, dass z.B. das Verhältnis Exporte zum BIP nicht nur mit der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes steigt, sondern auch von der Größe des Landes abhängt. Für kleine Länder ist der grenzüberschreitende Handel naturgemäß wichtiger, selbst wenn sie nicht so wettbewerbsfähig sind.

Was die Gründen für speziell Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit anbelangt, so bleibt Alexander Dilger allerdings bei allgemeinen Kategorien: Faktorausstattung und Faktorproduktivität sowie Staat und Gesellschaft. Die letzten beiden Punkte greift zum Glück der Blog „Think Ordo“ auf: Das „ordnungspolitisch geprägte, stark dezentralisierte Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell der sozialen Marktwirtschaft deutscher Prägung“ sei der tiefere Grund für die deutsche Wettbewerbsfähigkeit. Maßgeblich seien:

  • der die Unternehmen fordernde intensive Wettbewerb auf den heimischen Märkten, gestützt durch das deutsche Wettbewerbsrecht,
  • der dezentrale Staatsaufbau, der Länder und Kommunen in den Standortwettbewerb einbezieht,
  • die langfristige Konstanz in der deutschen Politik, die den Unternehmen Investitionssicherheit gibt.

In diesen Zusammenhang passt auch die Bemerkung von Kommentator Erich, dass Deutschland zwar nicht mehr durch Fleiß und Ausbildung gegenüber China punkten kann, aber immer noch durch eine bessere innerbetriebliche und zwischenbetriebliche Organisation.

Einen anderen Aspekt behandelt Till Schwalm von „Value Investing“. Der historische Zufall Wiedervereinigung („17 Millionen neue Konsumenten“) habe dazu geführt, dass Deutschlands „industrielle Basis“ bestehen geblieben und nicht wie in anderen Ländern in den 90ern abgebaut worden sei. Das trifft sich mit Kommentatoren wie Andreas oder Häschen, die ebenfalls die industrielle Basis bzw. den „product mix“ betonen.

Das Argument ist insofern ganz interessant, weil es in den auf David Ricardo aufbauenden volkswirtschaftlichen Standardmodellen des internationalen Handels nicht vorgesehen ist. Erinnern wir uns, bei Ricardo produziert jedes Land das, worin es einen komparativen Kostenvorteil hat, z.B. Großbritannien Tuch und Portugal Wein, und dann erfolgt ein für beide Seiten gewinnbringender Austausch. Das war’s.

Was aber, wenn nun im Laufe der Zeit die Produktion von Tuch immer bedeutender wird? Zu Ricardos Zeiten Anfang des 19. Jahrhunderts zeigte sich bereits, dass Großbritannien gerade durch seine Spezialisierung auf die Textilindustrie wirtschaftlich aufstieg, während Portugal mit seinem Weinanbau immer mehr abgehängt wurde.

Die Wettbewerbsfähigkeit ist offensichtlich auch von Entscheidungen und Entwicklungen in der Vergangenheit abhängig. Deutschland profitiert gegenwärtig von seiner Spezialisierung auf hochwertige Maschinen und Konsumgüter. Fragt sich allerdings, ob nicht bereits in zehn Jahren andere Branchen relevant sind.

Im Rahmen der Blogparade wurde auch darüber gestritten, ob Hartz-IV oder die Gemeinschaftswährung Euro die deutsche Wettbewerbsfähigkeit gesteigert haben. Der Lohndruck, der durch Hartz-IV entstanden ist, mag zwar einige Branchen dazu angeregt haben, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Für die Exportbranchen waren jedoch meiner Meinung nach zu hohe Löhne nie das Problem. Auch der Wechselkurs war für sie nie das Problem. Das Wechselkurs-Dumping, das Deutschland betreibt, in dem es an der Gemeinschaftswährung festhält, senkt letztlich den Wohlstand seiner Bevölkerung, da es die Importgüter verteuert.

Titelbild: Deutsche Im- und Exporte 2011 in wichtige Ländergruppen


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3 Kommentare

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  2. Häschen sagt

    Danke.

    Möchte auch ergänzen, dass wir in Österreich früher, wenn in einem Land in Südeuropa die Wirtschaft schwächelte einfach Produkte etwas teurer haben importiert. Da hatten die Menschen, aber noch mehr im Börserl.

    In Deutschland wurde unter anderem mit Filmen wie Sunshine Reagge auf Ibiza mit Karl Dall ein Reiseziel gehyped. Ein gelungenes Beispiel für europäische Integration.

    Man sagte früher, ‚Wenn die Engländer kommen, dann ist ein Urlaubsparadies am Ende‘. Das wäre für mich eine Aussage die für die gesamte Globalisierung gilt.

    Wenn irgendwo ein bescheidenes Immobilienbläschen ausging, dann wurden die Immobilien verkauft an Menschen aus Nachbarländern die Teile ihrer Sparguthaben investierten.

    Das waren einfache Hausmittel die durchaus effektiv waren.

    Ich hörte mal in einem Beitrag Etwas Erstaunendes. Die Regierung der U.K. hätte zu Gunsten von Rock’n Roll die Industrie den Bach runtergehen lassen, da die Plattenverkäufe und andere damit verbundene Einnahmen der Regierung in Summe mehr eingebracht hätten (vermutlich bereinigt um die Subventionen). Das halt ich zwar für ein Gerücht, die Unternehmen haben sich einfach die Diskussion mit den Gewerkschaften gespart. U.K. waren nicht die einzigen. Deswegen tue ich mir hart zu glauben, dass jemand an der Angleichung des Lebensstandards in den Produktionsländern interessiert ist.

    Ein Geschäftsmann aus Indien hat mir bestätigt, was ich vermutete, dass sobald jemand ein akzeptierten Lebensstandard vorfindet im kulturell gewohnten Umfeld wird derjenige nicht mobil. Deswegen ist auch jeder Hungernde in Westeuropa ein Geschenk für die Freunde der Globalisierung, das ist auch Mobilisierung.

    Es kamen ja auch die vielen Phonies (in den U.S. in der Softwareentwicklung) aus Pakistan. Mit der ersten Rücksiedelung der indischen Arbeitsnehmer aus den U.S. nach dem E-Commerce Hype zerstreuten sich allein alljene in alle Himmelsrichtungen die einen höheren Lebensstandard gewohnt waren und einfach mit dem Gehalt nicht zurecht kamen. Ein kleines Gehalt kann kaufkraftbereinigt durchaus schon ganz zufriedenstellend sein. Eine große Abweichung zur Leitwährung ist der Vermögensbildung nicht zwingend dienlich oder ein bestimmtes GDP/PPA repräsentiert einen Status bei dem die Möglichkeit zur Vermögensbildung noch nicht so ausgeprägt ist, da die Prioritäten noch andere sind.

    Wie entsteht eine Industrie? Beispiel IT Hardware. Es begann mit dem Kernspeicher. Der wurde manuell gefertigt. Dafür brauchte man aus Effizienzgründen auch Menschen mit kleinen Fingern die flink arbeiteten. So entstand die Hardwareindustrie in Taiwan, respektive das war ein Treiber dafür. Es spielt ein passendes Umfeld eine große Rolle – Produkte ähnlich denen die damals. Das wird aber immer schwieriger, da natürliche Einsatzstoffe nicht mehr die tragende Rolle spielen. Baumwolle in Alaska ist eine Rarität.

    Damit ein Mittelstand jemals eine breitere Schicht erreicht beim Export benötigt man ein durchaus adäquaten Lebensstandard im Importland. Im Moment wird eher an die wohlhabende Oberschicht verkauft.

    Herr Ricardo ging damals von der Idee aus, wie auch zu Beginn der Globalisierung gedacht, dass Güter in den Industrienationen produziert werden und dann exportiert – verschifft. Daraus entstünde ein reger Handel. Diese Idee stammt so weit mir bekannt aus den 80ern.

    Heute weiß man, vorort produzieren macht viel mehr Sinn und einfach den Markt lokal bedienen. Es ist ja zumeist auch schon Platzhirsch vorort – Dr. Reddy im Generika Business in Indien war zu Beginn ein durchaus spannender Konkurrent. Es ist anzunehmen, dass die

    Japan hat damals ein anderes Modell bemüht. Die haben Unternehmen im Ausland begründet mit dem Ziel Rohstoffe kostendeckend zu beschaffen und die Profite aber bitte im Ausland zu machen. Das ist, las ich mal, der Ursprung des Profit Center.

    Klar. Export gemessen am GDP ist bestimmt keine Kennzahl die das Maß aller Dinge ist.

    Meiner Einschätzung nach ließe sich internationale Wettbewerbsfähigkeit eher im Bezug auf das dahinterstehende Motiv beurteilen.

    Was sagt Export gemessen am GDP aus. Extremes Beispiel – Sie sind in einem Land mit ein handvoll Einwohner die genau 2 Dinge tun.
    a) Selbst versorgen
    b) Kuckucksuhren herstellen

    Da schon jeder eine Kuckucksuhr hat und kein Bedarf mehr besteht, das Land aber beschließt jedem U.S. Bürger eine Kuckucksuhr zu verkaufen und das innerhalb weniger Jahre auch gelingt, hat diese Volkswirtschaft gemessen am GDP einen enorme Exportquote und erhält Devisen die keiner braucht. Wenn man jetzt ein Motiv unterstellt, man wollte die Kuckucksuhr nach Amerika bringen im Sinne eines kulturellen Austauschs, dann ist der Erfolg qualitativ hoch. Auch die Qualität spielt eine große Rolle, da in den ersten Jahr kaum eine Serviceinfrastruktur für die Uhren besteht. Wollte man damit im Welthandel groß mitspielen kann man die Exportstärke als bescheiden beurteilen.

    Ihrer Kritik am Dienstleistung- respektive Know How Export und dessen Nachhaltigkeit etwas hinzuzufügen. Produkte die nach China kommen sind nach kürzester Zeit zerlegt und kopiert. Die Distribution der Kopien erfolgt über Afrika. Teile für Großbaustellen zu fertigen ist nicht falsch und als Ingenieur vorort zu gehen. Das ist bestimmt nachhaltiger als vieles andere. Das sind spezifische Kleinserienfertigung, auftragsbezogene Fertigung und im extrem pure Engineeringleistung.

    Deswegen plädiere ich bei Klein- und Mittelunternehmen eher für bescheidene Nischentätigkeit mit Spezialproduktion, die in der Masse in der Welt ohne Variation und Anpassung an kulturelle Gegebenheiten kaum Sinn machen.

    Neben den Kennzahlen gibt es viele qualitative Argumente und eben auch das Motiv. Das Motiv von Europa kann nicht der Export der Wealth im Sinne von Commodities sein. Das bedingt ja eine Anpassung der Bevölkerung im Importland. Der BMW ist im Ausland ein Luxusgut in Bayern war der fast so etwas wie ein 2CV. Der war überall zu finden.

    Bei uns am ‚Berg‘ auf den ich jetzt spazieren gehe treffe ich wieder die ‚Amis‘. Das zum Thema Anpassung der Bevölkerung im Importland.

  3. Pingback: Deutschland exportiert sich – und die Masse jubelt | Think Ordo!

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