Wirtschaftswurm-Blog

Kämpft Merkel in Seoul für die Rentner von morgen?

Natürlich war es klar, dass aus dem Vorschlag von US-Finanzminister Geithner, Ungleichgewichte in der Leistungsbilanz eines Staates strikt zu begrenzen, nichts geworden ist. In der Abschlusserklärung des G-20-Gipfels wird darüber nichts zu finden sein. Zu stark sind die gegenläufigen Interessen aus den Exportnationen China, Japan und Deutschland. Es fragt sich allerdings, ob Bundeskanzlerin Merkel und Chinas Präsident Hu Jintao ihren Ländern wirklich einen guten Dienst erwiesen haben oder ob sie nur den kurzfristigen Lobbyinteressen ihrer Exportindustrien gedient haben.

Ich glaube ja eher letzteres, während Charles Wyplosz auf Ökonomenstimme einen dauerhaften deutschen Leistungsbilanzüberschuss mit durchaus bedenkenswerten Gründen rechtfertigt. Er argumentiert auf der folgenden Linie: Dass Deutschland mehr exportiert als importiert, bedeutet nichts anderes als dass ein Teil der Einnahmen aus unseren Exporten im Ausland verbleibt. Sie werden dort angelegt, also gespart, anstatt für den Konsum ausgegeben. Genau dies ist aber richtig in einer alternden Gesellschaft. Wir konsumieren jetzt weniger als wir produzieren, um in der Zukunft, wenn wir mehr Alte und weniger erwerbstätige Junge haben, mehr konsumieren zu können als zu produzieren.

Die Frage ist allerdings, ob Wyplosz und damit wir Deutschen nicht diese Rechnung ohne den Wirt machen. Die Finanzkrise der letzten Jahre hat doch gezeigt, welches Risiko so manche ausländische Geldanlage barg. Und das Risiko wird noch steigen, wenn in 20 Jahren tatsächlich deutsche (und europäische) Rentnermassen ihr Erspartes aus den USA, Brasilien oder China zurückfordern, um davon ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Denn dann muss der Kurs der amerikanischen, brasilianischen oder chinesischen Papiere, in denen das Vermögen angelegt wurde, nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage fallen.

Zudem sind es nicht gerade die Geringverdiener, die ihr Geld in Dollar oder Yuan anlegen (oder anlegen lassen). Gerade die hätten aber eine zusätzliche Altersvorsorge angesichts sinkender Erträge der umlagefinanzierten Rente am bittersten nötig. Selbst wenn also die deutschen Anlagen im Ausland die erwartete Rendite abwerfen würden, es würde nur eine tiefe soziale Kluft zwischen armen und reichen Alten entstehen. Von einer generellen Lösung der Probleme einer alternden Gesellschaft wären wir immer noch weit entfernt.


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2 Kommentare

  1. Deine Sorgen betüglich der ausländischen Anlagen sind berechtigt. Allerdings ist die alternative im Heimatland anzulegen (und so dem „Home Bias“ zu unterliegen) noch schlechter. Japan/China/Deutschland muss wegen der Alterung sparen, ob es reicht: Keine Ahnung.

  2. Wirtschaftswurm sagt

    Nun ging es mir nicht so sehr darum, etwas über die optimale Anlagestrategie für die Altersvorsorge zu schreiben. Ich glaube nur, dass wir einen Exportüberschuss in der gegenwärtigen Höhe nicht brauchen – auch nicht für die Altersvorsorge.

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