Alle Artikel mit dem Schlagwort: Leistungsbilanzüberschuss

Target 2 – Eine Debatte über die Schieflage des Eurosystems

Die Target-2-Debatte ist in den deutschen Wirtschaftsblogs wieder aufgelebt. Der Zeit-Journalist Mark Schieritz befindet sich argumentativ gegenüber Hans-Werner Sinn in der Defensive. Bereits im letzten Frühjahr tobte in der deutschen Wirtschaftsblogosphäre eine heftige Debatte um die Target-2-Salden der nationalen Notenbanken im Europäischen Zentralbankensystem. In zwei Artikeln habe ich damals versucht, ein paar Grundlagen des Target-2-Systems zu erklären. Über die Targetkonten fließt (fast) der gesamte Zahlungsmittelverkehr zwischen den Eurostaaten. Wird z. B. Geld von Griechenland nach Deutschland überwiesen, etwa weil ein griechischer Mercedes-Importeur die ihm gelieferten Autos bezahlt, verringert sich auch das Targetkonto der griechischen Nationalbank, während sich das der Deutschen Bundesbank erhöht. Genau umgekehrt, wenn Geld von Deutschland nach Griechenland fließt. Letzteres kommt aber immer seltener vor, so dass das Targetkonto der griechischen Nationalbank tief im Minus ist, während die Bundesbank nach neuesten Zahlen ein Plus von 498,131 Milliarden € aufweist. Dummerweise kann die Bundesbank über ihr Guthaben nicht frei verfügen. Es kann nur zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs innerhalb der Eurozone gebraucht werden. Hier gibt es aber keine Verpflichtung der anderen Euro-Zentralbanken, ihr Defizit irgendwann …

Kämpft Merkel in Seoul für die Rentner von morgen?

Natürlich war es klar, dass aus dem Vorschlag von US-Finanzminister Geithner, Ungleichgewichte in der Leistungsbilanz eines Staates strikt zu begrenzen, nichts geworden ist. In der Abschlusserklärung des G-20-Gipfels wird darüber nichts zu finden sein. Zu stark sind die gegenläufigen Interessen aus den Exportnationen China, Japan und Deutschland. Es fragt sich allerdings, ob Bundeskanzlerin Merkel und Chinas Präsident Hu Jintao ihren Ländern wirklich einen guten Dienst erwiesen haben oder ob sie nur den kurzfristigen Lobbyinteressen ihrer Exportindustrien gedient haben. Ich glaube ja eher letzteres, während Charles Wyplosz auf Ökonomenstimme einen dauerhaften deutschen Leistungsbilanzüberschuss mit durchaus bedenkenswerten Gründen rechtfertigt. Er argumentiert auf der folgenden Linie: Dass Deutschland mehr exportiert als importiert, bedeutet nichts anderes als dass ein Teil der Einnahmen aus unseren Exporten im Ausland verbleibt. Sie werden dort angelegt, also gespart, anstatt für den Konsum ausgegeben. Genau dies ist aber richtig in einer alternden Gesellschaft. Wir konsumieren jetzt weniger als wir produzieren, um in der Zukunft, wenn wir mehr Alte und weniger erwerbstätige Junge haben, mehr konsumieren zu können als zu produzieren. Die Frage ist allerdings, …

Sind Zielwerte für die Leistungsbilanz sinnvoll?

Zumindest in den USA ist das Bewusstsein sehr hoch, dass die strukturellen Ungleichgewichte im Welthandel nach dem Motto Deutschland, China und Japan produzieren, die USA konsumieren, nicht dauerhaft tragbar sind. Darum kommen auch von dort neue Vorschläge, um die Ungleichgewichte zu beheben: US-Finanzminister Timothy Geithner ließ im Vorfeld des Treffens der Finanzminister der G-20 verlauten, alle Staaten sollen sich verpflichten, ihren Leistungsbilanzüberschuss- oder ihr Leistungsbilanzdefizit auf 4 % des BIPs zu begrenzen. Die deutsche Ablehnung dieses Vorschlags erfolgte reflexhaft und vorhersehbar. Schließlich ist nach Geithners Vorstellung Deutschland ein Leistungsbilanzsünder. Dieses Jahr wird laut IWF Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss voraussichtlich bei 6,1 % des BIPs liegen. Andere Leistungsbilanzsünder sind z. B. China (4,7% Überschuss des BIPs) sowie (allerdings mit einem Defizit) Griechenland und Portugal mit -10,8 bzw. -10,0 %. Nun ist Geithners Vorschlag sicherlich noch unausgegoren. Zum einen ist es zu kurzfristig ausgerichtet, wenn man immer nur die Leistungsbilanz eines Jahres betrachtet. Sinnvoller wäre es, Fünf- oder Siebenjahreszeiträume zu nehmen. Zum anderen bleibt offen, mit welchen politischen Mitteln die Leistungsbilanz gesteuert werden soll. Der US-Finanzminister denkt wohl hauptsächlich an die Wechselkurspolitik. …

Wer vor einem Währungskrieg warnt, sollte sich auch an die richtige Adresse wenden

Die großen Ungleichgewichte im Welthandel stellen ein gewaltiges Problem dar. Inzwischen hat das auch die Politik in weiten Teilen der Welt (leider mit Ausnahme Deutschlands) erkannt. Es darf darum nicht verwundern, dass man sich nun vermehrt der Währungspolitik widmet. Immerhin ist der Wechselkurs der wichtigste Faktor, der über die Höhe der Importe und Exporte bestimmt. Steigt der Wert der eigenen Währung, werden die eigenen Waren fürs Ausland teurer und die Exporte sinken, während Importe billiger werden und darum steigen. Umgekehrt, wenn der Wert der eigenen Währung fällt. Wechselkurspolitik ist legitim dann, wenn sie dem Abbau der Ungleichgewichte im Welthandel dient. Wechselkurspolitik ist nicht legitim, wenn sie einseitig die heimische Wirtschaft fördern will ohne Rücksicht auf den Welthandel. Und so muss man unterscheiden: Die Politik des billigen Dollars im Defizitland USA ist sinnvoll, die des billigen Yuan im Überschussland China ist schädlich. So ist es unverständlich, dass die Gefahr eines Währungskrieges gerade dann beschworen wird, wenn die USA ihre Politik forcieren und nun über Strafzölle gegen China diskutieren. Sowohl in deutsche Blogs (z. B. Herdentrieb) als auch …

Die zweite Finanzkrise wird bereits produziert

Während Deutschland sich immer noch über die hohe Wachstumsrate im 2. Quartal 2010 (+2,2 %) freut, man sich höchstens fragt, wie lange der gegenwärtige Aufschwung anhält angesichts neuer Konjunktursorgen in den USA, gibt es glücklicherweise auch ein paar Warner. Sie bezweifeln, dass dieser Aufschwung gesund für Deutschland wie die Weltwirtschaft ist. Zu ihnen zähle ich z. B. Wolfgang Münchau oder die Jungs von Credit Writedowns. Das Problem des gegenwärtigen Aufschwungs: Er beruht auf Konjunkturprogramme der Vergangenheit und ansonsten darauf, dass der Exportüberschuss Deutschlands wieder steigt. 0,8 % der 2,2 % Wachstum gehen laut Statistischem Bundesamt auf den Außenhandelsüberschuss zurück. Wo wir einen Überschuss vorweisen, müssen andere Länder allerdings ein Defizit verbuchen und dieses Defizit müssen sie finanzieren. Keinem Land ist dies jedoch dauerhaft ohne Verwerfungen möglich. Die USA haben bis 2008 ausländische Gelder durch ihre Immobilienpreisblase angelockt – bis diese platzte. Griechenland konnte im Windschatten des Euro billige Kredite aufnehmen – bis diese Möglichkeit platzte. Und so wird auch der neue exportgetriebene Aufschwung in Deutschland Verwerfungen in der Weltwirtschaft produzieren, die schon bald neue Erschütterungen verursachen werden. Alles schaut …

Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss im Fokus

übernommen aus Wirtschaftswende vom 16.3.2010 Christine Lagarde hat Recht. Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss ist ein Problem und muss möglichst schnell abgebaut werden. Und das nicht nur im Interesse der Griechen und anderer wirtschaftlich schwacher Staaten der EU, sondern vor allem auch im Interesse der Deutschen selbst. Leistungsbilanzüberschuss bedeutet ja nichts anderes, als dass die Deutschen (nun schon über Jahrzehnte hinweg) ständig mehr produzieren als sie konsumieren. Das ist völlig unsinnig. Ich koche auch nicht fünf Mahlzeiten, wenn nur vier Personen am Tisch sitzen. Da spare ich mir den Aufwand an Zeit und Material für die fünfte Mahlzeit. Oder aber ich lade mir nicht ausgerechnet immer die Gäste ein, die ohnehin schon übersättigt sind und genug haben, sondern auch mal solche, denen wirklich der Magen knurrt. Die verputzen ohne Probleme auch die fünfte Mahlzeit. Um aber jetzt die Küchenphilosophie hinter uns zu lassen: Was bedeutet das praktisch für Deutschland? Welche politischen Maßnahmen sind angesagt? Es sind alle Maßnahmen geboten, die Geringverdiener entlasten und Transferempfänger besser stellen. Denn das Geld, das diese Gruppen zusätzlich bekommen, fließt direkt in den …