Analyse

Die griechische Staatspleite – Wie kann Deutschland seine Verluste minimieren?

Euromünzen_und_Scheine

Auf deutscher und europäischer Seite wird es langsam Zeit, sich mit den Folgen der faktisch schon eingetretene griechische Staatspleite und des möglichen Grexit zu befassen. Welche Verluste werden anfallen und vor allem, wie kann man diese Verluste minimieren? – Zahlen und Vorschläge.

Befassen wir uns zunächst mit der Staatspleite. Spiegel Online hatte schon letzte Woche eine gute Übersicht über die möglichen Einnahmeausfälle erstellt. Sie kommen aus mehreren Quellen:

  1. Im Rahmen des ersten Hilfspakets vergab die bundeseigenen Bank KfW an Griechenland Kredite. Die Bundesrepublik Deutschland bürgte für die griechischen Rückzahlungen. Für Deutschland stehen dadurch 15,17 Milliarden Euro im Feuer, die in Raten von 2020 bis 2041 fällig werden.
  2. Im Rahmen des zweiten Rettungspakets wurden über den Rettungsschirm EFSF Kredite an Griechenland vergeben. Der EFSF ist eine in Luxemburg ansässige Aktiengesellschaft, die von den Eurostaaten 2010 gegründet wurde. Deutschland bürgt für 29,1% der griechischen Rückzahlungen, die in Raten von 2023 bis 2054 fällig werden. Damit stehen für Deutschland 38,16 Milliarden Euro auf dem Spiel. (Nach den Daten von Mark Schieritz sind es sogar 41,32 Milliarden bis 2057.)
  3. Beide Rettungspakete beinhalteten auch Kredite des IWFs an Griechenland. Hier stehen noch 21,1 Milliarden aus, die Griechenland in Raten bis 2024 zurückzahlen sollte. Deutschlands Anteil beträgt hier 1,29 Milliarden Euro.
  4. Die EZB hält griechische Staatsanleihen, die sie im Rahmen der Eurokrise aufgekauft hat. Die Rückzahlung soll in Raten bis 2026 erfolgen. Deutschlands Anteil daran beträgt 25,9% oder 6,9 Milliarden Euro.

Die Haftung über den IWF ist also vergleichsweise gering, nämlich lediglich die Unterstützung für 130.000 Hartz-IV-Beziehern über ein Jahr. Ansonsten müssen wir zwischen den Haftungen aus Bürgschaften und denen für die EZB unterscheiden.

Die Bürgschaften für Griechenland

Würde Deutschland im Rahmen der Bürgschaften für die Schuld Griechenlands eintreten, verstieße das gegen den Wortlaut der Nichtbeistandsklausel in Artikel 125 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Dort heißt es:

Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein.

Artikel 136 AEUV über die Einrichtung eines Europäischen Stabilisierungsmechanismus erlaubt dabei auch keine Ausnahme für den EFSF. Dieser Artikel wurde nämlich erst nach der Errichtung des EFSF und den Hilfen für Griechenland wirksam und zielt auf den zweiten Euro-Rettungsschirm ESM.

Deutschland braucht also für Griechenland nicht einzutreten und darf dies sogar nicht. Damit ist schon mal einiges an Geld gespart.

Im Falle der KfW wird es aber kaum billiger, die Bürgschaft nicht anzutreten. Gerät die KfW durch den Ausfall der Bürgschaften in eine Schieflage, wird der Bund sie wohl rekapitalisieren müssen. Das Geld ist dann auch weg.

Nun wird es allerdings nach einer Staatspleite Umschuldungsverhandlungen mit Griechenland geben. Hierfür gibt es den Pariser Club als informelles internationales Gremium. Im Rahmen solcher Verhandlungen wird Griechenland die Zahlung eines Teils seiner Schulden zugestehen.

Aber wird es nicht zu Konflikten kommen, wenn Deutschland einfach Bürgschaftszahlungen verweigert? Und was ist überhaupt mit der EZB, wenn Griechenland eine Staatspleite hinlegt? Dazu mehr in Teil 2 dieses Artikels.

Geh nicht ohne Gruß, empfiehl bitte den Beitrag weiter!


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10 Kommentare

  1. Bodo sagt

    Vielen Dank, diese Darstellung ist klarer und vollständiger, als die vielen Versatzstücke in den sogenannten „Qualitätsmedien“. Ein hervorragender Beitrag, sehr gut auf den Punkt gebracht. Glückwunsch und bitte weiter so.

  2. Sorry, aber Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Deutschland seine EFSF Bürgschaften aufgrund von schwammigen Paragraphen zurückweisen können wird? Die Folge wäre, dass entweder alle andere EU-Staaten mehr Verluste übernehmen würden, was angesichts der Tatsache, dass v.a. französische und deutsche Banken profitiert haben sicher auf große Begeisterung stoßen dürfte, oder der EFSF Pleite anmelden würde und die Verluste an europäische Banken weitergeben würde. Wir können gerne wetten: Ich gebe dir gerne 10-1 Quoten, dass dies nicht passieren wird.
    Geht Griechenland Pleite und endet im Chaos ist ein Großteil der etwa 90 Milliarden Euro (mglw. auch EZB Ela) die Deutschland an Forderungen hat, weg und das katastrophale Scheitern der Gläubiger in diesem Verhandlungen würde hoffentlich zumindest einigen klar.

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  5. @Makrointelligenz,
    ich finde, Artikel 125 AEUV ist einer der wenigen Paragrafen in den gesamten europäischen Verträgen, der nicht schwammig ist. Aber schön, dass dir die Banken so am Herzen liegen.

  6. Es ist einfach unredlich, wenn ich als Staat wie Deutschland solche Bürgschaften übernehme und dann versuche mich über eine rechtliche Hintertür dieser Verpflichtungen zu erledigen. Aber v.a. ist es auch eines, nämlich unrealistisch und das war der Kernpunkt meines vorherigen Beitrags. Ich nehme an, dein Blogpost war nicht ganz ernst gemeint, sonst hättest du meine Wette ja annehmen müssen. 😉

  7. Ja, es war unredlich die Bürgschaften zu übernehmen. Dem ersten Teil deines ersten Satzes stimme ich zu. Wie realistisch die Sache ist, werden wir in fünf oder acht Jahren sehen. Das interessiert mich heute noch nicht. Mir geht es darum, mal eine Diskussion über dieses Rechtsproblem anzustoßen.

  8. Häschen sagt

    Danke interessant! Die AEUV versprüht den Charme geteilter Harmonie und klingt schlichtwegs einfältig optimistisch. Griechenland hat ja nicht gegen Artikel 125 verstoßen 🙂 sondern die sog. ‚Gläubiger‘ obwohl ihre Stellung mit dem Begriff Bürge klarer umrissen scheint. Jener der am Ende gewürgt wird ist der Bürge.

    Der griechische Staat hat die Regel so ernst genommen der hat sich noch nicht mal selbst geholfen, ansonsten kann sich jeder in den Teil ab 119 reininterpretieren was er will, dieser ist sehr offen gehalten.

    Der Kern steht in 119 3). Ich stelle mir die Frage wie naiv muss jemand sein der eine Währungsunion mit 2% Inflationsziel macht und damit eigentlich den Status Quo festschreibt. Die unterschiedlichen Preisniveaus, auch wenn sie technischen unproblematisch sind für den EURO, schreiben irgendwo den Status Quo als das maximal Erreichebare fest. Die Güter aus dem Westen sind sehr stark in Richtung Effizienz getrimmt und damit attraktiv.

    Bis auf ‚Mitteleuropa‘ nutzen Menschen die Erfindung weniger zu arbeiten … respektive bei der Arbeit weniger Aufwand zu treiben – so ein Vorgehen ist ja vernünftig. Europa spielt nicht nach den Regeln von Deutschland, das können sich die sog. Retter hurtig abschminken. Güter zu verschenken und die Schulden für die Finanzierung selbst begleichen aus der Sicht des Staats und damit zu lasten der Bevölkerung ist nobelpreisverdächtig. Es bleibt zu hoffen, dass die Breite Masse der Bevölkerung in Deutschland nicht ’schnallt‘ was genau läuft … in dem Fall wird selbst die ’schwäbische Hausfrau‘ zur Roten Zora.

  9. Pingback: Welche Verluste entstehen Deutschland und den anderen Eurostaaten aus einem Grexit? Und wie kann man sie minimieren? | Wirtschaftswurm

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