Diese Schlussfolgerung ergibt sich zumindest aus der schriftlichen Stellungnahme der EZB für das Bundesverfassungsgericht.
Morgen und übermorgen finden bekanntlich die Anhörungen vor dem Bundesverfassungsgericht statt. Die Kläger wenden sich nun nicht mehr nur gegen den ESM, auch die Anleihekäufe der EZB (OMT genannt) und die Targetsalden sind Thema.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme tritt die EZB den Einwänden aber unter anderem mit folgendem Argument entgegen: Die durchschnittliche Inflation habe im Zeitraum von Januar 1999 bis November 2012 bei 2,06% gelegen und damit sei das Ziel erreicht, mittelfristig eine Preissteigerungsrate von unter, aber nahe 2 % beizubehalten.
Man wundert sich nur.
Zum einen liegt 2,06 % zwar vielleicht nahe bei, aber, wenn mich die Erinnerungen an meine Mathestunden nicht trügen, keinesfalls unter 2 %. Diese Abweichung mag unwichtig sein, dazu gleich mehr. Aber zu behaupten 2,06% liege unter 2 % ist schon dreist. Will man der Aussage überhaupt irgendeinen Sinn abgewinnen, dann wohl nur den, den Leser schon gleich auf Seite 6 einer 52-seitigen Stellungnahme so zu verwirren, dass er danach auch jeden anderen Unsinn hinzunehmen bereit ist.
Doch ein Durchschnitt über 12 Jahre und 17 Länder ist sowieso völlig nichtssagend. Dieser Durchschnitt würde auch passen, wenn sechs Jahre lang 20 % Inflation herrschte und sechs Jahre lang 20 % Deflation. Dieser Durchschnitt würde auch passen, wenn in der einen Hälfte der Euroländer 20 % Inflation herrschte und in der anderen Hälfte 20 % Deflation.
Der Durchschnitt á la EZB kann vernünftigerweise kein Maßstab für irgendwas sein, im Übrigen auch kein ähnlicher 17-Länder-Durchschnitt über einen kürzeren Zeitraum. Auch das Bundesverfassungsgericht wird sich in dieser Sache nicht für dumm verkaufen lassen, (hoffe ich zumindest.)
Aber das Bundesverfassungsgericht muss vom Grundgesetz her argumentieren. Der relevante Artikel 88 GG darum hier im Wortlaut:
Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank. Ihre Aufgaben und Befugnisse können im Rahmen der Europäischen Union der Europäischen Zentralbank übertragen werden, die unabhängig ist und dem vorrangigen Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet.
Als man 1992 den Passus mit der EZB in den Artikel 88 einfügte, hat man sich in einer Mischung aus Europhorie und Ignoranz wohl keine Gedanken über die Zielkonflikte gemacht, denen eine europäische Notenbank ausgesetzt sein kann. Die Politiker glaubten damals tatsächlich, dass mit der Währungsunion auch eine wirtschaftliche Angleichung innerhalb Europas erfolgen würde, dass es darum keine große Abweichungen vom Durchschnitt mehr geben würde, dass es darum ausreichen würde, auf den Inflationsdurchschnitt zu achten und dass man damit tatsächlich Preisstabilität in ganz Europa garantieren kann.
Heute stellt sich aber die Frage: Darf die EZB eine Deflation in Griechenland verhindern, wenn das nur um den Preis einer Inflation in Deutschland geht?
Was der Wortlaut des Artikels 88 vielleicht noch offen lässt, ergibt sich zum Glück aus der Präambel des Grundgesetzes. Dort werden alle 16 Bundesländer aufgezählt und die Präambel schließt dann mit dem Satz:
Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.
Artikel 88 gibt demnach den Deutschen das Versprechen auf Preisstabilität und mit der Gründung der EZB, hat diese sich verpflichtet, dieses Versprechen an die Deutschen zu übernehmen. Wenn die EZB das nicht mehr kann, bzw. wenn sie das nicht kann, ohne ihr gleichzeitiges Versprechen an andere Völker einzuhalten, dann muss sie ihr Versagen nun eingestehen und sich auflösen.
Stattdessen schickt die EZB aber jetzt erst einmal Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen zur Anhörung vor das Bundesverfassungsgericht. Jörg Asmussen wird Rede und Antwort stehen müssen.
Das grössere Problem sehe ich mit dem Haushaltsrecht. Das Grundgesetz gibt nur dem Bundestag das Recht über die Vergabe von Bundesmitteln. Spanien hatte 2012 ein Defizit in Höhe von 149 Mrd Euro. Da sind die Nebenetats noch gar nicht drin (etwa 10 Mrd Euro für die Subventionierung der Strompreise), dazu kommt noch die Bedienung der Altschulden, und die Bankenhilfe über den ESM. Zusammen mit Portugal und Griechenland kommen da locker Summen zustande, die den Bundesetat überschreiten. Ohne die Rückendeckung durch die EZB würden alle diese Länder keine Kredite mehr bekommen, da keinerlei Aussicht besteht, dass diese Länder ihre Kredite nennenswert zurückzahlen können. Natürlich trägt die Bundesrepublik diese Risiken nicht alleine, aber selbst mit dem Anteil von etwa 30% machen solche Summen in Nebenhaushalten, die keinerlei demokratischer Kontrolle unterliegen, das Haushaltsrecht des Bundestages zur Farce.
Abgeben kann die Bundesrepublik das Haushaltsrecht, oder einen Teil davon, nur nach einer Volksabstimmung an eine demokratische gewählte Institution in Europa. Aber nicht durch ein EZB Gremium, das in keiner Weise demokratisch dazu legitimiert ist.
@Erich,
auch die Bundesbank sieht in ihrer schriftlichen Stellungnahme keinen relevanten Unterschied zwischen den Krediten, die der ESM vergibt, und den Anleihekäufen der EZB. Das Ausfallrisiko ist ähnlich. Die ESM-Kredite müssen aber vom Bundestag genehmigt werden, beim OMT-Programm gibt es keine Kontrollen.
Äusserst kuriose Auslegung von Artikel 88. Was steht denn da und was wird im Artikel imaginiert?
Die Bundesbank kann ihre Befugnisse übertragen, muß aber nicht. Wenn’s ihr nicht gefällt soll sie doch die Befugnisse entziehen oder austreten aus der Währungsunion. Keiner zwingt die BB da mitzumachen. Nicht mal Artikel 88 – „können“
Die EZB ist unabhängig, kann also nicht durchs GG gebunden sein.
Der Sicherung der Preisstabilität soll die EZB verpflichtet sein? – aber dann doch nicht der Preistabilität allein in D, sondern das kann ja nur für den gesamten Euroraum gelten. Weil jedes Land durch seine Wirtschaftspolitik in der Lage ist die Preise zu destabilisieren. Sieht man an den divergierenden Inflationsraten der Euroländer.
Und versprochen hat die EZB den Deutschen gar nix, wie auch, das hieße ja gegenüber den andern Mitgliedern Manövrierraum aufzugeben, weil man ein Versprechen einzulösen hat.
Das war nix, sorry
Nur ein kleiner Hinweis:
was in einer Präambel steht hat keinerlei rechtliche Relevanz!
Es ist als reine Willens- oder Absichtserklärung ohne Rechtsverpflichtung zu verstehen.
Maximal – bei wohlwollenster Beurteilung – kann man den Inhalt einer Präambel als grobe (!) Richtung verstehen, in die ein Inhalt zu verstehen sei …. aber ohne rechtliche Bindung daran.
Nicht ohne Grund wurde so einiges in die Präambel des GG geschoben …. so kann man schön verschleiern.
@Teletappy,
die EZB ist ans Grundgesetz gebunden, ja. Sonst wäre ja die heutige Verhandlung in Karlsruhe sinnlos.
@Geneigter Leser,
„Maximal – bei wohlwollenster Beurteilung – kann man den Inhalt einer Präambel als grobe (!) Richtung verstehen, in die ein Inhalt zu verstehen sei“ – Genauso habe ich die Präambel auch interpretiert. Im Übrigen scheint mir eine alternative Interpretation sehr abwegig, nach der es im deutschen Grundgesetz um die Preisstabilität in z.B. Griechenland gehen sollte.
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Wäre mal Intressant zu wissen wie das rechtlich in den anderen Euroländern gelöst wurde und ob diese unterschiedlichen Anforderungen an die jeweiligen Zentralbanken wenn sie denn so einfach wie in Deutschland auf die EZB übertragen wurden nicht schon von vorneherein zu Wiedersprüchen geführt hätte. Außerdem müßte nicht eigentlich die Bundesbank verklagt werden wenn deren Aufgaben nicht durch die EZB erfüllt werden. Ist es dann nicht deren Aufgabe die EZB in die Pflicht zu nehmen mit der Drohung ihr die Aufgaben wieder zu entziehen bei Nichterfüllung.
Wie soll die Exekutive einschreiten wenn die EZB verliert und sich weiter weigert darauf einzugehen. Ja „zufällig“ ist die EZB auf deutschen Teritorium vielleicht ist das der Grund warum sich die EZB sorgen macht.
Draghi in Handschellen, endlich kommt die EZB auch mal in die Boulevardpresse. 🙂
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@PotzBlitzDonner
„Wäre mal Intressant zu wissen wie das rechtlich in den anderen Euroländern gelöst wurde und ob diese unterschiedlichen Anforderungen an die jeweiligen Zentralbanken wenn sie denn so einfach wie in Deutschland auf die EZB übertragen wurden nicht schon von vorneherein zu Wiedersprüchen geführt hätte.“ – Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn die Deutschen die einzigen sind, die Preisstabilität in der Verfassung verankert haben.
„Außerdem müßte nicht eigentlich die Bundesbank verklagt werden wenn deren Aufgaben nicht durch die EZB erfüllt werden.“ – So wie ich das verstanden habe, folgt aus dem Grundgesetz kein individueller Rechtsanspruch auf Preisstabilität. Privatpersonen können also weder gegen die Bundesbank noch gegen die EZB klagen.
@ Wirtschaftswurm
„die EZB ist ans Grundgesetz gebunden, ja. Sonst wäre ja die heutige Verhandlung in Karlsruhe sinnlos.“
Da bin ich leider anderer Ansicht. Wenn die EZB ans GG gebunden wäre müßte das in den EZB-Statuten stehen. Die Bundesbank ist doch auch nicht an die Bayrische Verfassung gebunden. Das wäre ja absurd. Die Verhandlung heute bestimmt lediglich die zukünftigen Aktionen der Bundesbank und der Bundesregierung. Asmussen ist nur als Vertreter der EZB „Zeuge“ in der Anhörung um den Sachverhalt ESM und weiteres Verhalten der Bundesbank zu klären. Die zugrunde liegenden Klagen richteten sich nicht gegen die EZB sondern gegen ESM und Bundestags/Regierungsbeschlüße. Es geht nur um nationale Angelegenheiten – ansonsten wäre der Europäische Gerichtshof zuständig.
@Teletappy,
„Die Bundesbank ist doch auch nicht an die Bayrische Verfassung gebunden.“ – Bundesrecht bricht Landesrecht, aber nur, weil Deutschland ein Bundesstaat ist. Die EU ist aber kein Bundesstaat und darum geht Europäisches Recht zumindest nicht automatisch vor Bundesrecht.
An welcher Stelle ist denn derzeit die Preisstabilität in Europa bedroht? Scheinbar treibt den Autor die Angst vor einer Inflation um. Davon ist aber weit und breit nichts zu sehen. Übrigens auch nicht in anderen krisengeschüttelten Regionen, deren Nationalbanken fleißig Anleihen aufkaufen.
@Holger,
die Sache ist ja etwas komplizierter. Das zeigen zum Beispiel die Immobilienpreise: http://www.immobilienscout24.de/de/immobilienbewertung/immobilienindex/index.jsp.
Bei der juristischen Frage geht es aber gar nicht so sehr darum, wie hoch die Inflation tatsächlich ist oder werden wird. Es geht darum, ob die EZB tatsächlich noch vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgt. Oder ob andere Ziele wie die Absicherung von zyprischen und griechischen Pleitebanken mittels z.B. ELA wichtiger geworden sind. Ist letzteres der Fall, kann sich die EZB nicht dadurch herausreden, dass sie noch einmal Glück gehabt hat und keine Inflation entstanden ist.
Das Problem ist die Messlatte, die die EZB anlegt. Der HICP ist eben ein Durchschnittsindex über die gesamte Eurozone. Daran gemessen sind 2,06 % tatsächlich nicht übel.
Aber, der HICP ist Murks, weil z.B. owner-occupied housing nicht abgebildet wird. Daher versteckt sich die Inflation, gerade in Deutschland im Moment gerne in Immobilien. Wohin stetig steigende Häuserpreise führen können, sollten wir eigentlich wissen.
Weiterhin zeigt ein Durchschnittswert ohne Streuungsmaß eben nur die halbe Information. Die Schwankung der Inflationsrate 2009 wird damit völlig rausgerechnet, weil der Rebound etwa so hoch war wie der Schock.
Vielleicht müssen wir uns Gedanken darüber machen, nicht nur das Level der Inflationsrate zu verankern sondern auch die Volatilität.
Auch wäre es imho gut die das Ziel der Preisstabilität nur dann als erfüllt anzusehen, wenn es in allen Ländern der Eurozone gleichermaßen erfüllt ist.
Zu Deiner Auslegung des Art. 88 GG sage ich mal nix. Dazu bin ich zuwenig Jurist. 🙂
„Auch wäre es imho gut die das Ziel der Preisstabilität nur dann als erfüllt anzusehen, wenn es in allen Ländern der Eurozone gleichermaßen erfüllt ist.“ – Genau darum geht es mir!
@ Wirtschaftswurm
„..“Die Bundesbank ist doch auch nicht an die Bayrische Verfassung gebunden.” – Bundesrecht bricht Landesrecht, aber nur, weil Deutschland ein Bundesstaat ist. Die EU ist aber kein Bundesstaat und darum geht Europäisches Recht zumindest nicht automatisch vor Bundesrecht…“
Verstehe diesen Einwand nicht.
Mit dieser Argumentation liesse sich doch die BB viel problemloser, weil konfliktfrei (im Zweifel gilt immer Bundesrecht), an die bayrische Verfassung binden als die EZB an das GG. Eine apriori-Bindung der EZB an eine einzige von 17 Mitgliedsverfassung konterkariert doch schon per se die Interessen der andern 16 Mitglieder.
Sagen wir es mit einem Wort – Frankendollar. Politisch korrekte Formulierung denke ich. Meine damit nicht den Schweizer Franken:)
Eine Demokratie zeichnet sich nicht dadurch aus, dass eine Mehrheit eine Minderheit zu ihren Ungunsten ausbeutet – umgekehrt schon gar nicht. Ersteres wäre eine Variante der Pöbelherrschaft oder wenn man die Mehrheit zum Vorwand nimmt …. Sozialistische Diktatur. Eine Demokratie funktioniert nicht der Form, dass die Mehrheit die Themen vorgibt denen sie selbst zustimmt.
Auch eine Performance in Brüssel ähnlich den Village People genannt E.U. Kommission wird an der europäischen Streitkultur wenig ändern. Die Änderung der Regeln, sprich die geplante Gleichmacherei ändert an der Substanz nichts.
Situation ähnlich der Lehrerin die sagt, ‚Du Michl gibst jetzt deinen Klassenkollegen dein Pausenbrot. Schau sie sind so hungrig und wohlbeleibter, du bist ausgehungert du bist es eh gewöhnt. Das musst du schon verstehen‘. Es geht ja um den Finanzierungsbedarf der Finanzindustrie … Soch ein Waffenstillstand hält bis zur Pause und die Glocke läutet in 15 Sekunden. Das ist der Status.
Einheit zu fördern und Konkurrenz zu fordern ist widersprüchlich. Ein kooperatives Klima in Europa sich zu wünschen ist illusorisch. Keine Konkurrenz ist nicht Kooperation. Damit ist die Vereinheitlichung schlicht nutzlos. Sämtliche Unionsideen (Währungsunion, Politische Untion usw. sind ein Schaß im Wald – wie man bei uns sagt. Traumtänzerei umgeben von Schwefeldunst im Tempel zu Delphi.
Zurück zur EZB.
Bei der Berechnung der 2,06% sollte man sich mal überlegen folgende Argumente.
a) Behauptung in der Vergangenheit – die Zuständigen hätten die Zahlen gar nicht bekommen oder selbige seien falsch ausgewiesen worden.
b) Jede Volkswirtschaft hat die Wahl Kennzahlen nach eigenen Ermessen festzulegen. Sprich die Methode und den Warenkorb als ein Beispiel für die Datenbasis.
c) Und alles was dazugehört.
a) Heißt, heute die Datenbasis für Entscheidungen nachzureichen, die zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung gar nicht vorhanden waren ist gewagt. Täuschung. List.
b) Die EZB hat meiner Ansicht nach den Beweis zu erbringen, dass die gewählte Methodik korrekt die wirtschaftlichen Realität widerspiegelte sprich Teil eines akzeptablen und im Kontext des Wirtschaftsraums Europa und dessen Ziele akzeptierten Modells war. Das für jedes Land im ersten und im zweiten Atemzug die Konsolidierbarkeit der Zahlen.
Man kann nicht hergehen und Rechtsbruch gut heißen, da es praktikabel war. Es stinkt nach fauligen Eiern. Einen ordentlichen Klagsgrund bei politisch verhandelten Verträgen zu finden ist wirklich nicht einfach.
@Wirtschaftswurm
Vielleicht würde es helfen einen Blick auf den Klagetext zu werfen, speziell auf den Zusatz hinsichtlich der EZB. Im Internet findet man folgendes:
======================================================
3. Die Europäische Zentralbank (EZB) überschreitet mit ihrem Beschluss über ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen vom 6. September 2012 – das Outright Monetary Transactions (OMT) Programme – und durch die fortgesetzten Ankäufe von Staatsanleihen auf der Basis dieses Programms und auf der Basis des vorangegangenen Programms für die Wertpapiermärkte / Securities Markets Programme (SMP), ihre Kompetenzen, verstößt damit gegen das Demokratieprinzip und verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 38 Abs. 1 und 2 GG;
die Deutsche Bundesbank ist nicht berechtigt, sich an der Durchführung des OMT-Programms –
insbesondere durch Käufe von Staatsanleihen – zu beteiligen.
Hilfsweise:
Die Bundesregierung verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 38 Abs. 1 und 2 GG,
indem sie es unterlässt, die Europäische Zentralbank (EZB) wegen deren Beschlusses über ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen vom 6. September 2012 – das Outright Monetary Transactions (OMT) Programme
– und wegen der Ankäufe von Staatsanleihen solcher Staaten,
deren Zinsniveau im Rahmen der „Euro-Krise“ angestiegen ist,
beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.
Zur Beendigung der andauernden Grundrechtsverletzung ist die Bundesregierung verpflichtet,
die Europäische Zentralbank beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.
4. Die Bundesregierung verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. Art. 38
Abs. 1 und 2 GG, indem sie es unterlässt,
darauf hinzuwirken, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) dergestalt geändert werden,
dass das jetzt als Target2-System organisierte System des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs so gestaltet werden muss,
dass entstehende Salden begrenzt werden und regelmäßig ausgeglichen werden müssen,
und dass die bereits aufgelaufenen Salden abgebaut werden müssen.“
======================================================
Das heisst zum einen:
1. Um die Preisstabilität geht es im Verfahren gar nicht, sondern um die (angebliche) Verletzung des Demokratieprinzips seitens der EZB durch das Eingehen der nicht durch den Bundestag abgesegneten Risiken, durch welche die Grundrechte des Klägers verletzt werden.
2. Verklagt wird nicht die EZB, die eben NICHT dem Grundgesetz untersteht, sondern
a) Die Bundesbank – der es untersagt werden soll die EZB-Beschlüsse auf dem deutschen Territorium zu implementieren.
b) Die Bundesregierung, die es unterläßt gegen die Politik der EZB beim euriopäischen Gerichtshof vorzugehen. Denn nur das europäische Gerichtshof kann wirksam über die Politik der EZB urteilen, speziell ob diese Politik mit den EU-Verträgen im Anklang steht.
3. Argumentiert wird mit Art. 38 (Grundrechte), Artikel 88 spielt keine Rolle.
Ich schätze lieber Wirtschaftswurm, sie sollten eine eigene Klage einreichen 🙂
@Alexander Hummel,
„Ich schätze lieber Wirtschaftswurm, sie sollten eine eigene Klage einreichen“ – Das sollte ich in der Tat. Aber danke für die Klarstellung, dass formal gegen Bundesbank und Bundesregierung geklagt wird, obwohl es um die Politik der EZB geht. Meine Überlegungen werden dadurch aber nicht irrelevant.
Hallo Erich! Da stimmt ich dir absolut zu. Die EZB muss demokratisch legitimiert werden in ihren Entscheidungen und genau das ist beim ESM nicht passiert. Die demokratische Grundlage fehlt einfach. Genauso sieht und argumentiert es auch Degenhart und Co. Und ich sehe das genauso. Beste Grüße
@Marie,
die EZB soll ja gerade unabhängig von der Politik sein. Darum kann sie Entscheidungen, die eine große demokratische Legitimation brauchen, nicht fällen. Dann müssen andere zuständig sein.
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