Wirtschaftswurm-Blog

Zeitungskrise oder Journalismuskrise?

Journalisten

Zur Zeitungskrise gibt es nichts Neues. Der Fokus sollte also nun auf dem Journalismus im Internetzeitalter liegen. So ist der Einfluss von Google auf die Arbeitsbedingungen im Journalismus bislang zu wenig beachtet worden.

Über das Thema Journalismus im Internet-Zeitalter wurde schon viel diskutiert und doch ist es wohl noch immer nicht ausdiskutiert. Erst neulich fassten drei FAZ-Leute die Diskussion aus der Sicht von Zeitungsredakteuren zusammen. Medienblogger Thomas Knüwer kritisierte sie gleich darauf als „Zeitungsopas“, weil sie wenig Neues zu Tage gebracht haben. Aber was soll man davon halten, wenn der 45-jährige Knüwer den 33-jährigen Patrick Bernau Opa nennt? Midlife-Krise?

Richtig ist allerdings, dass die Analyse der FAZ sehr (zu sehr) auf die Zeitung fokussiert ist. Das Sterben der klassischen Papierzeitung ist aber wohl nicht mehr aufzuhalten. Das hat etwas mit veränderten Lebensgewohnheiten zu tun und natürlich auch damit, dass sich Nachrichten über das Netz viel schneller und billiger verbreiten lassen.

Journalisten brauchen darüber aber nicht zu lamentieren. Wie die FAZ selbst schreibt: der Medienkonsum insgesamt ist in den letzten Jahrzehnten weiter gestiegen. Es gibt auch nirgendwo Anzeichen, dass die Zahlungsbereitschaft der Leser für journalistische Inhalte zurückgegangen ist. Nur wird Zahlungsbereitschaft kaum abgerufen. Das liegt zum einen natürlich daran, dass die Verlage zu behäbig waren, nutzerfreundliche Bezahlmodelle zu entwickeln. Es liegt aber wohl noch mehr am verschärften Wettbewerb im Netz.

Denn die Krise des Journalismus ist auch eine Überproduktionskrise und eine des dadurch ausgelösten ruinösen Wettbewerbs. Man sieht’s an den Anzeigenpreisen. Die Plista-Anzeigen hier auf dem Wirtschaftswurm bringen im Durchschnitt 17 Cent pro Klick. Aber ab und zu gibt es auch Anzeigen, die bringen nur 2-3 Cent pro Klick. Das ist natürlich absolut lächerlich. Ich würde solche Billiganzeigen gerne abschalten und damit etwas zur Verknappung des Werberaums beitragen. Doch leider bietet Plista diese Option nicht.

Die meisten Verlage reagieren wohl sowieso auf Billiganzeigen genau umgekehrt: Wenn die einzelne Anzeige wenig einbringt, werden dafür umso mehr geschaltet. Mit der Folge, dass die Anzeigenpreise noch weiter einbrechen.Google-Logo

Kommen wir aber jetzt mal zu den Journalisten selbst. Was in der ganzen Diskussion meist untergeht ist doch, dass sich die Arbeitsweise der Journalisten durch das Internet radikal gewandelt hat. Google ist ja nicht nur ein Konkurrent für die Zeitungsseiten dadurch, dass viele Leute zuerst auf die Google-Seite gehen anstatt auf die Startseite von FAZ, Süddeutsche oder SPON. Google ist vor allem ein mächtiges Hilfsmittel der Recherche. Die Benutzung von Google ist inzwischen schon so selbstverständlich, dass sie in der ganzen Journalismusdebatte gar nicht mehr thematisiert wird.

Schön übrigens die Forderung von Frank Lübberding (hier jetzt etwas aus dem Zusammenhang gerissen):

„[Dann] müssen etwa Journalisten nicht mehr nur im Internet Suchbegriffe eingeben, sondern tatsächlich wieder recherchieren. Freiheit ist kein Recht auf Faulheit.“

Genauso haben allerdings auch die Weber damals argumentiert, als der mechanische Webstuhl eingeführt wurde. „Weber sollten nicht mehr nur Maschinen bedienen, sondern tatsächlich wieder weben.“ Nun ja, die Geschichte ist über dieses Argument einfach hinweggegangen. So wird es auch Lübberding ergehen. Ohne Google hätte ich sein Zitat, wenn überhaupt, höchstens nach stundenlanger Recherche in Archiven wiedergefunden. Mit Google hat es etwa eine Minute gedauert.

Der Effizienzgewinn von Suchmaschinen ist also frappierend. Doch wie nutzen die Medienhäuser diesen Effizienzgewinn? Theoretisch gibt es drei Möglichkeiten:

  1. Sie entlassen Journalisten, da ein einziger ja nun viel mehr leisten kann.
  2. Sie erhöhen die Produktion, also mehr Artikel, Videos usw.
  3. Sie erhöhen die Qualität, also mehr Recherchetiefe.

Die etablierten Medienhäuser reagieren hauptsächlich durch Punkt 1. Neue Online-Konkurrenten mit neuen Formaten (Blogs und Ähnliches) sorgen gleichzeitig für Punkt 2 und heizen damit die Überproduktion an. Nur für Punkt 3, da gibt es keine Anzeichen.

Vielleicht ist auch das das Problem der Journalisten?

Foto (von Tobias Koch – ToKo): Journalisten anlässlich der weltbewegenden Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Hanau an Rudi Völler – als die Welt für sie noch in Ordnung war, 2002


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7 Kommentare

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  2. Hinweis zum Begriff Opas: Damit ironisiere ich die gleichlautende Betitelung meinerseits (und mehrerer anderer) durch einen Mitarbeiter der „FAZ“.

  3. Jens Rewelt sagt

    „[…] , dass viele Leute zuerst auf die Google-Seite gehen anstatt auf die Startseite von FAZ, Süddeutsche oder SPON.“

    Zu obigem Zitat fallen mir spontan drei Punkte ein:
    1. Ich würde gerne einmal eine Statistik sehen, welche diese Aussage belegt.
    2. Da google nur einen ‚Teaser‘ der tatsächlichen Nachricht bringt, sorgt es vermutlich eher für mehr Leser, denn ohne das Vorhandensein dieses Aggregators.
    3. Von mir auf Andere schließend will ich mal behaupten, dass News-Aggregatoren wie rivva.de oder Blogs mit Querverweisen auf interessante Artikel (ebenfalls Teaser) eine nicht zu unterschätzende Rolle als Wegweiser im Nachrichten-Dickicht bieten. Ob dies die Seitenaufrufe schmälert, wag ich doch mal stark zu bezweifeln.

  4. @Jens Rewelt,
    die Frage, wie das WWW ohne Suchmaschinen funktionieren würde, können wir glaube ich nicht (mehr) beantworten. Das WWW wäre natürlich insgesamt sehr viel weniger attraktiv. Von dem kleineren Kuchen würden allerdings bekannte Marken wie z.B. FAZ einen größeren Anteil abbekommen. Denn woran sollte man sich ohne Suchmaschinen orientieren, wenn nicht an bekannten Marken?

  5. Häschen sagt

    Das Netz ist der Dorftratsch der World Community.

    Die FAZ erinnert irgendwie als wendete sie sich an den Sterotyp – der strenge Deutsche Vater der die Künder prügelt wenn sie mit einer 2 im Zeugnis nach Hause kommen vor lauter Angst vor dem was ihm die FAZ suggeriert. Die Zeitung ist überladen mit Konkurrenz im Stile eines Elfenbeinturms. Zumindest heute.

    Heute funktioniert ein Fußballspiel ganz anders. Alle Schießen gemeinsam ein Tor, dann geben die Spieler den Ball beim Schiedsrichter ab und stellen gemeinsam das Tor wieder auf nachdem es gefallen war.

    Ich kenne die Zielgruppe der FAZ nicht. Ich vermute eher jene die Karriere machten oder glaubten eine zu machen und jetzt draufkamen, dass das Gelbe vom Ei selbst am Ende der Fahnenstange nicht zu finden ist. Denen kann man schwer Hoffnung geben die können bestenfalls nach unten schimpfen respektive Maßregeln. Das Gelbe vom Ei rinnt die Fahnenstange eben nicht rauf. Eher jene die im ersten im Absatz die mit dem 2er im Zeugnis heimkamen. Da ist möglw. ein wenig streng. Irgendwo die Feldpost in 1918 für die Soldaten KuK Monarchie im Stile vom Kaiser Friedrich.

    In einer globalisierten Welt ist die Information das ein Geißbock in Vietnam einen Kopfstand enorm spannend, da es eben nicht um Vietnam geht. Selbst wenn der Bock in Vietnam allein umfällt ist die Information gleichgewichtig wie die Worte eines Bayrischen Ministerpräsidenten. Wobei ich jetzt nicht unterstelle dass letztere jemals mehr hätten bewirkt.

    Mal von der exquisiten Anordnung der Menüpunkte in Menü – Politik – Erster Weltkrieg …. – Gegenwart abgesehen. Menschen – Kriminalität – Unglücke – Gesundheit – Familie – Jugend schreibt – 50 Plus.

    50 Plus kann man sich sparen. Das ist die Leserschaft. Und die Reihenfolge der Menüpunke repräsentiert eine gewisse Priorität. Im Kontext einer Zeitung – das Wesentliche oben.

    Die Anzeigen am Netz passen noch nicht mal zur Zeitung.

    Diese Zeitung sendet keine positiven Schwingungen aus. Das die Welt (nicht die Zeitung ist gemeint) schlecht ist wissen alle mittlerweile. Dass die Deutschen super sind wissen wir auch.

    Die FAZ punktet am Netz nicht über Zugang zur Information. Man macht ja nicht eine Liste mit alle Aktien und gibt das Ranking an. Man macht einfach eine Listen mit den 10 die gestiegen sind.

    Wenn jemand etwas such nimmt der Menschen die 3-4 Top gerankten Funde … das ist einfach so. Es hat einen guten Grund dass die ersten 3 im Sport auf einem Podest stehen und möglw. ein Vierter. Mehr will der Mensch nicht wirklich wissen. So ein Bild ist bspw… Information anders präsentiert. Dahinter der Ort der Austragung des Events und bekannten Gesichter der ersten 3. Kein Menschen interessiert wie die Gefahren sind … das schaut man sich im Fernsehen an.

    Mir schwebt da vor eine große Weltkarte mit gewissen Färbungen auf den Ländern. Überall wo es viele neue Informationen gibt oder auch urgente eine rote Färbung. Wir sind noch immer auf der Ebene Staaten – Land usw… Ich denke es macht Sinn sich zumindest mal auf Ebene von Norden Süden Osten Westen in kleinen Ländern zu begeben und in China bspw… auf die Ebene von Provinzen.

    Menschen zahlen nicht mehr für Information die zahlen für schnellen Zugriff. In einer Informationsgesellschaft ist Information gratis, da alle zugreifen können. Also kann man über den Zugriff punkten. Eine Suchmaschine ist eine Suchmaschine. Die ist auch an ihr Format gebunden.

    D.h. jetzt nicht, dass die FAZ schlecht gemacht wäre das überhaupt nicht. Meine Empfindung ist eine Subjektive. Ich bin auch kein Deutscher und schon gar nicht aus Frankfurt. Die Frage ist ob die Welt der FAZ zu groß ist. Korrespondenten aus anderen Ländern die Online Vorkommnisse aus deren Sicht beleuchten. Es ist heute möglw. Interessant wie jemand aus Südafrika Vorgänge in China beurteilt. Die Wiedergabe von Daten im ach so neuen Medium Internet ist seit 2005 nicht mehr der Heuler. Das lockt keinen mehr hinter dem Ofen hervor.

    Denke der Punkt Überproduktion ist ein Thema. Es genügte eine bedarfsgerechte aktuelle Überflussproduktion. Rund um den Globus gibt es immer etwas neues. Wenn einer am Abend schaut und News aus Indien liest, das kann spannend sein. Die Erfahrung hat bis heute keiner – den Blickwinkel von anderen Kulturen auf aktuelle Ereignisse. Das interessiert vermutlich nicht die Schäferhunde und sondern die anderen.

    In Wien sind die Fiacker auch ausgestorben und jetzt fährt das Taxi mit GPS und keiner weiß wohin so genau aber irgendwie geht es trotzdem.

  6. Heiner sagt

    Bei allem Respekt, aber das ist wirklich einfach dumm. Ich will mal sehen, wie jemand sich die ganzen Informationen, die man täglich aus dem exzellenten Korrespondenten-Netz der FAZ erhält, an einen Tag zusammengooglet (vor allem wenn er nicht als Journalist arbeitet!). Es ist Fakt, dass FAZ-Korrespondenten, genauso wie die Journalisten der SZ usw, Nerds waren und sind, bevor es Nerds gab; wenige können aus dem Stegreif derartig viel über die Türkei und den Nahen Osten informieren wie Rainer Herrman. Die Leute reißen sich täglich den Arsch auf, um Dinge, die tatsächlich passiert sind, zusammen zu tragen und zu erklären, was das bedeutet; und ein Thomas Knüwer kann das nur in langweilig geschriebenen Blogs niedermachen, ich verstehe sowieso nicht, wie die Leser von Blogs diese miese Schreibe mitmachen können, aber bei nahezu perfekt geschriebene Zeitungsstücken im dritten Bein aussteigen.
    Dass die Google-Maske kein Tor zur Aufklärung ist, beweisen die Besucher der Mährholz-Mahnwachen.
    Dass Bernau et al sich nicht mit den neuen Formen von Journalismus auseinandersetzen, ist ein klares Manko.

  7. @Heiner,
    Google ist ein exzellentes Hilfsmittel, dass viele Recherchearbeiten, die täglich im Journalismus anfallen, drastisch beschleunigt. Damit trägt Google zur Rationalisierung im Journalismus bei. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch der von dir geschätzte Rainer Herrman oft Google nutzt. Dass Googlen nicht alle Recherchearbeit ersetzen kann ist auch klar. Google kann auch keine Texte schreiben und keinen Kaffee kochen. Aber das ändert nichts an meiner Analyse.

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