Wirtschaftswurm-Blog

Jugendarbeitslosigkeit in Europa – Schlussfolgerungen aus der Datenanalyse

Jugendarbeitslosenquoten in Prozent der Arbeitslosenquoten Älterer

Halten wir die Ergebnisse der Datenanalyse aus meinem Beitrag „Jugendarbeitslosigkeit in Europa – Die Daten einmal gegen den Strich gebürstet“ fest und versuchen dann, einige Schlussfolgerungen zu ziehen.


Die Ergebnisse:

Die Jugendarbeitslosenquote (Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen) liegt in allen betrachteten Ländern und zu allen betrachteten Zeitpunkten über der Arbeitslosenquote der 25-74-Jährigen.

Der Quotient zwischen der Jugendarbeitslosenquote und der Arbeitslosenquote der Älteren verändert sich im Zeitverlauf nur wenig. Insbesondere scheint dieses Verhältnis relativ unabhängig zu sein von der konjunkturellen Situation.

Der Quotient zwischen der Jugendarbeitslosenquote und der Arbeitslosenquote der Älteren ist dagegen stark abhängig vom Land. So ist z.B. in Deutschland die Jugendarbeitslosenquote im mehrjährigen Durchschnitt etwa 1,5-mal höher als die Arbeitslosenquote Älterer, in Italien aber 3,9-mal höher.

Die Schlussfolgerungen:

Der britische „The Economist“ schreibt in seinem Artikel, die Rezession sei der Hauptgrund für den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Das stimmt. Aber der Anstieg während der Rezession ist nur ein Grund für das Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit. Ein weiterer Grund ist der hohe Level der Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern der EU auch schon bei guter Konjunktur.

„The Economist“ schreibt ferner: „Zyklische Arbeitslosigkeit kann sich verfestigen.“ Das gilt aber nur individuell. Wer einmal über längere Zeit arbeitslos war, behält für sehr lange Zeit einen Makel auf dem Arbeitsmarkt. Für Volkswirtschaften als ganzes gilt das nicht. Die Jugendarbeitslosigkeit steigt zwar stärker, wenn die Arbeitslosigkeit Älterer steigt, aber sie sinkt auch wieder stärker, wenn die Älterer sinkt.

Jugendliche sind als Outsider auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, denn ihre Arbeitslosenquote ist höher. (Zur Insider-Outsider-Problematik: „Jugendarbeitslosigkeit in Europa – Teil I.) Offensichtlich werden Jugendliche aber nicht stärker als Arbeitslose benachteiligt, denn ihre Arbeitslosenquote sinkt im Aufschwung relativ gesehen genauso schnell wie die der Älteren.

Wie stark Jugendliche benachteiligt werden, hängt von den Rahmenbedingungen ab, die von Land zu Land unterschiedlich sind. Die Schreiber des „Economist“ glauben, die deutsche Wirtschaftsstruktur begünstige die Beschäftigung von Jugendlichen besonders. Eine Begründung liefern sie aber nicht. Hier scheint mir darum ein dickes Fragezeichen angebracht.

Stattdessem ist es naheliegend, in diesem Zusammenhang das deutsche duale Ausbildungssystem hervorzuheben. Drei Vorzüge lassen sich feststellen:

  • Durch die Ausbildung werden die Jugendlichen früh zu bevorzugten Insidern im Betrieb.
  • Die Ausbildung vermittelt Branchenkenntnisse. Ein Outsider mit Branchenkenntnissen ist aber schon kein totaler Outsider mehr.
  • Die Ausbildungsgehälter sind gering. Dadurch fällt es Unternehmen leicht, Outsider einzustellen.

Ob allerdings das deutsche Ausbildungssystem leicht auf andere Staaten mit anderen Rahmenbedingungen übertragbar ist, das ist eine Frage, die der „Economist“ zurecht aufwirft.


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3 Kommentare

  1. Pingback: Kleine Presseschau vom 26. Juli 2013 | Die Börsenblogger

  2. Das duale Ausbildungssystem hat schon manche Anfeindungen erlebt und zu recht überlebt. Heutzutage muss man sagen, dass ein frühzeitiger Eintritt in ein Unternehmen und ein – optionales Studium – bzw. Weiterbildung parallel zum Job die derzeit besten Voraussetzung einer beruflichen Karriere bieten.

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