Wirtschaftswurm-Blog

„Geordneter“ Ausstieg aus der Eurozone? – Die politische Seite

Sollte Deutschland aus der Eurozone aussteigen, wie es die „Alternative für Deutschland“ (AfD) fordert, wird das wohl nicht ganz so reibungslos ablaufen, wie das die Eurogegner darstellen. Trotzdem kein Grund, den Euroaustritt zu scheuen.

Mit der Gründung der neuen Partei „Alternative für Deutschland“ und ihrem ersten großen Parteitag ist das Thema eines deutschen Ausstiegs aus der Eurozone wieder in den Medien. Stammleser dieses Blogs und Leser meines E-Books „Die ersten drei Jahre Eurokrise“ werden sich nicht wundern, dass ich das gut finde.

Seit Beginn der Eurokrise bin ich dafür, dass Krisenländer aus der Eurozone ausscheiden. Seitdem EZB-Präsident Draghi erklärt hat, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen, bin ich dafür, dass am besten gleich Deutschland aus der Eurozone austritt („Deutschland ist nun verpflichtet, die Eurozone zu verlassen“).

Selbst George Soros und Wolfgang Münchau haben sich inzwischen die Forderung nach einem Euroaustritt Deutschlands zu eigen gemacht. Dabei teile ich übrigens ihre Analyse, dass mit Eurobonds die Währungsunion zu retten wäre. Der Preis eines Schuldensozialismus mithilfe von Eurobonds wäre allerdings für Europa und insbesondere für Deutschland langfristig gigantisch. Dann lieber weg mit dem Euro.

Bernd Lucke, VWL-Professor und einer der Vorstandssprecher der AfD

Bernd Lucke, VWL-Professor und einer der Vorstandssprecher der AfD

Doch wie „geordnet“ kann sich ein Ausstieg vollziehen? Betrachten wir zunächst die politische Seite. (Auf die wirtschaftliche werden ich in einem Folgeartikel zu sprechen kommen.)

Gegenüber dem WSJ Deutschland setzt Roland Vaubel, einer der Wirtschaftsprofessoren, die die AfD unterstützen, auf eine Verhandlungslösung. Zunächst soll ein Austritt aus der Eurozone in den EU-Verträgen abgesichert werden. Das ist auch die Linie, die AfD-Vorstandssprecher Lucke in Oberursel erläutert hat.

Die Eurozone ist kein optimaler Währungsraum, was auch heißt, dass die Währungsunion in der Summe mehr schadet als nutzt. Rein theoretisch sollte es darum möglich sein, eine Verhandlungslösung über einen Euroaustritt zu erreichen, mit der alle EU-Partner zufrieden sind. Praktisch spricht jedoch die „Tyrannei der Einstimmigkeit“ (Charles B. Blankart) in der EU dagegen. Mag die Regelung noch so unsinnig sein, meist gibt es einen, der von ihr profitiert. Und der kann eine Änderung blockieren. So ist es auch mit dem Euro.

Von der Währungsunion haben bis 2009 die Südländer sowie Irland massiv profitiert. Sie konnten große Summen Anlagegelder anlocken. Danach drehte sich die Lage. Deutschland wurde zum Krisengewinner. Doch auch diese Phase ist schon wieder vorbei. Deutschland profitiert zwar immer noch von den niedrigen Zinsen, seine Exporte leiden aber gleichzeitig durch den Wirtschaftseinbruch in den Südländern.

Die Schicht derjenigen, die noch vom Euro profitieren, ist nun in allen Ländern klein. Es sind diejenigen, die in den Südländern Finanzanlagen halten und die deren Abwertung bei einem Ende des Euros befürchten. Die Politik fügt sich aber ihrem Interesse.

Ohne Streit und Druck wird es darum nicht gehen. Das sieht auch Bernd Lucke. Er will die Auszahlung weiterer Hilfstranchen an die Krisenländer verweigern, bis man sich auf Ausstiegsklauseln geeinigt hat. Sachlich kann man das gut begründen, denn erst nach einem Ende der Währungsunion können die Krisenländer wieder dauerhaft Hoffnung schöpfen und damit auch ihre Geldgeber.

Ohne Streit und Druck geht übrigens auch die Eurorettung nicht. Der Vorteil des Euroaustritts wäre: Dieses Gezänk (das in der Tat gefährlich eskalieren kann) hätte irgendwann einmal ein Ende.

Trotzdem bleibt ein Widerspruch: Die Alternative für Deutschland hält Europa für unfähig, eine Währungsunion zu managen. Warum glaubt sie dann, Europa wäre fähig, das Ende einer Währungsunion zu managen?


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15 Kommentare

  1. Evelin Müller sagt

    Ich finde den Vorschlag von Herrn Prof. Wilhelm Hankel gut, den Euro so wie seinerzeit den Ecu als Verrechnungseinheit einzusetzen und jedes Land hätte seine eigene Währung in einem bestimmten Wechselkursverhältnis zum Euro/Ecu. Diese nationale Währung könnte dann – wenn nötig – auf- oder abgewertet werden. Außerdem fände ich es gut, die EZB zu „entmachten“, denn diese dürfte nur Euro/Ecu in diesem Wechselkursverhältnis ausgeben.
    Ich hoffe, dass ich dies so richtig verstanden habe.
    E.Müller

  2. http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/04/18/ratingagentur-deutschland-verliert-350-milliarden-euro-aus-target-2/comment-page-5/#comment-145103

    http://www.frank-schaeffler.de/

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/04/18/gauweiler-beschluss-zur-zypern-rettung-ist-glatt-rechtswidrig/comment-page-1/#comment-144879

    Ich kann Frau Müller in ihrem Kommentar nur zustimmen. Unsere Politiker sollten sich die Lösungsvorschläge bei den Professoren Hankel, Starbatty und Schachtschneider holen. Leider lässt die „alternativlose“ Politik unserer riesigen Einheitspartei das nicht zu. Die Opposition versagt ebenfalls auf ganzer Linie und hat diesen Namen nicht verdient. Unsere Politiker gehen in dem Wunsch auf, Deutschland in die Vereinigten Pleitestaaten Europas zu integrieren, egal ob die Bevölkerung das will oder nicht.
    Unsere Politiker sind Despoten und werden trotzdem durch Steuergeld alimentiert.

    Wieso nur denken immer mehr Menschen an die franz. Revolution???

  3. Pingback: 5 vor 10: Notenbanken, Euro-Ausstieg, Straßen, Grenzwert-Verdiener, Frauen | INSM Blog

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  6. Wirtschaftswurm sagt

    @Benjamin Thomas,
    dass die Argumentation unvollständig ist, akzeptiere ich, sonst hätte ich auch nicht mit einer Frage geendet. Ich hab’s ja angedeutet: Ich glaube nicht an eine Verhandlungslösung und wenn es eine Verhandlungslösung geben sollte (da stimme ich deinem Blogpost zu), dann nur zu einem hohen, inakzeptablen Preis. Darum sollte man mMn zwar verhandeln, aber die wesentlichen Schritte werden einseitig gemacht oder gar nicht.
    Im Übrigen geht es nicht darum, den Euroausstieg nur um Deutschland willen zu machen. Ökonomisch ist er im gesamteuropäischen Interesse.

  7. Selbst ökonomisch ist es aber nur dann im gesamteuropäischen Interesse, wenn es keine politischen Nebenkosten in anderen wirtschaftlich relevanten Integrationsbereichen geben würde. Und die Annahme kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Da ist es dann auch egal ob die wesentlichen Schritte einseitig vollführt werden oder nicht.

  8. Häschen sagt

    Eile mit Weile. Ich habe leider den Artikel nicht mehr gefunden. Diese Währungsunion ist ein Konstrukt aus den 60ern. Seit Dekaden wird rumgedoktert. 1971 ist die Währungsunion schon zu Grabe getragen worden … In welcher Form auch immer und als Zombie wieder ins Leben gerufen.

    Solange der EURO eine politische Bühne bietet steht er im Fokus. Der größte Schaden für den Euro an sich ist die politische Instrumentierung. Die nimmt jeder objektiv sinnvolleren Variante den Spielraum und jedem geordneten Übergang.

    Es hat mittlerweile an sich jeder geschnallt, dass die Verknappung des frei verfügbaren Gutes Geld eine ‚kriminelle‘ Machenschaft von Politik und Banken ist. Lohnverhandlung, Wachstumsphantasie, Arbeitspropaganda – Fieberträume
    http://www.youtube.com/watch?v=jmNpEOxoNVw
    (Fever Dreams – Hardline)

    Der Bevölkerung taugt eines nicht – wenn sie verarscht wird. Das ist in .de ganz offensichtlich. Es setzt ja keiner ein System so exakt auf … wie aus dem Lehrbuch. Man braucht allein nach .de reinschauen und man sieht die Schlechtigkeit der Welt zelebriert auf höchstem Niveau mit feinster Klinge.

    Möglw. liegt’s an der Hierarchie und der Größe, mich erinnert diese Brüssel Konstrukt an die Endzeit von Monarchien. Der Kaiser, der Kaiser – Der Euro, der Euro … Bad Ischel – Berlin.

    Die Bereitstellung einer ECU ähnlichen Infrastruktur, denn einen gemeinsamen Weg kann man freiwillig auch gehen. Das sog. ‚Deutsche Wesen‘ existiert ein in der Propaganda. Selbstbetrug in Berlin.

  9. Andreas sagt

    Sicher kann man die Zahlung von Hilfstranchen (die ja keine Geschenke, sondern Kredite sind) mit noch größerem Druck als ohnehin schon verbinden, also mit der Forderung nach einem „geordneten“ Euro-Austritt. Dass es ihn dann im Ergebnis in geordneter Form geben wird, ist aber eine Illusion.

    Zum ersten: In dem Moment, in dem der Euro-Austritt einzelner Staaten auf dem Verhandlungstisch liegt, werden diese sich nicht mehr refinanzieren können. Betroffene Staaten und Banken sind im gleichen Moment pleite. Der angedachte Drohmechanismus „Verweigerung von Hilfstranchen“ wird damit pulverisiert, denn das Ausmaß der notwendigen Hilfstranche würde im Moment der Ankündigung einer Verhandelbarkeit des Euro-Austritts so hoch werden, dass sie ohnehin niemals geleistet werden könnte.

    Zum zweiten: Jeder Übergang auf eine niedriger bewertete eigene Währung würde für die austretenden Staaten und ihre Unternehmen bedeuten, dass die in Euro bewerteten Schulden realistischerweise niemals mehr bezahlt werden können. Es käme zu einem massiven Default, der auch das Bankensystem der Kernstaaten sowie alle anderen Institutionen mit Forderungen an die Krisenstaaten – Bundesbank, EZB, einzelne Staaten – mit in den Abgrund reißen würde.

    Letztlich könnte der Euro-Austritt für die Krisenstaaten durchaus eher positive Wirkungen haben. Sie wären von heute auf morgen Wettbewerbsfähig und wären einen großen Teil ihrer Schuldenlast los – denn niemand wird sie zwingen können, diese bis zum Sankt Nimmerleinstag zurückzuzahlen. Der große Verlierer wäre Deutschland, das enorme Vermögenswerte abschreiben könnte und seine Wettbewerbsvorteile einbüßen würde. So argumentieren ja auch in gewollt zynischer Weise Soros und Münchau: Wer nicht lösen will, muss fühlen.

    Die im Grunde nur aus ideologischen Argumenten abgelehnten Eurobonds, die uns im Verhältnis zu einem Euro-Zusammenbruch beinahe nichts kosten würden, scheinen mir da die bessere Lösung zu sein. Sie lassen offen, ob wir jemals für die Schulden anderer Staaten zahlen müssen. Ein Euro-Austritt hingegen wird mit Gewissheit massive Forderungsausfälle nach sich ziehen.

  10. Pingback: „Geordneter“ Ausstieg aus der Eurozone? – Die wirtschaftliche Seite | Wirtschaftswurm

  11. Wirtschaftswurm sagt

    @Andreas,
    ich stimme dir sogar in vielen Punkten zu. Die heilende Wirkung einer Abwertung wird aber in der öffentlichen Diskussion völlig unterschätzt. Im Gegenzug werden unsere Forderungen an die Südschiene überschätzt, vieles davon werden wir sowieso nie eintreiben können. Ich schlage aber vor, die Diskussion bei meinem aktuellen Artikel weiterzuführen.

  12. Andreas sagt

    @Wirtschaftswurm
    Da wollte ich eigentlich auch hin. Kannst Du meinen Eintrag zum aktuellen Artikel verschieben?

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