Analyse

Die geplante europäische Einlagensicherung – Zum Schaden oder zum Nutzen der deutschen Sparer? (Teil 2)

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In Teil 1 dieses Artikels habe ich das bisherige deutsche Einlagensicherungssystem beschrieben und die Änderungen, die die EU-Kommission im Rahmen der europäischen Vergemeinschaftung plant.  Doch was ist von den Kommissionsplänen zu halten? Gibt es nennenswerte Vorteile durch eine Risikoteilung auf europäischer Ebene oder geht es nur um eine Umverteilung zu Lasten der deutschen Sparer? Kann man nicht manches, was nun europäisch vergemeinschaftet werden soll, besser dem Wettbewerb verschiedener Einlagensicherungssysteme überlassen?

Risikoteilung durch Vergemeinschaftung?

Der Hauptvorteil einer vergemeinschafteten Einlagensicherung liegt in der Risikoteilung. Eine einzelne Bankenpleite wiegt nicht so schwer für ein Sicherungssystem, je größer es ist. Ein vergemeinschaftetes Sicherungssystem schafft so zusätzliches Vertrauen. Das wiederum kann helfen, einen spekulativen Bankensturm erst gar nicht entstehen zu lassen. Uwe Vollmer im Blog „Wirtschaftliche Freiheit“ argumentiert beispielsweise so.

Falls Vollmer recht hat, wird ein europäisches Einlagensicherungssystem zumindest in Einzelfällen Notfallkredite (ELAs) der EZB oder den Einsatz von Eurorettungsschirm-Mitteln zur Bankenstützung überflüssig machen. Dann übernimmt das europäische Einlagensicherungssystem EDIS nur Risiken, die bereits vergemeinschaftet sind.

Zumindest die Euro-Rettungsschirme und der ebenfalls bereits im Aufbau befindliche gemeinsame Bankenabwicklungsfonds kommen allerdings erst nachrangig zum Einsatz. So hat der Bankenabwicklungsfonds Anspruch auf Zahlungen aus dem Einlagensicherungssystem, wenn er eine Bank vor einer Pleite bewahrt. Solche Ausgleichszahlungen kommen nach den Plänen der Kommission künftig von EDIS statt von nationalen Sicherungssystemen. Die Vergemeinschaftung setzt damit eine Stufe früher ein.

Und da müssen wir uns klar machen: Wir reden hier über Risiken von etwa 900 Milliarden Euro. Auf diese Summe belaufen sich die faulen Kredite der Banken der Eurozone. Und der größte Teil davon betrifft südeuropäische Banken, nicht deutsche.

Das segensreiche Prinzip der Risikoteilung wirkt auch nur dann, wenn die einzelnen Risiken unabhängig voneinander sind. Treten die Risiken dagegen gehäuft auf, bringt es überhaupt nichts, die Haftung für sie in größeren Systemen zu sammeln. Die Erfahrungen der Finanzkrise 2008/09 zeigen aber, dass das Risiko von Bankpleiten extrem gehäuft auftreten kann.

Das spricht zunächst stark gegen die Wirksamkeit nationaler Einlagensicherungssysteme, aber es spricht auch nicht dafür, dass durch eine Vergemeinschaftung in der Eurozone viel gewonnen wäre. Die Korrelation der Bankenrisiken ist auf europäischer Ebene nicht viel geringer.

Wettbewerb unter statt Regulierung von Einlagensicherungssystemen

Es bleibt dabei, dass wir uns nicht allzu viel von der Einlagensicherung versprechen sollten. Andere Ansätze wie schärfere Eigenkapitalvorschriften für Banken wären viel wirksamer. Das macht es fragwürdig, dass die Europäische Kommission so viel Regulierungsenergie auf das Thema Einlagensicherung verwendet. Wahrscheinlich geht es wirklich nur um die damit verbundene Umverteilung von Nord- nach Südeuropa. Das gibt selbst Wolfgang Münchau als Hauptgrund an.

Dagegen spricht einiges für die Idee von Gérard Bökenkamp, das Problem der Einlagensicherung dem Wettbewerb zu überlassen. Gewisse Mindestanforderungen muss man dabei durchaus einheitlich festlegen. Das betrifft auch den Kapitalstock der Sicherungssysteme. Ziel einer Regulierung muss aber ausschließlich der Schutz von Kleinanlegern sein, die nicht in der Lage sind, die Risiken bei einzelnen Banken adäquat abzuschätzen.

Die Ausgestaltung anderer Aspekte des Einlagensicherungssystems kann man dagegen gut dem Wettbewerb überlassen. Das betrifft insbesondere die Festlegung der Prämien nach dem individuellen Risiko einer Bank. Auch EDIS soll das bankenspezifische Risiko berücksichtigen. Es ist aber fraglich, dass dies in einem Regulierungsprozess, der verschiedene nationale Interessen ausgleichen muss, gelingt.

Gérard Bökenkamp scheint hauptsächlich einen Wettbewerb auf nationaler Ebene im Blick zu haben. Doch meiner Meinung nach sollte jede Bank unabhängig von ihrem Standort und ihrer Rechtsform frei sein, jedem Sicherungssystem, das den Mindestanforderungen genügt, beizutreten.

In einem solchen Wettbewerb hätten vielleicht private Versicherungskonzerne die besseren Karten gegenüber spezialisierten Einlagensicherungsfonds. Sie könnten nämlich in der Tat das Risiko von Bankenpleiten mit gänzlich davon unabhängigen anderen Risiken, z.B. denen von Elementarschäden, ausgleichen.

Geh nicht ohne Gruß, empfiehl bitte den Beitrag weiter!

Foto (von Dirk Ingo Franke):Geldautomat im Berliner U-Bahn-Bahnhof Möckernbrücke


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5 Kommentare

  1. Pingback: Die geplante europäische Einlagensicherung – Zum Schaden oder zum Nutzen der deutschen Sparer? | Wirtschaftswurm

  2. Man bekommt ja nicht mal ein Atomkraftwerk ordentlich versichert, wie soll das dann bei der Deutschen Bank aussehen?

  3. Wenn die Deutsche Bank zu groß für eine Einlagensicherung ist, dann muss sie sich eben verkleinern. Damit hätte man dann gleich zwei Probleme mit einer Klappe erschlagen. Da sieht man mal wieder, wie effizient Marktwirtschaft sein kann.

  4. Ein marktfernes Regulierungselement (Einlagensicherungszwang) soll die Effizienz der Marktwirtschaft verdeutlichen?

  5. Mindeststandards sind manchmal notwendig, damit der Markt seine ganze Arbeit tun kann. Als Ordoliberaler hab ich damit überhaupt kein Problem.

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