Wirtschaftswurm-Blog

Mal etwas Optimismus in der Eurokrise

Die letzten Wirtschaftsprognosen der Europäischen Kommission vom letzten Herbst kann man als optimistisch bezeichnen. Doch es spricht meiner Meinung nach einiges dafür, dass im Gegensatz zu bisher nun die Optimisten recht behalten.

Konkret glaubt die Europäische Kommission an ein Wirtschaftswachstum in der Eurozone von 0,1% in diesem Jahr und von 1,4% im nächsten Jahr. Die OECD ist leicht pessimistischer: -0,1% dieses Jahr, 1,3% nächstes Jahr. Für diejenigen, die es interessiert, habe ich zudem die Prognosen für wichtige Einzelländer herausgesucht:

Staat Prognose Kommission 2013 Prognose Kommission 2014 Prognose OECD 2013 Prognose OECD 2014
Belgien +0,7% +1,6% +0,5% +1,6%
Deutschland +0,8% +2,0% +0,6% +1,9%
Finnland +0,8% +1,3% +1,1% +2,2%
Frankreich +0,4% +1,2% +0,3% +1,3%
Griechenland -4,2% +0,6% -4,5% -1,3%
Irland +1,1% +2,2% +1,3% +2,2%
Italien -0,5% +0,8% -1,0% +0,6%
Niederlande +0,3% +1,4% +0,2% +1,5%
Österreich +0,9% +2,1% +0,8% +1,8%
Portugal -1,0% +0,8% -1,8% +0,9%
Slowakei +2,0% +3,0% +2,0% +3,4%
Spanien -1,4% +0,8% -1,4% +0,5%

Tatsächlich deuten inzwischen einige Frühindikatoren an, dass die augenblickliche Rezession in einigen Eurostaaten schon wieder zu Ende geht. Mit den Frühindikatoren meine ich nicht die angeblich gesunkene Arbeitslosenquote in Griechenland. Die Arbeitslosenquote ist nämlich ein Spätindikator und es grenzte schon an ein Wunder, wenn sich eine wirtschaftliche Besserung in der Arbeitslosenstatistik als erstes zeigte. Wie das Blog Querschüsse weiß, sank die griechische Arbeitslosenquote lediglich durch einen neuen statistischen Trick der Griechen.

Aber echte Frühindikatoren wie der der OECD senden ebenfalls positive Signale genauso wie die Börsen. Und ich glaube, dass sie die Entwicklung richtig anzeigen. Ich gebe zu, ich habe hier keine ausgetüftelten makroökonomischen Modelle zur Hand, mit denen ich das begründen kann. Aber das ist vielleicht ganz gut so. Eine begründete Intuition ist manchmal besser. Und meine begründet sich wie folgt:

Wirtschaft bewegt sich in Wellen. Sie ist ein ständiges Auf und Ab. Rezessionen sind meist kurz. Ein Rückgang der Wirtschaftsleistung über sechs Jahre, wie sie Griechenland zur Zeit erlebt, ist absolut außergewöhnlich. Nur ein Totalversagen der Politik zusammen mit tiefgehenden strukturellen Problemen kann das bewirken. Aber irgendwann ist auch in Griechenland der Punkt erreicht, an dem selbst das unsinnige Festhalten am Euro das Anrollen des Wellenbergs nicht verhindern kann.

Eine endlose-Abwärtsspirale, wie sie in keynesianischen Modellen möglich ist, gibt es in der Realität nicht. Jeder Abwärtsschwung läuft mal aus und die stabilisierenden Kräfte einer Marktwirtschaft kommen zum Tragen. Eine stabilisierende Kraft ist z.B. die menschliche Psychologie. Der Mensch (sofern noch geistig gesund) kann meiner Meinung nach nicht dauerhaft in Pessimismus verharren. Irgendwann kommt der Punkt, an dem selbst die Politiker mit ihren hohlen Aufrufe zu Zuversicht es nicht mehr behindern können, dass sich Hoffnung ausbreitet.

Vielleicht ist die Quasi-Falschmeldung zur sinkenden Arbeitslosigkeit in Griechenland nur der Sehnsucht geschuldet, endlich optimistisch sein zu können. Dann wäre sie doch ein Indikator für einen kommenden Wirtschaftsaufschwung.

Ich glaube also, dass bei Ländern wie Griechenland und Portugal, die schon länger in der Rezession sind, ein Aufschwung bald bevorsteht. Pessimistisch bin ich dagegen für Frankreich, bei dem die Krise erst beginnt. In Italien hängt vieles von der politischen Entwicklung der nächsten Monate ab.

Den Aufschwung wird es geben, obwohl grundlegende strukturelle Probleme der Defizitländer nicht gelöst sind. Und darum (hier endet mein Optimismus schon wieder) wird er keine dauerhafte Wende zum besseren einleiten. Abhängig von der Politik der EZB kann er in eine Inflation oder in eine neue Rezession münden. Nicht unwahrscheinlich auch, das man beides zusammen bekommt: Stagflation.


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10 Kommentare

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  2. Häschen sagt

    Danke für die Infos…

    Herr Wurm sie sind ein Optimist. Ok, sie sind ein halber Optimist, aber keine Sorge es wächst schon wieder nach, aber so wie vorher wird es nicht.

    Das was wir da sehen ist im modernen Ökonomen Deutsch eher eine Depression. in Mitteleuropa auf sehr hohem Niveau. In Österreich würden wir sagen , ‚lowalad‘ (lauwarm). Schmeckt nach nix und aufmunternd bei der Morgendusche ist etwas anderes.

    Stagflation respektive die Deflation ist sowieso schon da in Teilbereichen. Krisen hat es früher auch gegeben.

    Die Phillips-Kurve ist für Leut die Geodreiecke spannend finden … kränken sie sich nicht, dass sie kein Modell bei der Hand haben. So spannend sind die Modelle nicht. Das ist was für die Opas beim IWF, die haben sich etwas verrechnet bei einem Parameter und nachher ist ihnen das Monokel runtergefallen auf den Schreibtisch, wie dem interessierten Leser des Papers die Schuppen von den Augen. Die Prognose in die Zukunft ist hart, da das Gedächtnis nur rückwärts funktioniert.

    Es ist ja alles sehr dynamisch …

    http://www.wifo.ac.at/wwa/downloadController/displayDbDoc.htm?item=MB_2008_02_04_VERKETTUNGSVERFAHREN_VGR$_SHOW.HTM

    Ich habe nicht nachgerechnet, aber offensichtlich darf sich nicht allzuviel ändern an der Wirtschaftsstruktur usw … es darf sich ja auch jedes Land seine Methode aussuchen, erinnere ich mich mal gelesen zu haben … usw… – schauen wir mal was kommt.

    Aber dass die Menschen von der Krise nix mehr wissen wollen, das glaube ich gleich, für die meisten fand sie nicht wirklich statt. Das die Optionenlage bescheiden ist, das ist den wenigsten wieder klar … die spanischen Arbeitslosen sind unsere Arbeitslosen, das ist so im EURO Raum. Das ist den wenigsten so wirklich bewusst … Der Herr Schäuble hat das mal sinnesgleich gesagt, ‚Wenn jeder vor seiner Türe kehrt ist am Schluss alles sauber‘. Das ist wahr.

    Heute lässt man aber kehren und schickt die Rechnung. Wie soll es anders sein in der Dienstleistungsgesellschaft. In einer traditionell Liberalen Ordnung nimmt man einen Besen, kehrt den Mist auf den Gang und macht die Türe zu … kein Modell ist perfekt, aber die Wohnung hat man zumindest selbst gereinigt, das ist billiger – genutzte ‚Freizeit‘.

    So jetzt schauen wir mal wie der Franziskus der Austertiy Papst aus- und dreinschaut. Ob sicher der so wirklich freut. ‚Der neue Direktor der Vatikanbank‘. Der wird möglw. einen Ablasshandel vorschlagen – Inflationierung der Schulden. Die ist möglw. in der OECD Studie schon mitgerechnet…

  3. Pingback: 5 vor 10: Mindestlohn, Banken, Aufschwung, Energiewende, Methangas | INSM Blog

  4. popper sagt

    Das ist kein begründeter Optimismus, sondern ominöser Blödsinn. Wenn man derart einfältig daherredet, arbeitet man nicht nur daran, dass das ökonomische Wissen in Deutschland unter den Menschen weiterhin derart mies ist, man tut alles dafür, dass es weiterhin so bleibt. Wer heute noch an Wellenbewegungen, an die Selbststabilisierung oder einen nach Gleichgewicht strebenden Markt glaubt, der ist aus seiner ideologischen Verblendung nicht mehr oder nur sehr schwer zu befreien. Auch die Einschätzung, Griechen und andere würden sich ihrer Schulden durch Inflation entledigen, ist grottenschlecht falsch. Das würde ja bedeuten, dass die Gläubiger der Kapitalseite auf ihren Forderungen sitzen bleiben müssten. Nun erleben wir seit 3 Jahren, dass genau das Gegenteil passiert. Die Geldgeber forcieren die Verschuldung der Länder, indem sie das weggekürzte Geld in den Ländern einsammeln, um weitere Profite zu machen. Da helfen auch keine Frohbotschaften des neoliberalen Think Thank OECD.

  5. Wirtschaftswurm sagt

    „Auch die Einschätzung, Griechen und andere würden sich ihrer Schulden durch Inflation entledigen, ist grottenschlecht falsch.“ – Hab ich das irgendwo geschrieben?

  6. Pingback: Kleine Presseschau vom 14. März 2013 | Die Börsenblogger

  7. Warum nimmst Du denn die Herbstprognose der EU-Kommission Stand (19.10.2012) und nicht die Winterprognose (Stand 15.02.2013)? In letzterer geht die Kommission von -0,3% für dieses Jahr im Euro-Raum aus… z.B. wurde Italien von -0,5% auf -1,0% nach unten revidiert oder Portugal von -1,0% auf -1,9% und Griechenland von -4,2% auf -4,4%…

    Für Italien würde ich vermuten, dass es in der Frühjahrsprognose noch weiter runtergehen wird: Solange Haushalte und Unternehmen (zusammen mit dem Staat) wegen der Kreditklemme ihre Schulden abbauen müssen, gibt es keine neuen Darlehen für neue Investitionen und damit auch kein Wachstum…

  8. Da bist Du aber optimistisch. Deine Übersicht beruht offenbar aus Zahlen vom Herbst, doch mittlerweile gibt es neuere Schätzungen aus Brüssel, und die sehen wieder schlechter aus. Zudem ist die Industrieproduktion im Januar in Deutschland und Finnland zurückgegangen, die Niederlande stecken in einer tiefen Krise. Damit fallen die drei angebliche Zugpferde der Eurozone aus. Zudem: woher soll eigentlich der plötzliche Aufschwung kommen? In UK fürchtet man schon den „triple dip“… http://lostineu.eu/realitatsverlust/

  9. Wirtschaftswurm sagt

    „Warum nimmst Du denn die Herbstprognose der EU-Kommission Stand (19.10.2012) und nicht die Winterprognose (Stand 15.02.2013)?“ – Gute Frage

  10. Werdt sagt

    “ Ich gebe zu, ich habe hier keine ausgetüftelten makroökonomischen Modelle zur Hand, mit denen ich das begründen kann.“

    Es ist auch gut kein Standard-Modell zu benutzen. Immerhin basiert die Neoklassik auf der Annahme, dass ein Homo oeconomicus auch ein Homo omnisciens ist.

    Dass unsere Ökonomen sich nicht daran stören, dass jeder Mensch, der nach seinen größtmöglichen Nutzen strebt (Homo oeconomicus), zugleich in ihren Modellen ALLWISSEND und IMMER die RICHTIGE Entscheidung trifft, selbst wenn die Folgen zwanzig Jahre in die Zukunft reichen (Homo omnisciens), sagt einiges über deren intellektuellen Fähigkeiten aus.

    Klar, wenn jeder Mensch immer richtig handelt und in die Zukunft schauen kann, dann leben wir sicherlich in einem Marktgleichgewicht sprich in der besten aller besten Welten.

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