Wirtschaftswurm-Blog

Finale der Ökononomenblogparade zur Frauenquote

Die Frauenquote, ein heiß diskutiertes Thema. Das merkte man auch bei der Ökonomen-Blogparade. Sieben Beiträge von sechs Bloggern beschäftigten sich mit der Quote.

Ich beginne einmal ganz unhöflich mit meinem eigenen Beitrag, einem Vergleich zwischen der Forderung der Wirtschaftsfeministen nach Frauenquoten und nationalsozialistischen Forderungen nach „Lebensraum“. Tatsächlich konnte ich einige Parallelen zwischen beidem feststellen:

  • Es geht bei beiden um die Verteilung von Erwerbschancen nach Quoten.
  • Im Blickpunkt der Quoten steht nicht der individuelle Mensch, sondern seine Zugehörigkeit zu einem angenommenen Kollektiv (die beiden Geschlechter bei der Frauenquote, Rasse oder Nation beim Lebensraumgedanken).
  • Tatsächlich sind die Erwerbschancen, die verteilt werden, für die große Mehrheit der angeblich Begünstigten irrelevant. Das gilt für Vorstandsposten genauso wie für landwirtschaftlichen Grund und Boden.
  • Diese tatsächliche Irrelevanz wird durch ideologische Konstruktionen kaschiert. Hierzu gehört auch, dass man Menschen, die nicht in die Ideologie passen, an den Rand drängt. Bei den Wirtschaftsfeministen sind es die Hausfrauen, weil sie für sich eine Karriere ausschließen, bei den Nationalsozialisten sind es die Juden, weil sie (angeblich) nicht landwirtschaftlich arbeiten wollen.

Nun, der Wirtschaftsphilosoph verneint in seiner Erwiderung, Frauenquote und Lebensraumideologie hätten etwas gemeinsam. Aber da er meine Tatsachen nicht bestreitet, meint er wohl eher, die von mir festgestellten Parallelen seien rein zufällig und irrelevant.

Für den Wirtschaftsphilosoph spricht, dass die Wirtschaftsfeministen von den barbarischen Methoden, mit denen die Nationalsozialisten ihre Ideen umzusetzen versuchten, bisher weit entfernt sind. Und trotzdem mag mein Vergleich nicht ganz sinnlos sein. Ich prangere damit den Kollektivismus des Quotendenkens an und auch seine mangelnde Rechtsstaatlichkeit. Denn Rechtsstaatlichkeit beruht immer auf einer möglichst großen Würdigung der individuellen Umstände und damit auf dem Gegenteil von Kollektivismus. Mein Vergleich verdeutlicht zudem die Verengung des Wirtschaftsfeminismus auf das Lebensmodell Karriere und legt seine Intoleranz gegenüber abweichenden Wünschen und Vorstellungen bloß.

Dass viele Behauptungen von Quotenbefürwortern empirisch nicht haltbar sind, darauf weist Michael Klein in seinem Blogparaden-Beitrag hin. Das gilt etwa für die Vorstellung, Vorstands- oder Aufsichtsgremien mit Frauenquote würden bessere Entscheidungen fällen. Vor allem interessant sein Hinweis, dass bereits jetzt (ohne formale Frauenquote) die Frauen in Aufsichtsräten deutlich geringere Berufserfahrung und deutlich geringere Qualifikationen haben als ihre männlichen Kollegen. Falls jemand diskriminiert wird, dann müssen das folglich erfahrene, qualifizierte Männer sein.

Trotz einiger Bedenken hegt Chronokrator Sympathien für die Frauenquote. Seine beiden Hauptargumente finde ich allerdings bemerkenswert schwach. Wenn es nur darum geht, dass wir Frauen in leitenden Positionen als Vorbilder für andere Frauen brauchen, dann haben wir die bereits ohne Quote. Immerhin ist der Bundeskanzler im Moment eine Frau. Und warum brauchen wir Frauen, um Arbeitsplätze „frauenfreundlich“ zu gestalten? Männer sollten das genauso gut können.

„Der Hauptgrund, weshalb Frauen einen Nachteil bei der Suche eines Arbeitsplatzes und beim Aufstieg auf der Karriereleiter haben, ist nicht etwa das Frau-Sein. Es ist das Mutter-Sein beziehungsweise die Möglichkeit der Mutterwerdung.“

Das schreibt Maria Dorno in ihrem Beitrag im Theatrum Mundi. Sicherlich ist es eine ungerechte Diskriminierung, wenn Frauen, die nicht Mutter werden wollen, solche Ambitionen unterstellt werden. Von der Frauenquote, wie sie zur Zeit diskutiert wird, werden allerdings hauptsächlich nicht Mütter profitieren, sondern Frauen, die bewusst eigene Kinder zugunsten einer Karriere zurückgestellt haben. Überhaupt scheint mir nichts gewonnen, die eine Diskriminierung durch eine andere in Gestalt der Frauenquote zu ersetzen. Mehr Sympathien hege ich da für Mathias Taeges Vorschlag: anonymisierte Bewerbungen. Man sollte aber die Wirksamkeit dieses Instruments nicht überschätzen.


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7 Kommentare

  1. Guenni7 sagt

    Das wichtigste sagst Du eigentlich am Schluß: „Überhaupt scheint mir nichts gewonnen, die eine Diskriminierung durch eine andere in Gestalt der Frauenquote zu ersetzen.“
    Da würde man das Kind glatt mit dem Bade ausschütten.
    Wer feministische Vereinigungen allerdings einmal selbst besuchen durfte, weiß auch warum das so ist…

  2. „Von der Frauenquote, wie sie zur Zeit diskutiert wird, werden allerdings hauptsächlich nicht Mütter profitieren, sondern Frauen, die bewusst eigene Kinder zugunsten einer Karriere zurückgestellt haben. “ Gutes Argument! Kurzfristig sicher richtig, langfristig sicher nicht. Viel wichtiger als ein Quote auf Aufsichtsratsebene ist aber, dass in den Führungsetagen darunter jede(r) geschlechtsunabhängig gleichgestellt ist. Und dagegen spricht die Statistik im Moment Bände…

  3. Wirtschaftswurm sagt

    @Ela,
    „Und dagegen spricht die Statistik im Moment Bände…“ – Wenn du dich mal im Blog von Michael Klein (oben verlinkt) umschaust, findest du jede Menge empirische Studien über die Gründe, warum es mehr Männer im Spitzenmanagement gibt, nur die viel diskutierte Diskriminierung von Frauen findet sich nicht darunter. Auch ich habe übrigens mal über eine empirische Studie zur gläsernen Decke hier im Blog geschrieben.

  4. Ich habe jetzt nicht alle weiterverweisenden Links von M. Klein durchgeschaut, aber sein zitierter Blogartikel bezieht sich im Wesentlichen auf Frauen in Aufsichträten. Und da fehlt eben der Unterbau. Solange man nicht die These vertritt, dass Frauen sowieo nicht in Führungspositionen wollen (dann ist die ganze Diskussion hinfällig), muss man sich fragen: was führt dazu, dass Frauen in fast allen Führungsebenen unterrepräsentiert sind.
    In Deinem zitierten Blogartikel lieferst Du eine mögliche Antwort: Wenn die Führungskultur bei uns vor allem auf Wettbewerbsdenken, Durchsetzungsstärke und Vernetzungsstärke aufgebaut ist, schließt dieses System all jene Führungskräfte (auch männliche) aus, die mit anderen Führungsqulitäten vielleicht sogar langfristig erfolgreicher führen könnten. Aber sie kommen nicht durch, weil die Eingangsvoraussetzungen so geformt wurden.
    These von mir, analog dazu: Mit wenigen Ausnahmen schaft es nicht der fachlich beste Politiker an die Spitze, sondern der mit den Qualitäten in Wettbewerbsdenken, Durchsetzungsstärke und Vernetzungsstärke. Das sind die Rahmenbedingungen (auch) in der Politikbranche. Nicht die fachliche Eignung. Wenn man daran etwas ändern will, muss man bottom-up anfangen, nicht top-down.

  5. Wirtschaftswurm sagt

    @Ela,
    ich kenne mich in Großorganisationen zu wenig aus, um ihre Führungskultur kritisieren zu können. Was jetzt allerdings die Politik anbetrifft, da bin ich mit ihrem Personal auch unzufrieden. Daran hat auch die Frauenquote, die es in den meisten Parteien ja gibt, nichts geändert.
    Man mag es meinem Blog heute kaum noch ansehen, aber ich war früher mal Mitglied bei den Grünen. Die Frauenquote bei den Grünen traf regelmäßig auf einen Mangel an qualifizierten Frauen. Das war übrigens auf lokaler Ebene noch stärker als auf Bundesebene. Vor diesem Hintergrund bot die Frauenquote den jeweils dominanten Männern eine willkommene Gelegenheit, ihnen genehme Frauen für Posten zu suchen, vorzuschlagen und durchzudrücken, und somit ernsthafte Konkurrenten auszuschalten.

  6. @Wirtschaftswurm
    Ich muss Dir leider weitgehend rechtgeben. Der Wert der Frauenquote liegt vor allem darin, dass überhaupt eine Initiative gestartet wird, statt nur zu reden. Es gäbe sicher bessere Mittel und Wege zu mehr Gleichstellung.

  7. Pia van Garten sagt

    Wenn man der Statistik glauben kann, werden die Führungspositionen im Osten Deutschlands eher von Frauen besetzt als im Westen: http://www.marktundmittelstand.de/nachrichten/strategie-personal/im-osten-mehr-chefinnen-als-im-westen/

    Ist das die Folge der Mentalität oder des Willens? oder beides? Ich denke, die Disharmonie zwischen dem Gesetzgeber und vielleicht dem Sozialsystem ist an allem Schuld. Manchmal wissen die Frauen selber nicht was sie wollen: Mutter sein oder Arbeiten (und das ist normal!) Gäbe es eine staatliche Gewährleistung für die Kinderbetreuung, wäre die ganze Diskussion nicht mehr aktuell…

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