Wirtschaftswurm-Blog

Finale der Ökonomenblogparade „Investitionsprogramme und Marshallpläne“

Baustelle Jena

Leider gab es nur zwei Beiträge zur Ökonomenblogparade im September. Dabei hat ihr Thema „Investitionsprogramme und Marshallpläne“ auch nach der Bundestagswahl nicht an Relevanz verloren. Immerhin stehen SPD und Grüne in Sondierungsgesprächen mit der Union. Und im Gegensatz zu ihren anderen Forderungen wie dem Schuldentilgungsfonds besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass ein Investitionsprogramm oder ein europäischer Marschallplan in einen Koalitionsvertrag aufgenommen wird. Das war zumindest die Einschätzung beim letzten „Ökonomen live“.

Wie viel Substanz ein solches Programm bzw. ein solcher Plan hat, wird aber durch einem Koalitionsvertrag nicht entschieden. Auch nicht, wie sinnvoll sie sind.

Beide Beiträge zur Blogparade, sowohl der von Alex Hummel als auch der von Alexander Dilger, sind sich einig, dass augenblicklich kein günstiger Zeitpunkt für ein neues Investitionsprogramm ist. So verweist Alex Hummel darauf, dass im Moment die deutsche Bauindustrie gut ausgelastet ist. Die Bauindustrie wartet also nicht unbedingt auf zusätzliche Aufträge. Sie kann sie darum zunächst nutzen, um die Preise zu erhöhen.

Auch in Südeuropa zeigt sich gerade nach langer Rezession wieder etwas Wirtschaftswachstum. Beginnt man jetzt mit der Planung eines europäischen Investitionsprogramms („Marshallplan“), so wird es wohl in Zeiten der Hochkonjunktur umgesetzt werden.

Nun sind allerdings die Pläne der SPD wie auch des DGB dauerhaft angelegt und nicht nur zum Konjunkturausgleich. So will die SPD mit ihrem Programm die Investitionsquote auf 20% heben. So hoch war die Quote auch 1999, während sie danach auf 17% gefallen ist. Darauf weist auch Alex Hummel in seinem Blogbeitrag hin: Sowohl der Anteil der Investitionen als auch der des Konsums am BIP sind in Deutschland gefallen. Gestiegen sind dagegen die Nettoexporte.

Nettoexporte, das ist der Anteil der Exporte, der die Importe übersteigt. Während nun die Importe entweder selbst für den Konsum oder die Investitionen verwendet werden, wird der Exportüberschuss im Ausland investiert. Bei den Auslandsinvestitionen haben aber die Deutschen kein glückliches Händchen. Alex Hummel weist auf einen DIW-Bericht hin, nach dem diese Investitionen seit Beginn des Jahrtausends überwiegend Verluste produziert haben.

Der deutsche Exportüberschuss ist in der Tat ein Ärgernis – zumindest in der gegenwärtig großen Höhe. Das effektivste Mittel dagegen wäre allerdings nicht ein Investitionsprogramm, sondern ein Austritt Deutschlands aus der Eurozone. Ein Marshallplan für Südeuropa würde übrigens tendenziell den deutschen Exportüberschuss noch vergrößern.

Es gibt auch keine ideale Investitionsquote. Ob 20% besser als 17% ist, hängt vor allem davon ab, in was investiert wird. Zuerst sollten die Ideen da sein, dann kann man sich darum kümmern, das Geld dafür zu beschaffen. Bei politisch motivierten Investitionsprogrammen ist es leider meist umgekehrt.

Nun kann man so argumentieren, wie Tilo Jung „jung und naiv“ in seinen Interviews: Die Zinsen seien so niedrig, da sei es doch dumm, dies nicht für schuldenfinanzierte Investitionsprogramme zu nutzen.

Was Jung allerdings verkennt: Die Zinsen werden künstlich durch die EZB niedriggehalten, um den südeuropäischen Krisenländern zu helfen. Die deutsche Wirtschaft bräuchte aber wohl ein Zinsniveau, das vielleicht 2 bis 3 Prozentpunkte höher wäre.

Ja, die Anreize, sich zu verschulden sind da, aber diese Anreize sind pervertiert.

Titelbild: Baustelle in Jena, Foto: ReneS


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3 Kommentare

  1. Florian Semle sagt

    Schade dass es so wenige Teilblogger zu dem Thema gab. Gibts eigentlich schon Pläne für weitere Blogparaden?

  2. Arne Kuster sagt

    Ich bin gerade dabei, für November eine zu planen. Vorschläge für Themen sind noch willkommen.

  3. OK danke. Ich habe gute Kontakte zu Schweizer Wirtschafts -und Finanzblogs. Ich frage mal nach, ob die sich mit Vorschlägen / Blogspots daran beteiligen wollen. Schönen Gruss

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