Wirtschaftswurm-Blog

Fernbusse: Das Dilemma der Marktliberalisierung

Wettbewerb ist gut, doch fairer Wettbewerb wäre besser. Eine Meinung zum liberalisierten Fernbusmarkt.

Bis Ende letzten Jahres waren Fernbuslinien innerhalb Deutschlands nicht erlaubt – nur in Richtung Berlin gab es historisch bedingt Ausnahmen. Nun sind sie möglich. Erforderlich ist allerdings ein Mindestabstand von 50 km zwischen den Haltestellen und eine amtliche Genehmigung.

Justus Haucap lobt im ÖkonomenBlog der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft die Liberalisierung des Fernbusmarktes. Und tatsächlich hat sie schon jetzt zu mehr Wettbewerb geführt. Bald wird es wohl über 160 Fernbuslinien geben.

Wettbewerb, das haben Ökonomen gelernt, ist gut. Er sorgt in der Regel für niedrigere Preise, bessere Qualität und Innovationen. Dass die Deutsche Bahn nun in allen ICE freies WLAN zum Standard machen will, führt Haucap auf den neuen Wettbewerb zurück. Die DB selbst würde dies allerdings bestreiten.

Ob Wettbewerb in der Summe wirklich gut ist, hängt allerdings von den Rahmenbedingungen ab. Schlecht kann es sein, wenn einzelne Wettbewerber vom Staat subventioniert werden. Dann kann es passieren, dass die subventionierten Anbieter bessere Anbieter niederkonkurrieren. Wenn die Guten weichen müssen, ist das zum Schaden der Kunden.

Im Falle des Fernbusmarktes drängt sich der Verdacht auf, dass der Wettbewerb durch Subventionen verzerrt wird. Denn Omnibusse werden auf verschiedene Weise bevorteilt:

  • Für einen Omnibus fällt keine Kraftfahrzeugsteuer an, wenn der Bus zu mehr als 50% im Linienbetrieb benutzt wird (§ 3 Punkt 6 des KraftStG). Für einen vergleichbaren 24t-LKW zahlt der Halter je nach Emissionsklasse dagegen zwischen rund 1.500 und 4.300 €.
  • Omnibusse zahlen im Gegensatz zu vergleichbaren LKWs keine Maut für Autobahnen.
  • Die Energiesteuer auf das von Bussen getankte Diesel ist 18,4 Cent niedriger als für Benzin.

Damit sind die Vergünstigungen gegenüber dem „normalen“ Straßenverkehr aufgezählt. Und vor allem Umweltverbände oder die Allianz Pro Schiene argumentieren, dass bereits dieser „normale“ Straßenverkehr subventioniert wird. Entsprechende Berechnungen sind allerdings umstritten, denn die errechneten Subventionen bestehen zum größten Teil aus den schwer einzuschätzenden externen Kosten des Straßenverkehrs. Damit sind die Umwelt- und Unfallfolgekosten gemeint, die der Allgemeinheit aufgelastet werden.

Außerdem bekommt auch die Bahn Subventionen. 2012 bekam die Deutsche Bahn 4,5 Milliarden für Erhalt oder Neubau von Netz und Bahnhöfen. Zumindest einen Teil dieser Summe muss man auch als Subvention für den hier als Konkurrent interessierenden Bahn-Fernverkehr betrachten.

Trotzdem: Der Omnibusverkehr scheint in besonderer Weise staatlich begünstigt zu werden. Wenn man will, dass die Liberalisierung für Fernbuslinien auch langfristig von Vorteil ist, sollte man die Subventionierung durch die Befreiung von Kfz-Steuer und Maut sowie durch die niedrige Energiesteuer auf Diesel beseitigen.

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12 Kommentare

  1. Obwohl ich im Allgemeinen dem Argument zustimmen würde, scheinen mir die gewählten Verzerrungen komisch.

    Vor allem sollte man doch Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Wettbewerbern untersuchen, also zwischen PKW, Fernbus und Schiene.

    Den Dieselpreis zahlen PKW auch, Maut zahlen sie auch nicht. Die Kfz-Steuerbefreiung ist sicherlich eine Bevorzugung von Bussen ggü PKW, nicht aber der Bahn. Da man bei den allgemeinen Steuern immer schlecht sagen kann, wofür die eigentlich der Preis sein sollen, ist schwer zu sagen, ob das gerechtfertigt ist oder nicht. Immerhin benötigen Busse ja weniger Straßefläche pro Passagier als ein PKW, aber das hängt natürlich von der Auslastung des Busses ab.

    Es wäre mal eine interessante Rechenübung den deutschlandweiten Flächenverbrauch für Straßen und deren Investitionskosten auf die Anzahl von Fahrzeugen umzulegen, zusammen mit dem gesamten Schadstoffausstoß.

    Das gleiche kann man natürlcih für die Schiene machen und dann jeweils vergleichen mit der echten steuerlichen Belastung.

  2. Fernbuslinien erscheinen mir – als Reisender – nur sinnvoll, wenn sie die Bahnlinien zeitlich und streckenmässig ergänzen aber nicht ersetzen. Darüber hinaus sollten öffentliche Verkehrssysteme in den Städten über entsprechende Mobilitätskonzepte auch individualisiert werden.

  3. @Lutz: Auch nicht, wenn sie deutlich billiger sind? Das ist wohl der hauptsächliche Vorteil. Komfortabler sind sie wahrscheinlich meistens nicht, wobei ich aus dem Ausland auch von sehr komfortablen Fernbussen gehört habe.

  4. Justus Haucap sagt

    Der gesamte Verkehrsbereich ist im Grunde ein ordnungspolitisches Schlammassel (bzw. ein ordnungspolitischer Schlammassel – ich lerne gerade, dass das Geschlecht wohl in Deutschland und Österreich unterschiedlich ist…). Am heftigsten scheinen mir weite Bereche des Luftverkehrs subventioniert zu werden (noch immer vom CO2-Emissions-Handel ausgenommen, keine Flugbenzinbesteuerung, teilweise hochgradig subventionierte Flughäfen – siehe jüngst Kassel, aber dann auch Luftverkehrabgabe, usw. also auch eine recht diffuse Politik).

    Was den Bahnbereich angeht, so zählen einige Kritiker der Bahn zumindest auch Teile der nicht unerheblichen Regionalisierungsmittel zu den Bahnsubventionen. Da zumindest bisher nicht kleine Teile in Form von Direktvergaben (also ohne Ausschreibung) direkt an die DB Regio geflossen sind, welche wiederum bisher zu den profitabelsten Sparten der Deutschen Bahn AG gehört hat, liegt hier der Verdacht einer gewissen Überkompensation für die erbrachten Leistungen nicht ganz fern.

    Der Fernbus steht auf der anderen Seite auch im Wettbewerb zum motoriserten Individualverkehr (MIV), auch durch Mitfahrzentralen. Der MIV ist auch von Maut befreit (bzw. es gibt eben (noch) keine PKW-Maut) und zahlt ggf. auch geringere Mineralölsteuer, wenn es ein Diesel-PKW ist.

    Ein deutlicher Nachteil für den Fernbusverkehr ist im Übrigen die staatliche Genehmigungs- und Voranmeldepflicht jedes einzelnen Streckenangebots, die viel zu bürokratisch ist. Hier täte es eine einfache Lizenzerteilung an Unternehmen, die hinreichend belegen, dass sie die relevanten Sicherheitsvorschriften einhalten.

    Eine systematische Begradigung sämtlicher gerade auch staatlich induzierter Verzerrungen im Verkehrsbereich (die in der Realität bestenfalls zufällig etwas mit einer systematischen Internalisierung von Externalitäten zu tun haben) wäre wünschenswert, ganz klar. Aber mit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs zu warten, bis das passiert, hieße die Liberalisierung auf den Snakt-Nimmerleinstag zu verschieben. Für fast 80 Jahre hatte die Deutsche Bahn das ja erfolgreich geschafft – ich bin froh, dass damit jetzt endlich Schluss ist. Gerade den weniger zahlungskräftigen Verbrauchern hat das nämlich nicht genutzt.

  5. Wirtschaftswurm sagt

    @Theophil,
    die unterschiedliche Besteuerung von Benzin und Diesel, die unterschiedliche Besteuerung von Bus und Lkw sowie die Befreiung der Busse von der Maut, alles drei hat überhaupt gar keine sachliche Begründung. Jedesmal wird Gleiches ungleich behandelt. Erklären lässt sich das nur durch den politischen Willen und die historische Entwicklung. Darum sind alles drei Subventionen.
    Eine Streichung dieser Subventionen führt auch nicht zu einer übermäßigen Belastung. Das wollte ich mit meinem Hinweis auf die externen Kosten des Straßenverkehrs klarmachen. Hier ist natürlich richtig, dass Busse weniger Straßenfläche als Pkws verbrauchen und sie sind auch insgesamt viel umweltfreundlicher. Andererseits beanspruchen sie die Straße intensiver. Als Faustformel gilt das Vierte-Potenz-Gesetz. Daraus errechne ich, wenn eine Busantriebsachse mit 11,5 t Achslast über die Straße rollt, beansprucht sie die Straße so viel wie etwa 17.500 Pkw-Achsen mit 1 t Achslast.

  6. Wirtschaftswurm sagt

    @Justus Haucap,
    die Regionalisierungsmittel sollen ja dem Nahverkehr der Bahn dienen. Sie sind also nicht für das direkte Konkurrenzangebot zu den Fernbussen bestimmt. Darum habe ich sie hier nicht erwähnt. Ansonsten hab ich in meiner Antwort zu @Theophil noch mal begründet, warum ich gerade die drei genannten Steuersubventionen problematisch finde.
    Die Genehmigungspflicht für einzelne Linien halte ich übrigens auch nur für Wichtigtuerei von Bürokraten.

  7. Justus Haucap sagt

    @Wirtschaftswurm – eine Subvention sind sie aber in dem Ausmaße, in dem eine Überkompensation für die DB Regio stattfindet. Dies ist aktuell nicht auszuschließen, vor allem nicht, wenr eine Direktvergabe erfolgt.

  8. @Theophil: Natürlich spielt der Preis eine Rolle, aber der ist – wie richtig vermerkt – eben nicht nur relevant für den Transport als solchen, sondern eben auch in welchem Komfort dieser stattfindet – und mit welchen weiteren Dienstleistungen er verbunden ist. Und vielleicht entwickelt sich ja auch ein Preiskampf.

  9. milos sagt

    @Haucap
    „Ein deutlicher Nachteil für den Fernbusverkehr ist im Übrigen die staatliche Genehmigungs- und Voranmeldepflicht jedes einzelnen Streckenangebots, die viel zu bürokratisch ist.“

    Wie ist das eigentlich in anderen (europäischen) Ländern reguliert? Zumindest in IRL und GB, wo Fernbusse recht erfolgreich sind, gibt es nach meiner Erfahrung nur wenige Großanbieter – in IRL eigentlich nur die staatliche Busgesellschaft.

  10. Andena sagt

    Interessantes Thema, aber leider nur halbherzig und voreingenommen gegen den freien Wettbewerb geschrieben. ;(

  11. Wirtschaftswurm sagt

    @Andena,
    wieso bin ich „gegen den freien Wettbewerb“, wenn ich für das Streichen von Subventionen bin?

  12. Pingback: 5 vor 10: Steuersünder, Organspenden, Automarkt, Gefangenendilemma, Fernbusse | INSM Blog

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