Wachstumspakt, ein Wort, das im Moment mehr Fragen als Antworten aufwirft. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das Geld für den Wachstumspakt herausgeschmissen sein wird.
Die Zeichen stehen auf Wachstumspakt. Der neue französische Präsident Hollande will den Europäischen Fiskalpakt um eine Wachstumskomponente ergänzen und Angela Merkel hat bereits Entgegenkommen signalisiert. Auch die EU-Kommission strotzt (mal wieder) vor Tatendrang.
Mit dem Titel Wachstumspakt ist jedoch noch nichts geklärt. Weder ist augenblicklich absehbar, wie der Pakt finanziert werden soll, noch, was mit ihm finanziert werden soll. Okay, zur ersten Frage hat Hollande immerhin klare Vorstellungen: Eurobonds. Ich glaube allerdings nicht, dass er sich damit gegenüber Deutschland durchsetzen kann.
Interessant ist aber auch die Frage, was der Wachstumspakt genau bezwecken soll und was gefördert werden soll. Zwei Ansätze sind möglich:
- Der Wachstumspakt soll die Konjunktur stützen. In guter keynesianischer Tradition soll zusätzliche Nachfrage durch die öffentliche Hand verhindern, dass der gegenwärtigen Konjunktureinbruch in einen Teufelskreis aus immer weniger Nachfrage und immer weniger Produktion mündet.
- Der Wachstumspakt soll der Wirtschaftsstrukturpolitik dienen. Investitionen in Wachstumsbranchen sollen finanziert werden, damit die mehr und schneller Beschäftigung schaffen.
Man kann auch versuchen, beide Ansätze gleichzeitig in einem Programm zu verbinden.
Bei Punkt 1 (Konjunkturprogramm) stellt sich folgendes Problem: Augenblicklich steckt die Eurokrise zwar in einer Rezession, die Wachstumsprognosen für 2012 liegen bei -0,3% (Weltbank) bzw. -0,5% (IWF) für die Zone. Die Gefahr einer Negativspirale wird aber nicht gesehen, zumindest nicht für die Zone als Ganzes. Nächstes Jahr soll die Eurozone wieder zwischen 0,8 und 1,1% wachsen.
Wenn aber jetzt ein Konjunkturprogramm beschlossen wird, wann wird das in der Wirtschaft ankommen? Man beachte auch, wie langsam die Mühlen der Eurobürokratie mahlen. Das Konjunkturprogramm wird voraussischtlich genau dann wirken, wenn es nicht mehr gebraucht wird.
Nur in Ländern wie Griechenland wirkt schon längst die Negativspirale und wird wohl auch über 2012 anhalten. Hollande will aber sicher kein allein auf die Südperipherie zugeschnittenes Konjunkturprogramm, davon hätten die Franzosen ja nichts. Er will die ganz große Gießkanne bemühen, von der dann auch die Griechen ein paar Spritzer abbekommen. Selbst die Unterstützung durch Paul Krugman macht diese Idee nicht besser.
Also zu Punkt 2 (Strukturprogramm): Manche Ordnungspolitiker verdammen Strukturpolitik in Bausch und Bogen. Eine eher pragmatische Sichtweise erkennt durchaus an, dass Strukturpolitik manchmal erfolgreich sein kann. Beispiele finden sich allerdings weniger in Europa, eher im Fernen Osten (z.B. in Japan und Südkorea).
Bei der Analyse erfolgreicher Strukturpolitik zeigt sich: Es kommt nicht so sehr auf die großen Summen an, sondern auf ein gutes Konzept und schon vorhandene Kerne, um die herum man eine Wachstumsbranche aufbauen kann. Lediglich Infrastruktur hinstellen, reicht nicht. Das Großprojekt auf der grünen Wiese (oder der griechischen Insel) auch nicht. Die Ideen, die bisher auf den politischen Markt getragen wurden, etwa von EU-Währungskommissar Olliver Rehn, überzeugen daher nicht, auch nur einen Euro dafür auszugeben.
Eine Sache kommt noch hinzu: Man muss Strukturpolitik langfristig anlegen und wirken lassen. In den Ländern der Südpheripherie ist es aber bereits jetzt fünf Minuten nach zwölf. Mehrjährige Programme sind da witzlos. Die Wettbewerbsfähigkeit muss schnell hergestellt werden.
Das einzige Mittel, das schnell wirkt, ist die Abwertung der Währung nach einem Euro-Austritt.
Wachstum?
Mannomann, daß da vorher noch niemand draufgekommen ist!
Nur wer zahlt es? Sonst wäre es ja einfach. Sehr glaubwürdig wäre ein Finanzierung eines Aufschwungs in Sondertöpfen ausgewiesen auch wieder nicht, zumal Europa ja von 210% auf 180% die Schulden gemessen am BIP soll reduzieren… aber das sowieso eine kühne Vision.
Das Gundproblem bleibt, seit ca. 15 Jahren macht der Westen Ersatzinvestitionen, wenn überhaupt, mit Bezug auf die Menge . Das interessiert wieder keinen. In dem Sinne ist die Investition in Wachstums- respektive Neue Brachen zumindest im Punkt 2) mal eine Idee. Ich bin mir allein in der Politik nicht ganz so sicher, was Wachstumsbranchen sind. BIP aufblasen mittels Leasingpersonal, Oursourcing … da wächst die Wirtschaft notgedrungen, eher das BIP, aber es kommt nicht mehr dabei raus am Ende.
Danke für den Artikel, interessant und konkreter als alles andere heute zu diesem Thema gelesene anderenorts.
Wer zahlt, ist eigentlich ziemlich klar. Interessanter wird die Frage, wer profitiert. Und ja, das ist das Problem: die Wachstumsbranchen herauszupicken. Erneuerbare Energien werden wohl ein Thema sein. Aber da muss es doch noch mehr geben.
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Danke, Wirtschaftswurm. Zahlen wird .de und profitieren der Global Layer, sicher nicht im ersten Moment der Mittelstand, das wäre meine Vermutung.
Zum Punkt 1) hätte ich noch eine Anmerkung. Würde Frankreich sich am ‚Billigst’bieter orientieren respektive an einem Bestbieter (Preis/Leistung) orientieren, so wird kaum ein französisches Unternehmen den Zuschlag bekommen – in der Theorie, keines aus Italien usw… diese Ansicht ist zwar etwas päpstlich, aber das ist ja mit ein Übel mit den erhöhen der öffentlichen Aufgaben und ein Widerspruch.
Allein erneuerbare Energie ist nicht der Plan. Große Kraftwerksbauten für Wasserkraft sind große Projekte, die nicht zwingend Geld in die Taschen der Konsumenten spülen und Solarenergie macht dann Sinn, wenn der individuelle Haushalt in Richtung Selbstversorgung strebt.
Möglw. hilft eine Infrastruktur/Plattform die es erlaubt Bestehendes besser zu vermarkten, Fair Trade für Süd Euroraum, aber global. Die Target 2 Überschüsse der Deutschen Bundsbank hernehmen und jedem Deutschen einen Urlaub zahlen … 🙂
Kennst du bestimmt …. http://codeforamerica.org/. Was auch dahinter steht. Die machen für die Bürger Lösungen die Probleme auf ‚Gemeindeebene’/Bundeslandebene zu lösen, mit der Absicht den Staat zu entlasten und Politik außen vor zu lassen.
Wenn so etwas für die Vermarktung von Produkten/Leistungen aus dem Südeuroraum und Entlastung der Staatsausgaben führt auch im Norden, das wäre ein Kombi die ginge. Kleine Ideen, schnell umgesetzt.
Ein „Konjunkturprogramm“ würde Frankreich nicht wirklich helfen, denn kein einziges Konjunkturprogramm der Welt hat schon einmal die Wettbewerbsfähigkeit einer Industrie befeuert. Konjunturprogramme können über kurzfristige Dellen bei der Nachfrage dienen, aber sind keine Lösung für Strukturprobleme. Das muß die Wirtschaft leider ganz alleine hinbekommen. Insofern sind Holandes Vorstellungen zwar klientelgerecht, helfen aber nicht wirklich.
Wie Du schon schriebst, kurzfristig gibt es wohl – leider – keine andere Lösung als die griechische Volkswirtschaft mit durchzufüttern, denn Strukturwandel kosten ZEIT, man schaue mal auf das Ruhrgebiet um einen Eindruck zu bekommen.
Gerecht ist das natürlich alles nicht, die hohen Löhne/Gehälter der nicht wettbewerbsfähigen Länder treine deutschen Arbeitskräften wahrscheinlich das Wasser in die Augen.
Vielleicht ist Schäubles Position zu Lohnerhöhungen in Deutschland gar nicht so schlecht: Wenn wir den anderen schon helfen (müssen) sollte wenigsten ein großer Schluck aus der Pulle auch für deutsche Arbeitnehmer drin sein. (Sagt ein liberalkonversativer Guenni7!).
„Wie Du schon schriebst, kurzfristig gibt es wohl – leider – keine andere Lösung als die griechische Volkswirtschaft mit durchzufüttern,“ … Das hab ich eigentlich nicht geschrieben. Meine Position ist aber schon, dass man die Griechen unterstützen muss, nachdem sie das ihre für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit getan haben. Und damit meine ich, nachdem sie die Eurozone verlassen haben.
ICH WILL KEIN WACHSTUM MEHR!!!
Hört auf mit diesem Mantra und lasst euch endlich ein alternatives Wirtschaftsmodell einfallen, dass auch ohne Wirtschafts- Geld- und Bevölkerungswachstum, und ohne Verschwendung von Ressourcen auskommt.