Wirtschaftswurm-Blog

Das Wirtschaftsprogramm der Piraten: Kein großer Wurf!

Das Wirtschaftsprogramm der Piraten enthält neben Allgemeinplätzen logische Widersprüche und Kategorienfehler. Kein großer Wurf!

Logo der Piratenpartei

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Am Wochenende wurde ja breit über den Bundesparteitag der Piraten in Bochum berichtet. Ich selbst habe auch kurz in den Livestream hineingeschaut. Da machte gerade (es war Auszählpause) ein Kabarettist halbwegs gute Witze. Doch von so etwas lasse ich mich natürlich nicht abschrecken. Mithilfe von Protokoll und Antragsbuch habe ich die Beschlüsse des Parteitags zum Grundsatzprogramm Wirtschaftspolitik ermittelt.

Zunächst mein Gesamteindruck: Das Wirtschaftsprogramm ist ein bisschen kurz, um nicht zu sagen zu kurz. Wichtige Themenbereiche wie Subventionen, Umgang mit Monopolen und Steuerpolitik fehlen unter anderem auch, weil die dazugehörigen Vorschläge keine 2/3-Mehrheit auf dem Parteitag fanden.

Was bleibt, ist wenig aufregend: Ein paar Schlagworte wie Freiheit, Transparenz, Gerechtigkeit. Wer kann schon dagegen sein?

In Absatz [5] des angenommenen Programmantrags P091 merkt man zunächst auf. Wirtschaftspolitik sei für Piraten nicht gleich Wachstumspolitik. Was folgt ist dann aber eine sehr konventionelle Kritik an rein materialistische Zielsetzungen. Ähnliches findet man schon in der Bibel. Welche Konsequenzen diese Kritik für die praktische Politik haben könnte, bleibt völlig unklar.

Im Bereich Ökologie setzt man auf hohe Preise für knappe natürliche Ressourcen. Immerhin ist das nicht auf dem ersten Blick populär, aber natürlich wirtschaftstheoretisch notwendig. Beim Verbraucherschutz glauben die Piraten, an den durch Information seligen Konsumenten, als ob nicht heute eher ein zuviel an Information das Problem bei Konsumentscheidungen wäre.

Ein echter Gegensatz zu den anderen Parteien ergibt sich beim Thema Arbeitsmarkt. Die Piraten betrachten „das Streben nach absoluter Vollbeschäftigung als weder zeitgemäß noch sozial wünschenswert“.

Nachdem jetzt schon seit knapp 40 Jahren keine Vollbeschäftigung mehr erreicht wird, tut mehr Nachdenken über dieses Ziel sicher not. Allerdings kann aus dem Sein, bzw. im Falle der Vollbeschäftigung besser: dem Nicht-Sein, kein Sollen folgen. Vor allem aber stehen die Aussagen der Piraten zur Vollbeschäftigung im krassen logischen Widerspruch zu einem anderen Satz ihres Wirtschaftsprogramms: Wirtschaftspolitk müsse sich den „individuellen Lebensentwürfen“ der Menschen öffnen.

Warum? Nun, Vollbeschäftigung heißt nichts anderes, als dass jeder, der Arbeit zu dem am Markt herrschenden Lohnsatz sucht, auch Arbeit findet. Vollbeschäftigung heißt also nichts anderes, als dass „individuellen Lebensentwürfe“ glücken.

Wenn man keine Vollbeschäftigung will, kann man auch einen Mindestlohn fordern und die Piraten tun das dann konsequenterweise. Ich persönlich halte Mindestlöhne bestenfalls für geeignet, besonders krasse Fälle von Ausbeutung zu verhindern. Ein hoher Mindestlohnsatz führt dagegen wahrscheinlich schnell zum Anschwellen der Arbeitslosigkeit.

Nun mag man darüber streiten. Wenn man aber Mindestlöhne fordert, sollte man sich schon bei der Begründung mehr Mühe geben als die Piraten. „Wer voll berufstätig ist, darf nicht unter der Armutsgrenze leben“, das mag eine populäre Sicht sein, ist aber immer noch Sozialismus, nämlich die Bezahlung nach Arbeitsdauer und Arbeitseinsatz statt nach dem Arbeitsergebnis.

Wenn die Produkte einer Firma am Markt nur wenig Einnahmen erzielen, können auch ihre Arbeitnehmer kein gutes Einkommen erwarten. Die Menschenwürde zu respektieren, hieße in diesem Fall, eine freie Entscheidung des Arbeitnehmers, trotzdem bei der Firma zu bleiben, zu respektieren. Die Piraten verrennen sich aber völlig in der Argumentation, wenn sie die Menschenwürde ins Feld führen für etwas, nämlich den Mindestlohn, das dann nur für einen Teil der Menschen, nämlich den Lohnarbeitern, gedacht ist. Das ist ein klarer Kategorienfehler.


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2 Kommentare

  1. Pingback: 5 vor 10: Pflegekosten, Staatsinsolvenz, Konkurrenzdruck, Piratenwirtschaft, Ausbildung | INSM Blog

  2. alfred1989 sagt

    Ich denke das Wirtschaftsprogramm der Piraten ist sehr wohl ein großer wurf!
    Warum :
    Die Piraten lehnen als einzige Partei in DE den Ständigen drang nach Wachstum ab. Den exponentilles Wachstum in die unendlichkeit kann nunmal nicht ewig funktionieren. Alle anderen setzen dagegen auf Subventionen. Auch die erkenntnis das wir aufgrund der technologischen entwicklung nie wieder Vollbeschäftigung zu zumutbarer Entlohnung bekommen lese ich bei anderen Parteien nicht. Ich denke hier ist das Programm der Piraten durchaus durchdacht und auf die heutigen verhältnise angepasst.

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