Der sonntägliche Presseclub in der ARD gehörte bislang zu den Talkshows, die auch inhaltliche Substanz zu bieten hatten. Die beiden letzten Runden, beide zum Thema Europa und Euro, waren da hoffentlich nur Ausreißer und geben keinen neuen Trend wieder. Schlimm waren weniger die platten Pro-Euro-Argumente. Schlimm war, dass sie unwidersprochen blieben.
In der gestrigen Runde tat sich vor allem Ulrike Guérot hervor. So sprach sie von einem „Wirtschaftswunder ohne Ende“. Dabei ließ sie sich offensichtlich von den flotten Sprüche des Ex-Wirtschaftsministers Brüderle inspirieren, zeigte sich aber wirklichkeitsresistent. Wie trostlos es in den ersten 10 Eurojahren tatsächlich mit dem Wirtschaftswunder Deutschland aussah, wissen treue Wirtschaftswurm-Leser ja bereits aus meinem Artikel „Wirtschaftswachstum mal langfristig“.
Selbst Henning Krumrey (ansonsten der überzeugendste Talker) schlug in dieselbe Kerbe: „Deutschland profitiert am stärksten vom Euro“, behauptete er. Wenn mit Deutschland die Anteilseignern der Exportindustrie gemeint sind, dann hat er zweifellos recht. Schon für die Angestellten der Exportindustrie trifft Krumreys Spruch aber kaum zu. Sie haben den Exporterfolg durch den Verzicht auf Reallohnsteigerungen erkauft.
Die Mehrheit der Deutschen hat sogar Nachteile vom Euro. Ihr Geld wäre in D-Mark mehr wert. Denn die D-Mark würde gegenüber europäischen wie außereuropäischen Währungen aufwerten und damit würden die Preise für Importgüter billiger. Das gilt für griechischen Wein, vor allem aber für Rohstoffe wie Erdöl. Die Deutschen hätten damit D-Mark übrig, um die Binnennachfrage anzukurbeln. Das könnte sogar Rückgänge im Exportsektor ausgleichen.
Doch solche grundlegenden ökonomischen Zusammenhänge und Interessengegensätze wurden im Presseclub nicht erläutert. Ein Armutszeugnis für den versammelten Journalismus. Und so konnte Frau Guérot verkünden: „Wir sind uns einig: Es lohnt sich bisher.“
Die einzige interessante Zahl der Sendung stammte von Henning Krumrey: Die deutschen Banken haben 18,5 Milliarden € in zweifelhafte, griechische Papiere investiert. Im Gegensatz zu den Kosten für Griechenland ist das noch eine überschaubare Summe. Aber die Banken sind ja (spätestens seit der Finanz- und Weltwirtschaftskrise) Tabu. Da darf nichts gemacht werden, was ihnen Verluste bringen könnte, erst recht kein Schuldenschnitt Griechenlands.
Und nichts passiert:
2 BvR 987/10
2 BvR 1099/10
2 BvR 1485/10
Warum entscheidet Karlsruhe nicht endlich?!