Alle Artikel mit dem Schlagwort: wirtschaftliche Vorteile des Euros

„Wir sind uns einig“

Der sonntägliche Presseclub in der ARD gehörte bislang zu den Talkshows, die auch inhaltliche Substanz zu bieten hatten. Die beiden letzten Runden, beide zum Thema Europa und Euro, waren da hoffentlich nur Ausreißer und geben keinen neuen Trend wieder. Schlimm waren weniger die platten Pro-Euro-Argumente. Schlimm war, dass sie unwidersprochen blieben. In der gestrigen Runde tat sich vor allem Ulrike Guérot hervor. So sprach sie von einem „Wirtschaftswunder ohne Ende“. Dabei ließ sie sich offensichtlich von den flotten Sprüche des Ex-Wirtschaftsministers Brüderle inspirieren, zeigte sich aber wirklichkeitsresistent. Wie trostlos es in den ersten 10 Eurojahren tatsächlich mit dem Wirtschaftswunder Deutschland aussah, wissen treue Wirtschaftswurm-Leser ja bereits aus meinem Artikel „Wirtschaftswachstum mal langfristig“. Selbst Henning Krumrey (ansonsten der überzeugendste Talker) schlug in dieselbe Kerbe: „Deutschland profitiert am stärksten vom Euro“, behauptete er. Wenn mit Deutschland die Anteilseignern der Exportindustrie gemeint sind, dann hat er zweifellos recht. Schon für die Angestellten der Exportindustrie trifft Krumreys Spruch aber kaum zu. Sie haben den Exporterfolg durch den Verzicht auf Reallohnsteigerungen erkauft. Die Mehrheit der Deutschen hat sogar Nachteile vom …

Kein Schreckensszenario: Deutschland ohne Euro

Im Artikel „Euro-Mythos: Ein Blick in die Geldbörse genügt“ habe ich bereits Sven Bölls Argumente bei SPON auseinander genommen, nach denen Deutschland angeblich ökonomisch vom Euro profitiert. Ein anderer Artikel desselben Autors bedarf ebenfalls einer Replik. Böll malt darin ein wirtschaftliches Schreckenszenario für den Fall, dass Deutschland aus der Eurozone austritt. Sein Szenario ist jedoch weder wahrscheinlich noch plausibel. Eine Wiedereinführung der D-Mark würde zu einer Kapitalflucht aus anderen EU-Staaten nach Deutschland als dem einzig verbliebenen Ort stabilen Geldes führen. Die EU-Staaten müssten darum Kapitalverkehrssperren verhängen. So behauptet Böll. Nun, Kapitalverkehrssperren innerhalb der EU sind verboten. Und fließen ausländische Ersparnisse nach Deutschland, so senkt das hier die Zinsen und kurbelt die Konjunktur an. Die Gelder wollen schließlich investiert werden. Letztlich ein sehr positiver Effekt. Doch die neue D-Mark werde massiv aufwerten und das mache deutsche Waren im Ausland teurer. Die Exportwirtschaft werde leiden und Arbeitsplätze dort verloren gehen. So behauptet Böll. Allerdings sind die Schätzungen, die Böll ohne Quellenangabe wiedergibt (z. B. 80 % Abwertung des griechischen Drachme) vermutlich übertrieben. Im Übrigen exportiert Deutschland ohnehin …

Euro-Mythos: Ein Blick in die Geldbörse genügt

SPON hat sich im Vorfeld des aktuellen EU-Gipfels viel Mühe gemacht, den Deutschen ihre Rolle als Zahlmeister Europas schmackhaft zu machen. Im dritten Teil seiner Euro-Artikelreihe erklärt Sven Böll, wie Deutschland angeblich ökonomisch vom Euro profitiert. Seine Argumente sind nicht neu und werden durch die Wiederholung nicht besser. Im Wesentlichen sind es drei. Das erste: Sieben Jahrzehnte ohne Krieg bedeuteten auch sieben Jahrzehnte, in denen ungestört Vermögen gebildet und vererbt werden konnten. Das Problem: Den Euro gibt es erst seit 1999 (als Bargeld sogar erst seit 2002). Die sieben Friedensjahrzehnten waren also größtenteils Jahrzehnte ohne Euro. Gerade der Euro ist aber dabei, sich zum Sprengsatz zwischen den europäischen Staaten zu entwickeln. So hat die Euro-Krise das Verhältnis zwischen Deutschen und Griechen stärker erschüttert als jedes andere Ereignis seit 1945. Glücklicherweise sind die Kriegshürden heute höher. Aber nach den Maßstäben des 19. Jahrhunderts läge schon längst ein legitimer Grund für einen deutsch-griechischen Krieg vor. Das zweite Argument: Der Euro habe dafür gesorgt, dass Spanier, Griechen und andere eine ökonomische Perspektive in ihrem Land gegeben wurde und …

Wirtschaftstheorie statt Europa-Ideologie

Der Euro war von Anfang an ein rein politisches Projekt, um nicht zu sagen, ein rein ideologisches. Für Helmut Kohl, der 1992 für Deutschland den Maastricht-Vertrag zur Einführung des Euro unterzeichnete, spielten wirtschaftliche Aspekte bei wichtigen Entscheidungen immer nur eine untergeordnete Rolle. Das zeigte sich bereits im Vereinigungsprozess, das zeigte sich abermals bei der europäischen Währung. Natürlich gibt es auch wirtschaftliche Vorteile des Euros. Die Umtauschkosten fallen weg, ebenso das Risiko von Auf- und Abwertungen, das vor allem Importeure und Exporteure zu tragen haben. Die wirklichen Umtauschkosten sind jedoch im Zeitalter digitaler Überweisungen minimal. Und mit Auf- und Abwertungen hat man zu leben gelernt. Dass die wirtschaftlichen Vorteile des Euros nicht allzu groß sein können, zeigt sich auch daran, dass seit Einführung des Euros der Handel Deutschlands mit den anderen Euroländern nicht markant gestiegen ist. Der Anteil der Eurozone an den Ein- und Ausfuhren ist sogar seit 1999 etwas gesunken. Mag der Euro wenig genutzt haben, im ersten Jahrzehnt seines Bestehens hat er uns scheinbar auch wenig gekostet. Doch die Rechnungen waren bereits geschrieben, sie …