Wirtschaftswurm-Blog

Wirtschaftstheorie statt Europa-Ideologie

Der Euro war von Anfang an ein rein politisches Projekt, um nicht zu sagen, ein rein ideologisches. Für Helmut Kohl, der 1992 für Deutschland den Maastricht-Vertrag zur Einführung des Euro unterzeichnete, spielten wirtschaftliche Aspekte bei wichtigen Entscheidungen immer nur eine untergeordnete Rolle. Das zeigte sich bereits im Vereinigungsprozess, das zeigte sich abermals bei der europäischen Währung.

Natürlich gibt es auch wirtschaftliche Vorteile des Euros. Die Umtauschkosten fallen weg, ebenso das Risiko von Auf- und Abwertungen, das vor allem Importeure und Exporteure zu tragen haben. Die wirklichen Umtauschkosten sind jedoch im Zeitalter digitaler Überweisungen minimal. Und mit Auf- und Abwertungen hat man zu leben gelernt. Dass die wirtschaftlichen Vorteile des Euros nicht allzu groß sein können, zeigt sich auch daran, dass seit Einführung des Euros der Handel Deutschlands mit den anderen Euroländern nicht markant gestiegen ist. Der Anteil der Eurozone an den Ein- und Ausfuhren ist sogar seit 1999 etwas gesunken.

Mag der Euro wenig genutzt haben, im ersten Jahrzehnt seines Bestehens hat er uns scheinbar auch wenig gekostet. Doch die Rechnungen waren bereits geschrieben, sie wurden nur noch nicht präsentiert. Das wird jetzt nachgeholt: Griechenland, Irland, bald Portugal, wahrscheinlich auch Spanien. Deutschland hat bereits Hilfen in Höhe von 170,4 Milliarden € zugesagt und es scheint noch immer nicht zu reichen. Eine Ausweitung des Euro-Stabilitätsfonds ist im Gespräch.

Bei solchen Summen (immerhin 55 % des Bundeshaushalts 2011) wird der Euro von einem potenziellen Integrationsfaktor zu einem tatsächlich bedeutenden Desintegrationsfaktor. Deutsche schimpfen auf Griechen und umgekehrt. Alte Vorurteile werden überall in Europa wieder hervorgekehrt.

Tatsächlich ist es schwer zu vermitteln, warum Deutsche die Schulden z. B. der Iren übernehmen sollen. Genauso schwer ist es umgekehrt zu vermitteln, warum Iren die Schulden irischer Banken an deutsche Großbanken übernehmen sollen. Ja, wir wohnen alle in einem gemeinsamen Haus Europa. Aber wer bitte schön übernimmt die Schulden von Nachbarsfamilien, die im selben Haus wohnen? Jeder soll sich um seine eigenen Finanzen kümmern und wer das nicht schafft, geht eben pleite.

Die letzte Rettung für den Euro in all dem Desaster wäre, ihn endlich an ökonomischen Maßstäben auszurichten. Die Wirtschaftstheorie hat seit Anfang der 60er Jahre eine Theorie optimaler Währungsräume entwickelt. Bei der Einführung des Euros und bei der Ausweitung der Eurozone (Stichwort Maastricht-Kriterien) wurde diese Theorie jedoch schlichtweg ignoriert. Das muss sich ändern!

Und was sagt die Theorie der optimalen Währungsräume? Ich möchte hier nicht alle Aspekte breitwalzen, sondern nur das wichtigste Kriterium nennen, dass erfüllt sein muss, damit eine gemeinsame Währung funktioniert. „Schocks“, also äußere Einflüsse, die eine Rezession oder einen Boom auslösen können, müssen demnach symmetrisch sein, das heißt, sie müssen alle Regionen eines Währungsraums einigermaßen gleich treffen. In meinem Artikel „Euro am Ende?“ habe ich im Grunde genommen dieses Kriterium angewandt, als ich das prognostizierte Wirtschaftswachstum für die Euroländer miteinander verglichen habe. Das Ergebnis: Griechenland, Portugal und Spanien müssen raus aus dem Euro, dann wäre der Euro überlebensfähig.


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3 Kommentare

  1. Damit Schocks besser verteilt werden, müssten die Mobilität der Arbeitskräfte deutlich erhöht werden. Die arbeitslosen Iren, Portugiesen und Griechen müssten jetzt packen und nach Deutschland und die Niederlande ziehen. Ich fürchte so weit sind wir noch nicht.

    Meiner Meinung nach wurden aber auch zentrale Fehler von der EZB gemacht.Die Gleichbehandlung aller Staatsanleihen bei der Geldschöpfung war so einer. Wie kann es sein, dass eine griechische Staatsanleihe ohne Abschlag als Sicherheit akzeptiert wurde? Die Zinsen für Griechenland hätten schon viel früher ein Stoppsignal setzen können, wenn die Anleihen als Sicherheit bei der EZB einfach weniger wert gewesen wären.

  2. Wirtschaftswurm sagt

    Ja, jetzt bleibt den Griechen nur, massenhaft auszuwandern oder sich die Löhne drücken zu lassen. Beides ist politisch und sozial problematisch. Eine Abwertung der Landeswährung wäre das kleinere Übel.

    Was die Staatsanleihen betrifft, so hatten sie ja lange Zeit auch ein gutes Rating bei den Rating-Agenturen.

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