Wirtschaftswurm-Blog

Schlimm ist das neue Normal

Ich erlaube mir mal, einen SPON-Titel abzukupfern. Denn unter dem Titel „Schlimm ist das neue Normal“ beschreibt Stefan Kuzmany die Gewöhnung von Menschen und Medien an den Katastrophenzustand in Fukushima: „Vor einigen Tagen hätte es empfindliche Menschen hierzulande wohl noch den Schlaf gekostet, zu wissen, dass die Strahlenwerte im Meer vor Fukushima 3355fach über dem Normalwert liegen. Heute nehmen wir solche Meldungen achselzuckend zur Kenntnis.“

Warum ist das so? – Zum einen, weil wir uns innerlich bereits auf den schlimmsten Fall eingestellt haben , den unser Vorstellungsvermögen fassen kann. Mehr geht nicht, zumindest nicht in unserem Kopf, in der Realität natürlich schon. Oder wer kann sich eine 23 m hohe Tsunamiwelle vorstellen? – Zum anderen reagieren wir nur noch mit einem Achselzucken, weil wir eh schon lange den Überblick verloren haben.

Eurokrise: Jetzt kommt's auch nicht mehr drauf an

Und genauso sieht es auch im Falle der Euro-Schuldenkrise aus. Selbst mir war es in letzter Zeit zu müßig, die Milliarden und Abermilliarden zusammenzuzählen, die uns diese Krise kosten könnte. Wir steuern ohnehin auf eine Katastrophe zu.

Glücklicherweise wurde ifo-Chef Hans-Werner Sinn (vielleicht, weil er auch besser bezahlt wird als ich) nicht müde, die Milliarden zusammenzuzählen. Insgesamt kommt er auf 1 Billion 542 Milliarden Euro Haftungssumme für verschuldete Euroländer. Davon entfallen auf Deutschland allein 391 Milliarden Euro.

Nun müssen wir unser Vorstellungsvermögen vergrößern. 391 Milliarden, das übersteigt den gesamten Bundeshaushalt 2011 (rund 306 Milliarden) um 28 %; das sind 16,2 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts; das sind für jeden Inländer 4780 €.

Sollte die gesamte Summe fällig werden, wäre die Schuldenbremse des Grundgesetzes sofort Makulatur. Um den Betrag wenigstens innerhalb von 10 Jahren samt Zinsen zurückzuzahlen, wären jährlich 48,9 Milliarden Euro notwendig (bei einem moderaten Zinssatz von 4,5 %). Zum Vergleich: Für Bildung und Forschung gibt der Bund nur 16 Milliarden im Jahr aus.

Zur Finanzierung müsste die Umsatzsteuer um satte sieben Prozentpunkte auf 26 % steigen. Da eine solch drastische Steuererhöhung aber einen Rückgang der Binnennachfrage und damit der Umsätze (die Bemessungsgrundlage der Steuer) auslösen würde, müssten in der Folge noch weitere Steuern erhöht werden. Insgesamt wäre eine neue Wirtschaftskrise unvermeidbar. Und diese Krise wäre langwieriger als die Wirtschaftskrise 2008/09.