Alle Artikel mit dem Schlagwort: Leistungsbilanzdefizit

Target 2 – Eine Debatte über die Schieflage des Eurosystems

Die Target-2-Debatte ist in den deutschen Wirtschaftsblogs wieder aufgelebt. Der Zeit-Journalist Mark Schieritz befindet sich argumentativ gegenüber Hans-Werner Sinn in der Defensive. Bereits im letzten Frühjahr tobte in der deutschen Wirtschaftsblogosphäre eine heftige Debatte um die Target-2-Salden der nationalen Notenbanken im Europäischen Zentralbankensystem. In zwei Artikeln habe ich damals versucht, ein paar Grundlagen des Target-2-Systems zu erklären. Über die Targetkonten fließt (fast) der gesamte Zahlungsmittelverkehr zwischen den Eurostaaten. Wird z. B. Geld von Griechenland nach Deutschland überwiesen, etwa weil ein griechischer Mercedes-Importeur die ihm gelieferten Autos bezahlt, verringert sich auch das Targetkonto der griechischen Nationalbank, während sich das der Deutschen Bundesbank erhöht. Genau umgekehrt, wenn Geld von Deutschland nach Griechenland fließt. Letzteres kommt aber immer seltener vor, so dass das Targetkonto der griechischen Nationalbank tief im Minus ist, während die Bundesbank nach neuesten Zahlen ein Plus von 498,131 Milliarden € aufweist. Dummerweise kann die Bundesbank über ihr Guthaben nicht frei verfügen. Es kann nur zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs innerhalb der Eurozone gebraucht werden. Hier gibt es aber keine Verpflichtung der anderen Euro-Zentralbanken, ihr Defizit irgendwann …

Portugal ist der Nächste

Das kommt uns doch alles bekannt vor. So meint der Eurogruppenvorsitzende Jean-Claude Juncker laut Handelsblatt: Die Krise Irlands werde nicht auf Portugal übergreifen. Die Situation der beiden Länder sei nicht direkt vergleichbar … Portugal unternehme außerdem große Sparanstrengungen, um sein Haushaltsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückzuführen. Portugals Regierunschef Socrates sieht das selbstverständlich genauso: „Wir haben niemals eine Immobilienblase gehabt, und unser Haushalt ist mit dem irischen nicht zu vergleichen.“ Nach der Griechenland-Krise war allerdings monatelang Ähnliches über Irland zu hören. Irland sei ganz anders als Griechenland, Irland sei reich, habe nie mit Zahlen getrickst und überhaupt … Und nun kommt Irland trotzdem nicht mehr ohne Kredite aus dem Euro-Stabilitätsfonds aus. Beschwichtigende Stellungnahmen von Politikern sind ein guter Indikator dafür, dass es brodelt. Und es brodelt tatsächlich in Portugal. Der heutige Generalstreik im Land zeigt das ebenfalls. Aber schauen wir uns die Zahlen an. Das Haushaltsdefizit lag 2009 bei 9,3 % des BIPs und wird dieses Jahr wohl bei 7,3 % des BIPs liegen. Das ist hoch, aber immerhin deutlich unter den Werten Griechenlands und Irlands. Der …

Sind Zielwerte für die Leistungsbilanz sinnvoll?

Zumindest in den USA ist das Bewusstsein sehr hoch, dass die strukturellen Ungleichgewichte im Welthandel nach dem Motto Deutschland, China und Japan produzieren, die USA konsumieren, nicht dauerhaft tragbar sind. Darum kommen auch von dort neue Vorschläge, um die Ungleichgewichte zu beheben: US-Finanzminister Timothy Geithner ließ im Vorfeld des Treffens der Finanzminister der G-20 verlauten, alle Staaten sollen sich verpflichten, ihren Leistungsbilanzüberschuss- oder ihr Leistungsbilanzdefizit auf 4 % des BIPs zu begrenzen. Die deutsche Ablehnung dieses Vorschlags erfolgte reflexhaft und vorhersehbar. Schließlich ist nach Geithners Vorstellung Deutschland ein Leistungsbilanzsünder. Dieses Jahr wird laut IWF Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss voraussichtlich bei 6,1 % des BIPs liegen. Andere Leistungsbilanzsünder sind z. B. China (4,7% Überschuss des BIPs) sowie (allerdings mit einem Defizit) Griechenland und Portugal mit -10,8 bzw. -10,0 %. Nun ist Geithners Vorschlag sicherlich noch unausgegoren. Zum einen ist es zu kurzfristig ausgerichtet, wenn man immer nur die Leistungsbilanz eines Jahres betrachtet. Sinnvoller wäre es, Fünf- oder Siebenjahreszeiträume zu nehmen. Zum anderen bleibt offen, mit welchen politischen Mitteln die Leistungsbilanz gesteuert werden soll. Der US-Finanzminister denkt wohl hauptsächlich an die Wechselkurspolitik. …