Wirtschaftswurm-Blog

Zusammenbruch der Eurozone – ja und?

Was passiert, wenn die Eurozone tatsächlich zusammenbricht? Apokalypse? Oder gibt es eine Wirtschaft nach dem Euro?

Standard & Poors glaubt, die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland aus dem Euro austritt, liege bei 1/3. Und wenn Griechenland austritt, folgen vielleicht bald weitere Staaten. Und wenn das geschieht, geben vielleicht EZB-Präsident Draghi und die Euro-Regierungschefs auf. Die Eurozone bricht zusammen. Und dann?

Eurotower in Frankfurt/ Main, Sitz der EZB

Bald Bestandteil der Konkursmasse? Eurotower in Frankfurt/ Main, Sitz der EZB

Ein Problem ist das Bargeld. Für eine schnelle Umstellung des Bargelds ohne lange Vorbereitungen gibt es allerdings Vorbilder, etwa die Slowakei, als sie nach der Auflösung der Tschechoslowakei 1993 eine eigene Währung einführte. Alte Banknoten wurden einfach durch einen Stempelaufdruck, den man bei jeder Geschäftsbank erhielt, zur neuen slowakischen Krone. Alte Münzen behielten erst einmal ihren Wert. So könnte man auch nach einem Zusammenbruch der Eurozone verfahren, bis neue D-Mark-Scheine gedruckt und neue D-Mark-Münzen geprägt sind. Konten werden sofort umgestellt – der Einfachheit halber im Verhältnis 1 Euro zu 1 DM.

Große Angst geht um, die neue D-Mark könnte nach einem Ende des Euros so stark aufwerten, dass sie deutsche Waren im Ausland zu teuer macht. Die Exportwirtschaft würde dann einbrechen. Dieses Szenario scheint mir aber inzwischen unwahrscheinlich. Es geht ja davon aus, dass nach einem Verschwinden des Euros Gelder massenhaft aus den anderen ehemaligen Eurostaaten nach Deutschland flöhen, die neue D-Mark damit am Devisenmarkt über die Maßen begehrt wäre.

Genau den Abzug von Geldern aus den anderen Eurostaaten nach Deutschland erleben wir aber bereits jetzt. Was soll nach dem Zusammenbruch der Eurozone zusätzlich kommen? Natürlich wird die D-Mark aufwerten, aber nicht extrem. Sobald es erste Anzeichen einer  Stabilisierung der anderen neuen europäischen Währungen gibt, werden eher wieder Gelder aus Deutschland abgezogen. Sie wurden ja nur hier geparkt, um die Eurokrise zu überstehen. Somit werden sich die Wechselkurse schnell stabilisieren.

Fazit: Die Furcht, nach einem Ende der Euros würden die deutschen Exporterfolge durch übermäßige Aufwertungen zunichte gemacht, ist aktuell nicht mehr begründet.

Wie wird man aber mit den Target-2-Salden umgehen, wenn die EZB abgewickelt werden muss? Im April hatte die Bundesbank 644 Milliarden € Forderungen an das Eurosystem aus dem innereuropäischen Zahlungsverkehr. Es ist völlig unklar, wie viel man davon nach einem Zusammenbruch des Eurosystems wiederseht. Da ist sicher vieles Verhandlungssache. Letztendlich wird man das abschreiben müssen, was ohnehin bereits uneinbringlich ist. Im theoretischen Extremfall muss man die gesamte Summe abschreiben.

Die Eigenkapitalposten der Bundesbank machen (laut Geschäftsbericht 2011) nur 147 Milliarden € aus. Bei 644 Milliarden Abschreibungen, wäre die Bundesbank also mit 491 Milliarden überschuldet.

Kein Problem für Bundesbankchef Jens Weidmann: „Es gibt Notenbanken, die mit einem negativen Eigenkapital arbeiten“. Einem normalen Unternehmen würden in so einer Lage die Gläubiger die Bude einrennen, aber die Bundesbank hat natürlich unabhängig von ihrem Eigenkapital immer die Möglichkeit, neues Geld zu schaffen.

Bei einem durchschnittlichen Bundesbankgewinn von 3,5 Milliarden jährlich, bräuchte die Bundesbank allerdings 140 Jahre, um ihre Bilanz wieder in Ordnung zu bingen. Da kann man nur hoffen, dass das so lange gut gehen wird. So lange müsste der Bund auch auf die ihm zustehende Gewinnausschüttung verzichten.

Geh nicht ohne Gruß, empfiehl bitte den Beitrag weiter!


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11 Kommentare

  1. Das Häschen sagt

    Warum soll jemand weniger Produkte aus Deutschland bestellen. DEM ist eine Sache. Die Importe würden stark verbilligt, auch die Zulieferteile vermute ich.

    Aber wenn auf einmal aus EUROs Schillinge würden und man sich trotzdem noch immer das selbe kann kaufen und auf einmal 1 DEM = 1 Österreichischer Schilling gilt, das wäre für die meisten vermutlich verwirrend.

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  3. Alex Hummel sagt

    „Einem normalen Unternehmen würden in so einer Lage die Gläubiger die Bude einrennen, aber die Bundesbank hat natürlich unabhängig von ihrem Eigenkapital immer die Möglichkeit, neues Geld zu schaffen.“

    Man sollte es so formulieren – die Arbeit der Bundesbank ist davon völlig unabhängig, ob ihr Eigenkapital positiv oder negativ ist. Auf die Geldpolitik hat und damit auch auf die Inflation hat das keinen EInfluß. Und das ist das einzige was zählt – die Glaubwürdigkeit in Bezug auf Inflation.

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  7. Wolfgang sagt

    Ein Euro = eine DM – kann ich nicht rechnen? Oder werden wir da nach der Einführung des Euro zum zweiten Mal enteignet? Für die Schulden der Länder wäre es natürlich gut, plötzlich sind die nur noch die Hälfte wert – genial!
    Na viel Spaß dabei!

  8. Das Häschen sagt

    @Wolfgang. Ich denke der Wissenswurm meine eine neue DEM. Zum gegeben Zeitpunkt läge er mit 1EUR = 1DM sogar nicht falsch. Das heißt aber noch gar nichts.

    Hinter EUR=DM steht die Idee, dass Inflation die bis heute in die Realwerte ging, eher eilig in die Realwirtschaft freigesetzt würde, das sind die Aussagen der EURO hätte 50-60% verloren bis dato. Das ist aber ein Argument derjenen die an
    a) ewig steigende Rohstoffpreise glauben, sprich das Nivaeu hält ewig (auch wenn die Preise korrigieren), stark steigende Grundtendenz
    b) den Anstieg von Gold und Silber interpretieren als auch schon kurzfristiges Misstrauen in die Stabilität des Papiergeldsystems an sich.
    c) In weiter Folge die Vorhersagen von Herrn Prechter für heuer ins Jahr 2013 bis 2015 sistiert sehen. Das wäre der Punkt, Bonds, Aktien und Realwerte fallen gleichzeitig.
    d) Akutes Misstrauen in den Dollar und die Bonds
    e) Der Dollar ist erledigt, da die Zinsen schon fast auf 0 sind und das ursprüngliche Zinsniveau eher schon dem Minimum in einer Krise hätte entsprochen. Dollar ist über den Leitzins nicht mehr beherrschbar. Manche sagen, sobald QE3 oder QE4 kommt, dann wäre es so weit. Manche von denen denken auch, das Obama ein verträumter Sozialist ist und mittels Währungsreform in den U.S. eine neue Gesellschaft will auf die Beine stellen – ‚Breschnew‘ mit einem Herz aus Gold. Mit viel Vorsicht zu genießen.
    f) Sprich von Menschen die sagen, Metalle sind auch Währungen.
    Es gibt mittlerweile alle Spielarten davon. Sicher ist, am bitteren Ende kann man nicht die Rechnung ohne den Wirt machen. Geld + Bilanzfantasten die heute noch an ewiges Wachstum glauben, die sind große Optimisten.

    Auf mittlere bis längere Sicht ist Vorsicht das Gebot der Stunde in der aktuellen Lage. Je länger die Stabilisierung des EURO dauert, sprich das Vertragswerk, die Realwirtschaft endlich in der Lage ist azyklisch zu agieren und das EURO-Finanzsystem stabil ist, desto wahrscheinlicher wird die Situation, dass ein harter Schlag aus Japan oder den U.S. Europa härtest zusetzt. In China ist Immobilienblase am Ausgehen aber nicht geplatzt, offensichtlich.

    Selbstverständlich benötigt die Kombination Sozialstaat und Zinsen – Wachstum. Dann wird die Diskussion diffizil. Wer verteilt den Produktivitätszuwachs zu wessen Gunsten aus Vermögen oder zukünftigen Einnahmen an wem um sofern sich noch Abnehmer für die Produktivität finden. Schnell finden sich 2 Lager. Vertreter derjenen die sagen – Wir glauben an eine Währung deren Fokus auf der Werteaufbewahrung liegt nehmen dafür begrenzte Mengen zum Tausch in kauf, setzen aber auf fallende Preise und andere die eher sagen, Geld ist eher Tauschmittel und die Werteaufbewahrung partiell gesichert über systemische Stabilität und nicht Stabilität über die Definition des Geldes.

    Ich verstehe persönlich jede Position und auch jene der Vertreter des wertneutralen Geldes. Ich benötige keine Zinsen damit ich aktiv Geld in die Wirtschaft pumpe.

  9. Pingback: Wie man die Eurozone verlässt – Grundlagen | Wirtschaftswurm

  10. Swen sagt

    Ein wesentlicher Faktor fehlt m.E. bei der Analyse. Bei einem Zerfall der Eurozone könnten Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal usw. ihre Schulden / Zinsen nicht mehr bedienen, was das Bankensystem in Schwierigkeiten bringen dürfte…

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