So, so, die Target-2-Forderungen der Bundesbank sind angeblich keine Kredite. Das behaupten Peter Bugold und Sebastian Voll von den Universitäten Jena und Leipzig sowie Olaf Storbeck in seinem Handelsblog. Damit tragen die drei allerdings zur maximalen Verwirrung bei. Im folgenden der notwendige Versuch der Entwirrung.
Im Kern geht es mir um diese Sätze von Bugold und Voll:
Wenn es sich bei TARGET2-Forderungen tatsächlich um Überziehungskredite der Kernländer an die Peripherie handeln würde, so könnten sie jederzeit mittels Übertragung von gesetzlichem Zahlungsmittel vom Schuldner auf den Gläubiger getilgt werden.
Das ist aber genau der Mechanismus, durch den diese Forderungen entstanden sind. Paradoxerweise könnte hier also eine „Tilgung“ mittels gesetzlichen Zahlungsmittels nur stattfinden, indem der Gläubiger (hier: die Überweisungen empfangende NZB) dem Schuldner (hier: die Überweisungen beauftragende NZB) Geld übergibt.”
Fangen wir ganz klein an. Reden wir von dem Wirtschaftswurm und von Olaf Storbeck. Beide haben ein Girokonto bei der Sparkasse in Wurmhausen. Anfangs sind beide Konten ausgeglichen:
Wirtschaftswurm | Olaf Storbeck |
0 | 0 |
Nun treffen sich der Wirtschaftswurm und Olaf Storbeck zur Meisterschaftsfeier von Schalke 04 in Gelsenkirchen und bei der Gelegenheit zeigt Storbeck dem Wirtschaftswurm stolz die Schmucksammlung, die er von seiner Oma geerbt hat. Der Wirtschaftswurm ist begeistert und will die Sammlung haben. Und Olaf Storbeck ist tatsächlich bereit, sie für 600.000€ zu verkaufen. Kein Problem, denn der Wirtschaftswurm hat schon allein wegen seines Namens unbegrenzt Kredit bei der Sparkasse Wurmhausen.
Die Konten sehen nun (im zweiten Schritt) so aus:
Wirtschaftswurm | Olaf Storbeck |
-600.000 | +600.000 |
Etwas später hat der Wirtschaftswurm Geburtstag. Das ist ein toller Anlass für Geschenke. Olaf Storbeck weiß, was angemessen ist, und überweist 600.000€ an den Wirtschaftswurm.
Die Konten sind in Schritt 3 wieder ausgeglichen.
Wirtschaftswurm | Olaf Storbeck |
0 | 0 |
Und nun stellen wir uns mal vor, der Wirtschaftswurm wäre eigentlich die Griechische Nationalbank, Olaf Storbeck wäre tatsächlich die Deutsche Bundesbank und die Sparkasse Wurmhausen wäre in Wirklichkeit die EZB. Schließlich handelte es sich bei den Konten auch nicht um normale Girokonten, sondern um die viel diskutierten Target-2-Konten.
Bereits vor knapp einem Jahr habe ich über das Target-2-System der Europäischen Zentralbank geschrieben und erklärt, wie es funktioniert. Alle grenzüberschreitenden Überweisungen im Eurosystem fließen über die Target-2-Konten, die die beteiligten Notenbanken bei der EZB haben, bevor sie beim endgültigen Empfänger landen.
Wenn z.B. ein Grieche in Deutschland Immobilien kauft, spielt sich auf den Target-2-Konten genau das Gleiche ab, was auf unseren Girokonten passiert, wenn ich Olaf Storbecks Schmucksammlung kaufe. Die Griechische Notenbank beansprucht genauso einen Überziehungskredit, wie ich es in dem Beispiel getan habe. Sie beansprucht ihn allerdings nicht bei der Deutschen Bundesbank, sondern bei der EZB. Dies hat auch Hans-Werner Sinn nicht genügend klargestellt.
Die Bundesbank ist andererseits tatsächlich Gläubiger, allerdings auch nicht Gläubiger der griechischen Notenbank, sondern wiederum der EZB. Die Bundesbank hat bei ihr ein Guthaben, aber Guthaben nennen wir lediglich die Kredite, die wir den Banken geben.
Und was sehen wir in Schritt 3? Tatsächlich findet eine Tilgung statt, indem der „Gläubiger“ dem „Schuldner“ Geld übergibt. Da ist nichts Mysteriöses daran, wenn man die EZB explizit berücksichtigt. Negative Target-2-Salden sind wie Überziehungskredite. Quod erat demonstrandum.
Kann es sein, dass es sich bei der Target2 Debatte um eine Anomalie handelt? Meine Vermutung ist: die Target2 Salden sind Flußkonten. Nur werden diese Konten in den Bilanzen der Notenbanken geführt und sie lösen daher automatisch einen Geldschöpfungs- bzw. Vernichtungsmechanismus aus. Steigen die Salden, werden die Bilanzen der Notenbanken verlängert und Geld geschöpft.
Eigentlich dürften Flußkonten niemals eine Geldschöpfung auslösen, denn sie sollen ja das geschöpfte Geld verwalten.
Für mich stellt es sich daher so dar: die Target2 Konten lösen einen Geldschöpfung aus, die aber aus einer Bilanzierungsanomalie heraus notwendig ist. Das wichtige dabei ist: es entsehen durch die Target2 Salden keine „neuen“ Risiken, sondern sie bilden nur bestehende ab!
Die Target2-Salden lösen eben genau keinen Geldschöpfungsmechanismus aus. Sie spiegeln den Fluss des dezentral in den einzelnen Ländern geschöpften Zentralbankgeldes innerhalb des Währungsraums wider. Die Euros werden z.B. in Griechenland geschöpft und dann via T2 nach Deutschland überwiesen.
Um es mit dem Ex-Wirtschaftsweisen Olaf Sievert zu sagen: „Die Verbringung von Zentralbankgeld und Schaffung von Zentralbankgeld sind grundverschiedene und zu trennende Vorgänge“ (http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=8787)
@Olaf Storbeck
Danke für ihre Antwort! Doch ich möchte ihnen widersprechen. Die Target2 Salden lösen keinen Geldschöpfungsmechanismus aus, wenn die emittierende nationale Notenbank über Zentralbankgeldrückflüsse in entsprechender Größe verfügt. Doch das ist ja aufgrund der Krise und den dabei auflaufenden Ungleichgewichten im Geldschöpfungsmechanismus nicht mehr der Fall. Eine kriselnde Notenbank kann ja nicht auf die Zentralbankrückflüsse der anderen zurück greifen, sondern sie ist gezwungen, das notwendige Zentralbankgeld für den Target2 Transfer erst zu erschaffen.
Ich würde es so formulieren: die dezentrale Struktur der Notenbanken macht es notwendig, die Ungleichgewichte der Geldschöpfung der nationalen Zentralbanken in Zentralbankgeld-Salden abzubilden. Gäbe es nur eine Zentralbank, gäbe es keine Ungleichgewichte und das Zentralbankgeld müsste für die Target2 Salden nicht geschöpft werden.
Die entscheidende Frage ist ja: was ist die Gegenbuchung zu den Zentralbankgeldtransfers? Ich würde sagen, es ist nur ein Verrechnungsposten. Die Antwort interessiert mich, aber ich bin kein Fachmann und kenne sie nicht.
@einspruch,
„Die entscheidende Frage ist ja: was ist die Gegenbuchung zu den Zentralbankgeldtransfers?“
Targetsalden entstehen, wenn z.B. eine griechische Geschäftsbank an eine deutsche Geschäftsbank Geld überweisen muss. Die Bank von Griechenland bucht dabei: Konto der griechischen Geschäftsbank (Passiva) an Target-Verbindlichkeiten gegenüber BuBa (Passiva). Die Bundesbank bucht: Target-Forderungen ggü. Bank von Griechenland (Aktiva) an Konto der deutschen Geschäftsbank (Passiva). (Der Einfachheit halber habe ich die Zwischenschritte über die EZB weggelassen.)
Also: Das Konto der griechischen Geschäftsbank wird belastet, die Targetsalden steigen, dem Konto der deutschen Geschäftsbank wird etwas gutgeschrieben.
Die Frage, die sich hinter der Targetgeschichte verbirgt ist doch: Warum ist auf den Konten der griechischen Geschäftsbanken immer noch Geld drauf, obwohl schon so viel ins Euro-Ausland abgeflossen ist? Die Antwort: Weil in Griechenland immer wieder neues Geld geschaffen wird, ohne dass dem reale Werte gegenüberstehen. Und dieses Ungleichgewicht gäbe es auch, wenn es in der Eurozone nur eine Zentralbank gäbe.
@Wirtschaftswurm
Und dieses Ungleichgewicht gäbe es auch, wenn es in der Eurozone nur eine Zentralbank gäbe.
Innerhalb der Geschäftsbanken, natürlich, was auch sonst, aber eben nicht mehr bei der Geldschöpfung!
Gäbe es nur eine Zentralbank, würde sie über weitaus mehr an Rückflüssen aus Zentralbankgeld verfügen wie eine kriselnde Notenbank und müsste daher weitaus weniger Zentralbankgeld schöpfen. Der Grund ist einfach: eine Überweisung von Athen nach Berlin wäre in diesem Fall eine Inlandsüberweisung, die normalerweise nur wenig Zentralbankgeldtransfer benötigt. Eine normale Überweisung wird ja üblicherweise nicht mit einer Zentralbankgeldbuchung dokumentiert, sondern das ist findet ja nur aufgrund der dezentralen Struktur der Euro-Zentralbanken statt.
Das Problem ist, dass die Target2-Salden verschleiernd wirken. Es ist nicht mehr erkennbar, ob die Geldschöpfung aus purer Not erfolgt, oder nur, um die Ungleichgewichte in der dezentralen Struktur der Eurozone abzubilden.
Die Antwort: Weil in Griechenland immer wieder neues Geld geschaffen wird, ohne dass dem reale Werte gegenüberstehen.
Dieser Punkt hat aber mit den Target2 Salden nur indirekt etwas zu tun. Es ist der Kredit der Geschäftsbank, der über den Wert entscheidet und der schwach besichert sein mag. Und wie gesagt, normalerweise wäre diese Geldschöpfung nicht notwendig, die Target2 Salden dienen nur zur Abbildung der Ungleichgewichte und sagt daher über den Wert der Kredite / des Zentralbankgelds nichts aus.
Okay, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, muss ich sagen: ich war falsch, es ist alles anders.
Der Knackpunkt ist folgender: wenn der Euro einen dezentralen Geldschöpfungsmechanismus hat, worauf basiert dann die Verbindlichkeit der nationalen Notenbanken gegenüber der EZB? Wenn die nationalen Notenbanken das Zentralbankgeld schöpfen, entsteht die Gegenbuchung bei den Geschäftsbanken und nicht zur EZB. Findet die eigentliche Geldschöpfung bei der EZB statt und das Zentralbankgeld wird nur durchgereicht, dann haben wir den schönen Effekt, dass der Euro doppelt geschöpft wird.
Im Grunde ist das Target2 System nichts anderes als eine eigene, in sich abgeschlossene Währung, die 1:1 an den Euro gekoppelt ist.
Im Target2 System wird Zentralbankgeld geschöpft, das dieses Kontensystem niemals verlässt. Das Zentralbankgeld der Target2 Salden wandert z.B. von der griechischen Notenbank zur BuBa, aber nur auf deren Target2 Konten. Es ist ein in sich abgeschlossenen Kontensystem, das keinen Kontakt zu „normalen“ Eurokonten hat. Das Zentralbankgeld der Target2 Konten fließt daher nicht zu den Geschäftsbanken und hat somit mit dem Euro nichts zu tun.
Die Lösung wäre einfach: haben wir eine dezentrale Geldschöpfung, können wir Target2 einfach ohne Probleme abschalten. Oder wir nennen diese Kunstwährung um, denn sie hat mit dem Euro nichts zu tun. Meine Vorschläge wären: Zeuro (Zentralbankeuro) , Teuro (Target2-Euro) oder Idioto.
@einspruch!
„Okay, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, muss ich sagen: ich war falsch, es ist alles anders.“ – Genau, auch für Überweisungen im Inland brauchen die Geschäftsbanken ja Zentralbankgeld. Die Frage bei grenzüberschreitenden Überweisungen ist doch nur, ob sie es von der nationalen Notenbank holen oder direkt von der EZB.
„Im Grunde ist das Target2 System nichts anderes als eine eigene, in sich abgeschlossene Währung, die 1:1 an den Euro gekoppelt ist.“ – So abgeschlossen muss das nicht sein. Was spricht eigentlich dagegen, dass die BuBa mit ihrem Targetguthaben ein paar griechische Inseln kauft? Mir scheint das sinnvoller, als zu warten, bis das Guthaben durch einen Austritt Griechenlands entwertet wird.
@Wirtschaftswurm
Die griechische Notenbank schöpft Zentralbankgeld und leitet dies an die Geschäftsbank weiter – so weit ist ja alles in Ordnung. Doch in der Eurozone wird zusätzlich ein spiegelbildlicher Euro im Target2 System erschaffen, ein Anti-Euro sozusagen. Ihn dürfte es nicht geben. Ihn gibt es wahrscheinlich nur, um die Bilanz der EZB nicht so nackt aussehen zu lassen. Diese Anti-Euro im Target2 System haben im Grunde keine Kaufkraft, da sie nicht existieren dürften. Jetzt kann man sagen, wenn sie schon da sind, lassen wir das Anti weg und kaufen und was. Ja, warum eigentlich nicht? Mit Vernunft hat der Euro sowieso nichts zu tun.
@einspruch: Sorry, aber du fantasierst dir ja wirklich was zusammen. Es gibt keine Anti-Euros im Target2-System, das ist Science Fiction.
T2 transportiert einfach nur die in einem Land geschöpften Euros in ein anderes Land, falls ein privates Wirtschaftssubjekt das so will.
Sinn der Buchungspositionen ist übrigens die Verteilung des Seiniorage-Gewinns zwischen den Zentralbanken.
@Olaf Storbeck
Obwohl mir das ganze mit Anti-Euros auch nach Kafka-Land klingt, würde ich trotzden sagen, das ein klein bißchen Wahrheit schon drin ist. Wenn nämlich eine Überweisung innerhalb des T2-Systems, auch im dieselben Land, stattfindet, sagen wir 1000 EUR vom Konto K1 bei der Bank B1 zum Konto K2 bei der Bank B2, dann finden ja zwei zueinander tatsächlich spiegelbildliche gleichzeitige Vorgänge statt.
Beim ersten Vorgang werden 1000 EUR vom Konto K1 abgezogen und dem Konto K2 zugebucht. Beim zweiten Vorgang werden 1000 EUR vom Zentralbankkonto der Bank B1 abgezogen und dem Zentralbankkonto der Bank B2 zugebucht. Diese zweiten 1000 EUR gehören ja nicht zur Geldmenge, sondern nur zur Geldbasis, werden aber auch als EUR bezeichnet, was bei einer Diskussion, wie sie hier gerade geführt wird, schon für Verwirrung sorgen kann. Also könnte man sie theoretisch auch Anti-Euros nennen, um den Unterschied zu betonen, aber mir persönlich liegt die übliche Bezeichnung Bankreserven mehr 🙂
Wären die dezentralen Notenbanken der Ort der Euro-Schöpfung, bedarf es keiner Gegenbuchung zur EZB, wäre die EZB der alleinige Ort der Geldschöpfung, müssten die Notenbanken die Anfragen der Geschäftsbanken nur zu ihr durchreichen. In beiden Fällen gäbe es kein Target2.
Die einzig verbleibende Möglichkeit ist, die nationalen Notenbanken reichen die Sicherheiten der Geschäftsbanken nicht weiter, sondern verwalten sie selbst, sie können aber kein eigenes Zentralbankgeld schöpfen, sondern müssen sich das erst über einen Kredit von der EZB holen.
Dieses System ist an sich unproblematisch, wenn die geschöpfte Zentralbankgeldmenge und die Kreditbesicherung durch die Geschäftsbanken in Einklang stünden. Die Target2 Salden zeigen aber, dass mehr Zentralbankgeld geschöpft wird als zur Kreditbesicherung benötigt wird. Der Beweis ist einfach: wäre alles Zentralbankgeld kreditbesichert, wanderte es von der Zentralbank vollständig in die Aktiva der Geschäftsbanken. Das Zentralbankgeld, das auf den Target2 Konten zwischen den nationalen Zentralbank und der EZB fließt, muss daher unbesichert sein. Unbesichertes Zentralbankgeld dürfte es eigentlich nicht geben. Es ist Geld, an das noch keine Kreditverpflichtung durch Geschäftsbanken geknüpft ist. Dieses Geld ist für die „reale“ Finanzwelt quasi nicht vorhanden, es ist nur eine Verrechnungsgröße, die im künstlichen Raum zwischen den Zentralbanken existiert. Wem der Begriff Anti-Geld nicht zusagt, für den ist vielleicht unschuldiges oder jungfäuliches Geld der adäquatere Begriff. @Alex Hummel: es sind auch noch keine Bankreserven!
@Olaf Storbeck: ja, ich habe viel Phantasie. Ich wusste jedoch nicht, dass diese auch bei Zentralbänker reichlich vorhanden ist.
Preisfrage: Was passiert, wenn eine Zentralbank zuviel Zentralbankgeld hat? Richtig, sie vernichtet es. Was passiert im Eurosystem? Es wird auf Target2 Salden gebucht, um Seiniorage-Gewinne der einzelnen, dezentralen Notenbanken ermitteln zu können – tolle Idee. Damit ist auch klar, was positive Target2-Salden sind: nichts anderes als „vergessene“ Zentralbankgeldvernichtung, die negative Salden entstehen bei der emittierenden Notenbank.
Der Effekt ist: die Bilanzen der Zentralbanken blähen sich auf und werden größer als die Kreditbesicherung durch die Geschäftsbanken.
Kurz: Um einfacher den Zentralbankgeldfluss ermitteln zu können, wird es stehen gelassen, obwohl es vernichtet werden müsste. Der Erfolg ist, dass die Bilanzen mit unbesicherten Zentralbankgeldschrott zugemüllt werden.
Lösung: Gebt mir als Entschädigung den derzeitigen positiven Betrag an Target2 im Euro-System, dann sind die Bilanzen wieder in Ordnung. DANKE!1!!
Anti-Euro finde ich als Bezeichnung Quatsch. Was einspruch! aber wohl ein bisschen verwirrt hat, ist, dass man mit den Target-2-Euros in Deutschland nichts kaufen kann. Sie sind zweckgebunden für Überweisungen ins Ausland. Daher kann man die Target-2-Euros am besten mit Devisenreserven vergleichen. Es sind sozusagen Devisen in eigener Euro-Währung. Wimre vergleicht ja auch Sinn den Anstieg der Target-2-Salden heute mit dem Anstieg der Dollarreserven gegen Ende des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse. Es ist der gleiche Mechanismus.
Und, einspruch!, die dezentralen Notenbanken sind Ort der Geldschöpfung. Und soweit das Geld im Inland verbleibt, wird die EZB-Bilanz damit nicht belastet. (Ich vereinfache hier.) Erst wenn das Geld Grenzen überschreitet, kommt das Target-2-System zum Zuge. Das hat zunächst nichts damit zu tun, ob und wie gut das Geld besichert ist. Hohe Targetsalden können aber wahrscheinlich nur entstehen, wenn, ich sag’s mal diplomatisch, die Anforderungen an die Sicherheiten unterschiedlich von den nationalen Notenbanken gehandhabt werden, wenn darum ein paar nationale Notenbanken relativ viel Geld schöpfen. Einspruch!, bitte lies noch mal meine Target-Artikel durch: http://www.wirtschaftswurm.net/tag/target-2/, um die Sache besser zu verstehen. Am besten beginnend mit dem ältesten.
TARGET2 ist nicht ausschliesslich Auslandsüberweisungen vorgesehen, sondern für alle Überweisungen zwischen den Geschäftsbanken, also auch innerhalb eines Landes. Daher sind Target2-Euros schlicht Bankreserven.
Aber der Vergleich mit Bretton Woods ist gut. Auch damals hat die Bundesbank schließlich große Buchverluste wegen der anschließenden Aufwertung der DM gegenüber dem Dollar erlitten, ich kann mich aber nicht erinnern etwas davon gehört zu haben, dass deswegen dramatische Aktionen notwendig wurden.
Okay, es hat ein bisschen gedauert, bis der Zentralbankgroschen gefallen ist.
Positive Target2 Salden entstehen, wenn einer dezentralen Notenbank mehr Zentralbankgeld zufließt als sie herausgegeben hat.
Negative Target2 Salden entstehen, wenn eine Notenbank mehr Zentralbankgeld für „innereuropäische Auslandsüberweisungen“™ benötigt als ihr aktuell zur Verfügung steht.
Die Target2 Salden bilden also die Ungleichgewichte des Zentralbankgeldes, die aufgrund der dezentralen Schöpfung entstehen, ab und mehr nicht. Das führt zu folgenden Anomalien:
1. Gibt eine Geschäftsbank Zentralbankgeld an eine Notenbank zurück, die über keinerlei Zentralbankkredite mehr verfügt, wird das Zentralbankgeld nicht mehr vernichtet, wie es sein müsste, sondern auf ein Target2 Konto gebucht.
2. Normalerweise kann nur eine Kreditgewährung der Notenbank an eine Geschäftsbank Zentralbankgeld schöpfen. In der jetzigen Konstruktion kann eine Überweisung (!!) ins innereuropäische Ausland einen Zentralbankgeldschöpfungsprozess auslösen.
Ich bin immer noch der Meinung, die Target2 Salden sind ein eigenständiges Geldsystem. Es hat die Aufgabe, die Ungleichgewichte der dezentralen Geldschöpfung abzubilden. Das macht es auch, aber mehr nicht. Es saldiert die Ungleichgewichte auf und das war es. Target2 in der jetzigen Form ist eine absurde Konstruktion ohne Wert und ohne Sinn.
„TARGET2 ist nicht ausschliesslich Auslandsüberweisungen vorgesehen, sondern für alle Überweisungen zwischen den Geschäftsbanken, also auch innerhalb eines Landes.“ – Okay, bei Inlandsüberweisungen entstehen aber keine Targetsalden der Bundesbank. Um mich also zu präzisieren: Die Target-2-Salden in der Bundesbankbilanz entsprechen Devisenreserven, da man sie nur für Zahlungen im Euro-Ausland aufbrauchen kann.
@Alex Hummel
Ja, die Target2 Salden sind Bankreserven, aber auf Flusskonten, die auch negative Beträge aufweisen können!
@Wirtschaftswurm
Die Target2 Salden sind ohne Berücksichtigung des Geldschöpfungsprozesses weder zu verstehen noch zu interpretieren. Ich habe meine These an einer fiktiven Währungsunion durchgespielt, um zu verdeutlichen, was ich meine:
> Target2 oder der verbuchte Selbstbetrug
Keine Sau kommt da draus. Ihr müsst das aufzeichnen – grafisch und dann mit Kontenkreuzen verbuchen. Fragt einen Buchhalter, Ökonomen taugen da nichts. Vielleicht erklärt es später mal Sal Khan von der Khan Academy, der weiss wie man etwas erklärt (www.khanacademy.com). Dann verstehen wir (und die verantwortlichen Politiker und Notenbanker) die Konsequenzen vielleicht.