übernommen aus Wirtschaftswende vom 19.10.2009
Bruce Bartlett war in den 80er Jahren einer der Architekten und Hauptpropagandisten für Ronald Reagans Steuersenkungspolitik. 1981 erschien sein Buch: “Reaganomics: Supply-side economics in action”. “Supply-side economics” oder Angebotspolitik, so nennt man eine Wirtschaftspolitik, die auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen setzt, um Wirtschaftswachstum zu schaffen.
Heute, etwa 30 Jahre später, erklärt derselbe Bruce Bartlett diese Angebotspolitik für tot. Zu Grabe trägt er sie (unter anderem) im Blog Capital Games and Gains. Bartletts Argumentation: Praktisch alles, was man unter dem Stichwort Angebotspolitik Sinnvolles tun konnte, wurde bereits getan und unter George Dubbeljuh wurde außerdem noch einiges Sinnlose getan. Bartlett bezieht sich insbesondere auf die Steuerpolitik. Während Steuersenkungen zum Allheilmittel für sämtliche ökonomische Probleme erklärt wurden, ging es unter dem letzten republikanischen Präsidenten in der Praxis nur noch um Erleichterungen für republikanische Klientel. Ein ausuferndes Haushaltsdefizit war die Folge. Bartlett verteidigt immernoch die Reagansche Steuersenkung, doch damals ging es um eine Senkung des Spitzensteuersatzes von 70 auf 50 Prozent. Auf dem heutigen Niveau seien eher Steuererhöhungen angebracht, nicht nur um der Finanzkrise gegensteuern zu können, sondern auch um den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft zu begegnen.
Was für die USA gilt, gilt aber meiner Meinung nach auch für Deutschland. Schauen wir uns die Steuerrate, also das Verhältnis von Steuerzahlungen zu BIP an. Die Zahlen finden sich im Monatsbericht des Finanzministeriums. Deutschland hat demnach in Westeuropa die zweitniedrigste Steuerrate, nämlich 23,0%. In den USA ist die Steuerrate mit 21,6% auch nicht viel niedriger, in Ländern wie Frankreich (27,4%), Großbritannien (29,6%) oder gar Dänemark (47,9%) jedoch erheblich höher. Auf dem niedrigen deutschen Steuerniveau ist weitere Angebotspolitik mittels Steuersenkungen aber wirkungslos.
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