Alle Artikel mit dem Schlagwort: Staatsverschuldung

Erzwingt die Schuldenbremse eine Negativspirale nach unten? (I)

In seinem Plädoyer gegen die deutsche Schuldenbremse („Schuldenbremse“ als Politikverzicht) rückt Klemens Himperle ein paar Sachen zurecht, die gerne in Talkshows falsch dargestellt werden. Es reicht allerdings nicht, die Schuldenbremse abzulehnen, denn ein „Weiter so wie bisher“ geht genauso wenig. Der über Jahrzehnte unaufhörliche und anscheinend durch nichts zu beeinflussende Anstieg der Bundesschulden ist zu beängstigend. Doch der Reihe nach. Bekanntlich schreibt die deutsche Schuldenbremse vor, dass der Bund die Nettokreditaufnahme ab 2016 auf 0,35 % des BIPs begrenzt, die Länder dürfen ab 2020 ihren Schuldenstand überhaupt nicht mehr erhöhen. Bei schweren Rezessionen und Naturkatastrophen sind Ausnahmen möglich. Richtig an Himperles Darstellung ist nun, dass Staatsschulden die Generationengerechtigkeit nicht verletzen. Die nachfolgende Generation erbt nicht nur die Schulden, sondern auch die Forderungen. Dies gilt zumindest, solange sich der Staat bei Inländern verschuldet. Richtig ist aber auch, dass die Zinszahlungen für die Schulden hauptsächlich den Reichen zugute kommen. Staatsschulden bewirken also eine Umverteilung von unten nach oben. Jeder der das nicht will, sollte skeptisch sein, wenn sich der Staat verschuldet. Davon ist bei Himperle leider zu wenig …

Bitte zahlen! Und bitte ohne Diskussion!

Eine Zeit lang galt Irland als Musterschüler. Schon mit Beginn der Finanzkrise 2008 setzte die irische Regierung drastische Ausgabenkürzungen durch: Kindergeld, Arbeitslosengeld und andere Sozialleistungen wurden gekürzt, selbst die Gehälter der im öffentlichen Dienst Beschäftigten beschnitt man um 14 %. Nur die Unternehmen blieben unangetastet, sie müssen nach wie vor lediglich 12,5 % Steuern auf den Gewinn zahlen. Das fand im Ausland Beifall und auch die deutschen Medien verbreiteten bis vor ein paar Wochen meist Optimismus, wenn es um Irland ging. Typisch z. B. ein Beitrag von Brigitta Moll für die Deutsche Welle mit dem Titel „Irland wird den Sturm überstehen“ – veröffentlicht am 1. Oktober. Da war allerdings schon bekannt, dass die Anglo Irish Bank neue Staatsgarantien in Höhe von 34 Milliarden Euro braucht. Gleichzeitig mit den Ausgabekürzungen begann Irland nämlich Geld in sein marodes Bankensystem zu pumpen. Die Zahlen sind in sich widersprüchlich, aber laut Handelsblatt wird Irland alles in allem 70 Milliarden in seine Banken stecken müssen, um sie zu retten. Das sind nicht weniger als 44 % des BIPs der Inselwirtschaft. Bei solchen Zahlen nützt …

Wie wir bald Deutschlands Staatsschulden los sind

Die Rechnung des Basler Instituts für Gemeingüter und Wirtschaft ist überzeugend einfach. Die Deutschen haben ein Vermögen von 8,2 Billionen €, angelegt etwa auf Sparkonten, in Aktien oder in Immobilien. Auf der anderen Seite beläuft sich die deutsche Staatsverschuldung (Bund, Länder und Kommunen zusammen) auf 1,72 Billionen €. Einfache Prozentrechnung ergibt: Eine Vermögensabgabe von insgesamt 20,7 % reicht aus, um die gesamten Staatsschulden auf einen Schlag zu tilgen. Völlig utopisch? Sicherlich kann man die Schulden nicht auf einen Schlag tilgen, da die Anleihen, die der Staat herausgegeben hat, festgelegte Fälligkeiten haben. Aber 1,62 der 1,72 Billionen € werden in den nächsten zehn Jahren fällig. Das Projekt „Tilgung der Staatsschulden“ muss man somit als 10-Jahres-Projekt auslegen. Das macht es zudem möglich, auch die Vermögensabgabe auf 10 Jahre zu strecken. Immobilienbesitzer sollten dann kein Problem haben, die Abgabe aus ihren Mieteinnahmen zu bestreiten. Die Basler zumindest trauen den Deutschen so viel Gemeinschaftsgefühl zu, dass sie bereit sind, ein Großprojekt Schuldentilgung zu stemmen. Das „soziale Kapital“ in Deutschland sei groß genug. Außerdem verweisen sie darauf, dass vor allem Gutverdiener …

Staatsbankrott als wohl überlegte Entscheidung

übernommen aus Wirtschaftswende vom 17.12.2009 Eine Überraschung ist es nicht mehr. Nach Fitch stuft Standard & Poors die Bonität Griechenlands herab. Das neue Rating BBB+ für griechische Staatsanleihen bezeichnet durchschnittlich gute Geldanlagen, für die aber bei einer Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage mit Problemen zu rechnen ist. Im Gegensatz zu dem, was in manchen Schlagzeilen suggeriert wird, besteht also aktuell noch keine Gefahr, dass Griechenland seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Aber das kann sich natürlich ändern. Mit wachsender Staatsverschuldung geraten Politiker immer mehr in eine Zwickmühle. Kürzen sie die Sozialausgaben, riskieren sie soziale Unruhen und ein Abwürgen der Wirtschaft. Erhöhen sie die Steuern, riskieren sie einen Aufschrei der Lobbygruppen und ebenfalls ein Abwürgen der Wirtschaft. Die “elegante” Lösung einer Inflation, die zu einer Entwertung der eigenen Schulden führt, steht armen Staaten, die sich hauptsächlich in Fremdwährung verschulden müssen, nicht zur Verfügung. Auch im Euro-Raum ist diese Lösung unwahrscheinlich, denn die EZB wird nicht wegen ein oder zwei Problemländern eine Geldentwertung in ganz Europa provozieren. Unter diesen Umständen wird es wahrscheinlich in Zukunft häufiger zu wohl überlegten …

Von Dubai nach Japan

übernommen aus Wirtschaftswende vom 1.12.2009 Ich persönlich glaube nicht, dass die Zahlungsunfähigkeit des Staatskonzerns Dubai World weiterhin große Wellen schlagen wird. Allerdings wird es wohl auch mit einer bloßen “Umstrukturierung” der Darlehen wie sie jetzt im Gespräch sind, also mit längeren Rückzahlungsfristen, auf Dauer nicht getan sein. Denn der Immobilienmarkt in Dubai, von dem Dubai World lebt, wird noch auf Jahre darnieder liegen. International würde die Situation aber erst eskalieren, wenn nun noch weitere Hiobsbotschaften hinzu kämen. Kritisch sieht es z.B. auch in Lettland und der Ukraine aus. Eine Zahlungsunfähigkeit dieser beiden Staaten würde manche nicht überraschen. Und Lettland ist Mitglied der EU. Im Hintergrund lauert aber Japan. Ein Artikel im Telegraph beleuchtet die Situation im ostasiatischen Inselstaat. Aller Voraussicht nach wird das Verhältnis Staatsverschuldung zu BIP im Jahr 2010 227% erreichen. Wer sich über die staatliche Verschuldung in Deutschland Gedanken macht, die 2010 nach Prognosen der EU-Kommission 72,3% des BIPs ausmachen wird, muss beim Blick nach Japan wohl sofort in Panik geraten. Bei der Beurteilung der Staatsverschuldung ist allerdings auch wichtig, ob die Schulden …

Falsche Argumente für Steuersenkungen

übernommen aus Wirtschaftswende vom 21.10.2009 Langweilt Sie das eigentlich, wenn ich heute wieder über Steuerpolitik schreibe? Macht nichts, denn die anderen schreiben auch darüber, Sie haben also nur die Wahl ob sie hier etwas von mir über Steuerpolitik lesen oder in der FTD von Wolfgang Münchau. Ich empfehle Ihnen, hier zu bleiben. Denn Wolfgang Münchaus Argumente für eine Steuersenkung auf Pump sind entweder falsch oder unpassend. Fangen wir mal bei folgendem Argument an: “In einer Krise darf man sich nicht in einen ausgeglichenen Haushalt hineinsparen. Das verschärft die Krise und so auch die Haushaltslage.” Das ist natürlich allgemein vollkommen richtig, einen ausgeglichenen Haushalt gibt es aber – auch ohne Steuersenkungen – auf absehbare Zeit nur in Münchaus Fantasie. So mag sein Argument in Timbuktistan angebracht sein, aber nicht in Deutschland. Des Weiteren behauptet Münchau: “Die Kritiker unterschätzen wie immer den Wachstumseffekt, und zwar in beide Richtungen.” Dass aber in Wirklichkeit die Befürworter von Steuersenkungen den Wachstumseffekt gnadenlos überschätzen, habe ich mittlerweile schon mehrfach dargelegt. Ich verweise mal der Einfachheit halber auf meine Argumente gegen die …

Abschied von der Angebotspolitik

übernommen aus Wirtschaftswende vom 19.10.2009 Bruce Bartlett war in den 80er Jahren einer der Architekten und Hauptpropagandisten für Ronald Reagans Steuersenkungspolitik. 1981 erschien sein Buch: “Reaganomics: Supply-side economics in action”. “Supply-side economics” oder Angebotspolitik, so nennt man eine Wirtschaftspolitik, die auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen setzt, um Wirtschaftswachstum zu schaffen. Heute, etwa 30 Jahre später, erklärt derselbe Bruce Bartlett diese Angebotspolitik für tot. Zu Grabe trägt er sie (unter anderem) im Blog Capital Games and Gains. Bartletts Argumentation: Praktisch alles, was man unter dem Stichwort Angebotspolitik Sinnvolles tun konnte, wurde bereits getan und unter George Dubbeljuh wurde außerdem noch einiges Sinnlose getan. Bartlett bezieht sich insbesondere auf die Steuerpolitik. Während Steuersenkungen zum Allheilmittel für sämtliche ökonomische Probleme erklärt wurden, ging es unter dem letzten republikanischen Präsidenten in der Praxis nur noch um Erleichterungen für republikanische Klientel. Ein ausuferndes Haushaltsdefizit war die Folge. Bartlett verteidigt immernoch die Reagansche Steuersenkung, doch damals ging es um eine Senkung des Spitzensteuersatzes von 70 auf 50 Prozent. Auf dem heutigen Niveau seien eher Steuererhöhungen angebracht, nicht nur um …

Laffer-Kurve und kein Ende

übernommen aus Wirtschaftswende vom 15. 10.2009 CDU und FDP versuchen nach wie vor in ihren Koalitionsverhandlungen eine Quadratur des Kreises zu finden, nämlich Steuerentlastungen und Haushaltskonsolidierung gleichzeitig durchzuführen. Ich bin gespannt, mit welchem billigen Zaubertrick die Illusionskünstler aus ihren Verhandlungen herauskommen werden. Ich hoffe nur, es fällt ihnen mehr ein als die berühmte Laffer-Kurve. Die Existenz einer solchen Laffer-Kurve bestreitet übrigens niemand. Es ist klar, dass bei einem Steuersatz von 100% alle Beschäftigung in die Schwarzarbeit abwandert (abwandern muss) und der Staat keinen Cent Einnahmen erzielt. Ein Steuersatz von 100% bringt also genauso viel Steuern ein wie ein Steuersatz von 0 %. Und irgendwo zwischen 0% und 100% muss es demnach ein Maximum geben, also einen Steuersatz bei dem die Steuereinnahmen maximal sind und den zu überschreiten völlig sinnlos ist. Fragt sich nur, wo. Dummerweise besteht in der Wirtschaftswissenschaft – auch nach nun 35 Jahren Diskussion – kein Konsens über diesen maximal sinnvollen Steuersatz. Daran wird auch die neue Studie von Uhlig und Trabandt nichts ändern, die sie mittels Handelsblatt-Weblog in die Diskussion einzubringen versuchen. …