Wirtschaftswurm-Blog

Gerechte Löhne – eine Debatte auch zum Bahnstreik

Runde bei Günther Jauch

Ab heute wollen die Lokführer für mehr Gerechtigkeit streiken. Auch die Erzieher wollen Gerechtigkeit und haben beschlossen zu streiken. Aber was heißt das – gerechte Löhne? Es gibt eine einfache Definition, die aber die meisten Probleme nicht löst.

Passend zum Thema gab es bereits am Sonntag Abend eine Talkshow mit Günther Jauch. Es ging um die Erzieherin im Publikum, die es ungerecht findet, dass sie weniger verdient als ein Grundschullehrer. Und es ging um den Polizisten, der es ungerecht findet, dass er in Berlin weniger verdient als ein bayrischer Polizist.

Was ist also gerecht? Günther Jauchs Gesprächskreis fand nicht wirklich eine Lösung. Der in einem Einspieler vorgestellte Ansatz des Arbeitspsychologen Christian Katz, mit dem die Anforderungen an ganz verschiedene Berufe durch ein Punktesystem vergleichbar gemacht werden sollen, fand keine Gnade in der Runde; zumindest dann nicht, wenn man mit ihm Lohnhöhen festsetzen wollte. DGB-Chef Hoffmann wies darauf hin, dass die Frage, wie verschiedene Berufe eingruppiert werden, ein kompliziertes Geschäft ist.

Jauchs Problem lag vielleicht daran, dass er den Begriff Gerechtigkeit überstrapaziert hat. Gerechtigkeit ist nämlich häufig keine Lösung, wenn man einen höheren Lohn will. Denn der Begriff „gerechte Bezahlung“ erschöpft sich in einem einfachen Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Wie aber bezahlt werden soll, wenn die Arbeit ungleich ist, darauf hat der Gerechtigkeitssucher keine Antwort. Oder besser, jeder Gerechtigkeitssucher hat darauf eine andere Antwort und es gibt keine allgemeine.

Die Erzieherin im Publikum wird es vor diesem Hintergrund schwer haben, gleiche Bezahlung mit Grundschullehrern zu erhalten. Schon allein die Ausbildung ist unterschiedlich: Fachschulbesuch bei Erziehern versus Studium bei Lehrern. Nebenbei: Man diskutiert ja, ob nicht auch Erzieher besser ein Studium absolvieren sollen. Aber gleichzeitig beklagt man den Mangel an Erziehern. Da sollte klar sein: je höher die Anforderungen an den Erzieherberuf werden, desto geringer wird das Angebot an Erziehern. Man muss sich schon entscheiden, was wichtiger ist.

Dass nun ein bayrischer Polizist mehr verdient als ein Berliner ist nach dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Tat ungerecht. Allerdings muss man die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten berücksichtigen. Dazu erklärte Gregor Gysi bei Jauch, dass in strukturschwachen Regionen nicht nur die Löhne steigen sollten, sondern auch die Preise. Was allerdings gewonnen wäre, wenn im Erzgebirge die Löhne um 15% steigen und gleichzeitig auch die Preise um 15%, blieb Gysis Geheimnis. Eine solche Entwicklung würde lediglich die Anreize für Betriebe sich im Erzgebirge anzusiedeln zerstören.

Und ansonsten hat es natürlich der Berliner Polizist selbst in der Hand, die Ungerechtigkeit zu beseitigen. Er kann sich in Bayern bewerben! Dass er es nicht tut, zeigt, dass es Dinge gibt, die noch wichtiger sind als Gerechtigkeit.

Bild: Gesprächsrunde in der Sendung „Günther Jauch“ am 3.5


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4 Kommentare

  1. Chris sagt

    Unterschiedliche Lebenshaltungskosten? Wenn man mit dieser Argumentation anfängt, hört man bei Armutslöhnen auf. Einer meiner Chefs sagte während einer Gehaltsverhandlung ernsthaft zu mir, ich solle mir doch nen Partner oder en billigeres Auto zulegen, oder in ne WG ziehen… Hallooooo…. Ich möchte nicht die Lebenshaltungskosten ausgezahlt bekommen, sondern den meiner Tätigkeit und Leistung angemessenen Lohn.

    Dass es bei den Beamten so ist, hat wohl den Grund, dass sie versetzt werden könnten, wegen der Versetzung aber ihren unkündbaren Job wohl nicht so einfach hinwerfen werden. Zumal sie ja „nix richtiges“ gelernt haben. Eigentlich haben die alle das gleiche Grundgehalt! Ledigleich die Ortszuschläge variieren, als Entschädigung. Also nicht wirklich ungerecht.

  2. Häschen sagt

    Gerechtigkeit ginge allein wenn man auf der Ebene von Prinzipien festlegt dass Vermögensbildung ein Ziel ist. Recht viel mehr fällt mir nicht ein.

    Das ist trivial erklärt über den Tausch. Nachdem der Umsatz reinkommt wird der verbliebene Rest entlang der Hackordnung im Betrieb im Rahmen des Unternehmens durch den Lohn festgelegt – damit ist man der Bewertung von Menschen ausgeliefert die selbst Teil des Umverteilungssozialismus sind. Nur wer Rechnungen schreibt wird am Ende für Arbeit belohnt und kann dieses belohnende Element doch sehr aktiv mitgestalten. Also ist der Umsatz die Belohnung und nicht das Einkommen.

    Was am Monatsende bleibt ist der Gewinn aus Arbeit und der wandert ins Vermögen. Dann kann man diskutieren inwieweit Arbeitsteilung und Tausch erlauben den Job eines Polizisten abzubilden. Die unselbstständige Erwerbstätigkeit hat den Nachteil im Kontext der Arbeitsteilung, dass man nicht nur vom eigenen Einsatz abhängt sondern von alle anderen Beteiligten, dem Fleiß der Arbeitskollegen im Betrieb, der Tauschfreude der Kunden (woher soll die ohne Vermögensbildung kommen?) und dem Lieferanten. Limitiert ist die gesamte Umverteilerei ob des Preises, der wirkt auf die Struktur.

    Bleibt die Frage, ob man dieses eher dieses klassische Modell der Bewirtschaftung
    a) Preis – wirkt auf Struktur der Bewirtschaftung eines begrenzten Ressorucenpools
    b) Gewinn definiert über das Geschick im Rahmen von Investition den Ressourcenverbrauch zu senken und damit den Pool nachhaltiger zu bewirtschaften ergänzt um die Rücklagen/Investitionen die notwendig sind die eigene erfolgreiche Bewirtschaftung Fortzusetzen
    c) entnehmbarer Gewinn als verbleibender Rest

    kann durchhalten. Es schaut nicht ganz so aus.

    ‚www.youtube.com/watch?v=dst1kDHJqAc‘
    (Peter Kruse – Wandel der Arbeitswelt)

    Aber wie sie sehen und von mir angemerkt. Umverteilungsdiskussion bleibt spannend aber ist in Zukunft noch bestenfalls für einen kleinen Bruchteil wirklich spannend … Bekommt die Politik bei dem Steckenpferd ein Problem?

    Den Preis als strukurbildendes Element aufzugeben scheint kühn. Die Umverteilungsphantasien bleiben begrenzt. Es ist ja auch nicht wirklich gerechter in einem durch Fehlallokation finanzierten Betrieb einzubringen – Verschwendung von Lebenszeit.

    Für Gerechtigkeit muss man selbst sorgen, sie wird nicht an einem herangetragen. Die Umverteilung stabilisierende Maßnahmen lassen sowieso eher wenig Spiel für Eigeninitiative. Vermögen macht erst dann Sinn, wenn man investieren kann – Geld wird dort investiert wo der einzelne sein Talent einbringt. Investition muss Zins bringen usw…

    Ein Vermögen schlägt im Beobachtungszeitraum genau einmal um (Konstant ala Lichtgeschindigkeit … von der Idee her). Jetzt stellt sich mir die Frage, ob durch Dritte investiertes Kapital nicht Konsum ist – Zins auf Konsum ist kühn. Aus Sicht des Investierenden ist Konsum und Geld investieren ohne sich einzubringen am Ort der Investition fast das selbe – so gut wie. Geld weggeben und die Produktion eines Gutes zu finanzieren tut man normalen Arbeitsleben auch. Der Vorgang ist allein aus der Sicht der Betriebe nicht partizipativ, aus der Volkswirtschaft löst sich dieser Widerspruch begründet durch die Arbeitsteilung auf. Das eingesetzte ‚Kapital‘ dreht aus der Sicht des Investors in diesem Fall mit Null. Es ist weg – etwas blumig formuliert. In einem Fall bringt es Zins … im anderen Fall stiftet es hoffentlich Nutzen für einen selbst (Konsum). Das ist jetzt keine Schelte in irgendeine Richtung.

    Die Frage ist, ob man nicht durch zu hohe Löhne die nach der Logik zugewiesen werden, wer weniger kann dem geben wir mehr Tauschmittel, denn der muss mehr tauschen – selbst wenn das Unvermögen in der mangelnden Zeit ausgedrückt ist sein Talent anzuwenden. Das ist keine Arbeitsteilung im Sinne von Bedarf.

  3. @Chris,
    naja, wenn in einer Region die Lebenshaltungskosten niedriger sind, kann man das schon berücksichtigen. Das individuell zu machen ist natürlich Unsinn. Ich kenne auch keine Firma, die Angestellten, die viel Miete zahlen müssen, mehr bezahlt.

  4. Im Vorfeld muß ich sagen, dass ich kein Gewerkschaftler bin. Aber trotzdem bin ich der Meinung das Gewerkschaften die einzigen sind, die für höhere Löhne der Arbeitnehmer kämpfen. Und das ist auch gut so! Wer schon mal mit seinem Chef über eine Lohnerhöhung verhandelt hat, der weiß wie schwierig das sein kann. In Deutschland wird schon lange nicht mehr nach Leistung bezahlt. Ich bin der Meinung, dass der Fleißige auch mehr verdienen muß. Doch hier gibt es keine Gerechtigkeit mehr. Die Gewerkschaften erkämpfen wenigsten höhere Löhne für alle und die Höhe muß abhängig von der Inflationsrate sein. Leider übertreiben es einige Gewerkschaften etwas siehe Bahn und Lufthansa. Das Problem bei dem Bahn-Streik ist das es zwei verschiedene Konkurrenz-Gewerkschaften gibt. Und die eine die andere übertreffen muß. Das geht solange gut bis der Gesetzgeber dem Treiben einen Riegel vorschiebt. Gruß Aderius

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