Wirtschaftswurm-Blog

Russland und die Ukraine: ökonomische Hintergrunddaten zum aktuellen Konflikt

BIP pro Kopf 1992-2012 Ukraine und Nachbarn Ausschnitt

Russland und die Ukraine im Vergleich. Man sieht: Dass ausgerechnet die Ukraine so ein großer Konfliktherd ist, lässt sich auch mit ihrer ökonomischen Entwicklung nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erklären.

Zunächst einmal etwas wenig überraschendes, was man sich aber gar nicht oft genug klar machen kann: Russland und die Ukraine sind zwei ungleiche Brüder. Zum einen von der Bevölkerung her. Russland hat 3,1 mal so viele Einwohner wie die Ukraine.

Bevölkerung Russland Ukraine 2012

Noch deutlicher sind die Unterschiede bei der wichtigsten wirtschaftlichen Größe, dem Bruttoinlandsprodukt oder BIP. Die wirtschaftliche Leistung Russlands ist 7,5 mal so hoch wie die der Ukraine.

BIP Russland Ukraine 2012

Aus den beiden Zahlenpaaren lässt sich bereits schlussfolgern, dass es den Russen im Durchschnitt erheblich besser geht als den Ukrainern. In der folgenden Darstellung des BIP pro Kopf habe ich aber neben Russland und der Ukraine die beiden anderen großen Nachbarn der Ukraine hinzugefügt: Polen und Rumänien.

BIP pro Kopf Ukraine, Russland, Polen, Rumänien 2012

Man sieht: Egal aus welcher Richtung man sich der Ukraine nähert, man fällt in ein Wohlstandsloch. Selbst gegenüber dem schon armen Rumänien besteht ein deutliches Wohlstandsgefälle.

Es verwundert also nicht, dass die Ukrainer mit ihrer Situation unzufrieden sind. Und es verwundert auch nicht, dass sie sich – je nach den historischen und kulturellen Verbindungen – im Westen der Ukraine eher an Polen orientieren, im Osten eher an Russland.

Vor diesem Hintergrund interessant sind die Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Sowjetunion. Im nachfolgenden Diagramm habe ich diese Zeit einmal in zwei Dekaden aufgeteilt: 1992-2002 und 2002-2012.

Entwicklung des BIPs pro Kopf 1992-2002 und 2002-2012 Polen, Rumänien, Russland, Ukraine

Im ersten Jahrzehnt entwickelte sich die Wirtschaft in den vier betrachteten Staaten extrem unterschiedlich. Polen erholte sich bereits relativ früh und verbuchte bis 2002 enorme Wohlstandssteigerungen gemessen am realen BIP pro Kopf. Deutlich verhaltener, aber immer noch positiv war die Entwicklung in Rumänien.

Wiederum deutlich schlechter als in Rumänien war die Wirtschaftsentwicklung in Russland. So lag das Wohlstandsniveau der Russen 2002 noch leicht unter dem von 1992 (das ja bereits auch ein Krisenjahr war). Im Vergleich mit den Ukrainern war das aber immer noch gut. Das reale BIP pro Kopf lag in der Ukraine 2002 noch einmal 35,5% unter dem von 1992. Die Ukrainer waren also die größten Verlierer der Umwälzungen nach dem Mauerfall 1989 und dem Ende der Sowjetunion 1991.

Die zweite Dekade 2002-2012 zeigt dagegen ein anderes Bild. In allen vier betrachteten Ländern stieg das reale BIP pro Kopf deutlich. Die beste Entwicklung verzeichnete Russland, aber im Gegensatz zur Dekade 1992-2002 sind die Wachstumsunterschiede nun relativ gering. Für die Ukrainer hieß das aber auch, dass sich die Diskrepanzen zu den Nachbarländern, die sich in der ersten Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aufgetan haben, nicht wieder geschlossen haben.

Es ist absehbar, dass die aktuellen Unruhen und Spannungen in der Ukraine das Land abermals zu einem wirtschaftlichen Verlierer machen werden.

Daten des IWF


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/www/wp-includes/class-wp-comment-query.php on line 405

4 Kommentare

  1. Und ich fürchte, so lange die Ukrainer nicht kapieren, dass die Ukrainischen Oligarchen für diese Situation maßgeblich verantwortlich sind, wird sich wenig daran ändern.

  2. Pingback: Kleine Presseschau vom 6. März 2014 | Die Börsenblogger

  3. Die Ukrainer haben es wohl kapiert. Allerdings werden sie die einen Oligarchen nicht ohne die Hilfe der anderen Oligarchen los. Und jetzt sollen 11 Milliarden € EU-Gelder in die korrupten ukrainischen Strukturen fließen. Die EU lernt es wohl nie.

  4. Pingback: Russland – stark oder schwach? | Carta

Kommentare sind geschlossen.