Wirtschaftswurm-Blog

Der Bericht der Troika: Griechenland nach 2 1/2 Jahren Reformen und Rettungen

Die Griechen haben geliefert.“ So wird Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker diese Woche in allen einschlägigen Medien zitiert. Nun seien die internationalen Geldgeber am Zuge. Auf den Griechenland-Bericht der Troika kann Juncker seine Aussage aber kaum stützen. Im Folgenden ein Überblick über die kritischen Passagen des Berichts.

Doch eines vorweg: Der vollständige Troika-Bericht wurde bislang noch nicht im Netz veröffentlicht. Lediglich der Entwurf ist durchgesickert und auf den stütze ich mich. Ob die großen Presseredaktionen mehr vorliegen haben oder ihre Berichte auch nur auf dem Entwurf fußen, wird nicht ganz klar. Anscheinend verfolgt Juncker die Strategie, zuerst mit seinen eigenen  Interpretationen für positive Stimmung zu sorgen, die unangenehmen Fakten aber später zu veröffentlichen, wenn die Medienaufmerksamkeit wieder abgezogen ist.

Zu den Daten und Fakten: Die griechische Wirtschaft liefert nach wie vor nicht und wird dies auch in den nächsten beiden Jahren voraussichtlich nicht tun. Wirtschaftswachstum ist für die Troika frühestens 2015 in Sicht.

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Wachstum des griechischen BIPs -0,2% -3,3% -3,5% -6,9% -6,0% -4,0% 0,0%

Damit wird Griechenland 6 Jahre lang in Folge Rezession haben. Ich weiß nicht, ob es eine so lange Rezession schon einmal irgendwo gegeben hat. Am Ende wird Griechenlands Wirtschaft wieder auf dem Level von 2001 angekommen sein.

Auch der griechische Arbeitsmarkt liefert nicht. 2012 wird die Arbeitslosenrate wohl bei 22,4% liegen und auch 2014 mit 21,0% nur wenig besser sein.

Immerhin liefert die griechische Exportwirtschaft, allerdings nur tröpfchenweise. Dieses Jahr werden die griechischen Exporte um 0,8% wachsen. Was sagt uns das, wenn ein solcher Mini-Erfolg im Troika-Bericht groß herausgestellt wird?

Angesichts der desolaten Wirtschaftsdaten verwundert es nicht, wenn auch der griechische Staatshaushalt nicht aus den Miesen herauskommt.

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
griechisches Staatsdefizit in % des BIPs 9,8% 15,6% 10,7% 9,4% 6,9% 5,4% 4,5%

Als die Griechenlandrettung 2010 begann, hat man gesagt, dass sich die Hellenen in drei Jahren wieder selbst werden finanzieren können. Nun, zweieinhalb Jahre später, wird der vollständige Staatsbankrott nur durch Notmaßnahmen abgewendet.

Man redet jetzt davon, dass Griechenland erst 2022 eine angeblich dauerhaft tragfähige Schuldenlast von 120% des BIPs erreicht. 120% sind allerdings immer noch viel zu hoch für ein Land, das sich quasi in Fremdwährung verschulden muss, und als Fremdwährung ist der Euro in Griechenland zu sehen. Die Anleger werden also auch 2022 keine griechischen Anleihen akzeptieren. Griechenland wird auch danach noch am Tropf der EU hängen.

Ach ja, die internationalen Geldgeber seien am Zuge, meinte Juncker ja. So, als ob von denen noch nichts gekommen sei. Die 148,6 Milliarden € Rettungsgelder, die Griechenland bislang bekommen hat, übergeht er damit.


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6 Kommentare

  1. Pingback: Kleine Presseschau vom 15. November 2012 | Die Börsenblogger

  2. Teufel sagt

    Ist schon unverschämt, was da an Volksverblödung betrieben wird. Man wünscht sich fast, dass die nur bekifft wären.

  3. Das Häschen sagt

    Interessant die Beobachtung mit Niveau 2001. Dachte ich mir bei einigen Länderen, dass das Ziel der Austerity sei auf 2001 zurückzusetzen. Griechenland hat geliefert, leider ist es auch geliefert. Vermutlich erzählt uns in 2 Jahren jemand, das Wachstum sei nach Griechenland zurückgekehrt sei.

  4. Pingback: 5 vor 10: Euro, Troika, Kreditkartenbetrug, Bundesliga, Wirtschaftsweise | INSM Blog

  5. Bei aller Kritik an der Troika, muss man allerdings in diesem Fall auch sagen, dass das Handeln der griechischen Politiker eine Katastrophe ist. So gelang es Estland/Lettland/Litauen sehr viel schneller, sich von ähnlichen Schocks zu erholen. Die Unsicherheit und miserable Institutionen in Griechenland zerstören Vertrauen und das Potenzial einer relativ gebildeten Bevölkerung kann nicht annähernd effizient genutzt werden. Die zusätzlichen Sparbemühungen zum jetzigen Zeitpunkt sind allerdings ebenfalls ein Fehler, den man wiederum der Troika ankreiden kann. Das Primärdefizit der Griechen ist nahe 0, da könnte man bei 25% Arbeitslosigkeit durchaus eine Stundung der Zins und Schuldzahlungen rechtfertigen. Ein Beharren auf unrealistischen Maximalforderungen kann in die Katastrophe führen, die Entwicklung der Weimarer Republik sollte ein Warnung sein.

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