Wirtschaftswurm-Blog

Links und rechts in der Wirtschaftspolitik

Die Frage, „Was ist links?“, hat nun auch die Wirtschaftsblogs erreicht. In der Diskussion fehlt allerdings bislang ein Rückgriff auf grundlegende Vorstellungen von Gerechtigkeit.

Kantoos und Mark Schieritz streiten sich in ihren Wirtschaftsblogs darum, wer der bessere Linke ist. Und über dem Ganzen schwebt FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher, der begonnen hat zu glauben, dass die Linke recht habe.

Wenn anerkannte Wirtschaftsblogger diskutieren, darf man mehr erwarten als in der banalisierten politischen Alltagsdiskussion. Dort reicht es ja schon aus, bestimmte Begriffe zu verwenden, um sich als „links“ oder „rechts“ zu offenbaren. „Solidarität“ z. B. ist ein typisch linker Begriff. Wer solidarisch ist, muss also ein Linker sein, ganz gleich, mit was er sich jetzt solidarisiert.

Leider reißt Mark Schieritz irgendwann in seinem Beitrag die Messlatte banaler Politikdiskussion. Die Bankenrettung wird zum linken Programmpunkt erklärt. Man hilft ja irgendwem, der in einer relativen Zwangslage ist. Solidarität mit Swimming-Pool-Besitzern in Nobelvierteln eben.

Tatsächlich ist jedoch Schieritz Satz: „Wenn der Preis [für die Bankenrettung] ist, dass ein paar Bankaktionäre profitieren, dann bin ich bereit, ihn zu bezahlen“, ein knallhart rechter Satz. Denn „Linkssein ist im Endeffekt eine Frage der Werte und Ziele“, schreibt Kantoos. Und meinerseits sei ergänzt: Zentral für linke Werte und Ziele ist die Verteilungsgerechtigkeit.

Ein echter Linker wird nie (so wie Mark Schieritz) die Frage der Verteilungsgerechtigkeit als bloßes Beiwerk betrachten. Für einen echten Linken ist es immer wesentlich, zu sehen, wer von einer Maßnahme profitiert und wer bezahlt. Danach entscheidet er. Bankenrettung mag vernünftig sein (oder auch nicht, so generell sollte man sich da gar nicht festlegen), gut ist sie nur, wenn nicht die kleinen Leute die Zeche zahlen.

Um es auch klar zu sagen: Verteilungsgerechtigkeit ist mehr als bloße Chancengleichheit. Es reicht nicht aus, wenn alle (unabhängig von Herkunft usw.) die gleiche Chance haben, reich zu werden. Wenn es nur ein paar Reiche gibt, aber die große Masse der Bevölkerung am Hungertuch nagt, ist das trotzdem keine gerechte Gesellschaft.

Verteilungsgerechtigkeit heißt andererseits aber auch nicht Verteilungsgleichheit. (Radikale Linke mögen hier anderer Auffassung sein.) Wer mehr arbeitet oder wer die besseren Ideen hat, muss dafür belohnt werden. Es ergibt sich ein weites Feld für Fragen, wie man Verteilungsgerechtigkeit und Tauschgerechtigkeit (Leistung und Gegenleistung sollen im Wert übereinstimmen) zusammenführt.


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3 Kommentare

  1. Danke für den interessanten Beitrag! Allerdings bin ich nicht sicher, ob links und rechts wirklich noch die passenden Kategorien sind (siehe meinen hoffentlich verlinkten Blog-Beitrag).

    Zur Verteilungsgerechtigkeit gibt es unterschiedliche Positionen. Für die einen (die wohl wirklich ziemlich links sind) ist nur Gleichheit gerecht, für andere (die liberaler bis libertär eingestellt sind) ist jede Verteilung gerecht, die sich ohne Zwang aus fairen (ggf. gleichen) Anfangsbedingungen ergibt, während Utilitaristen z. B. den Gesamtnutzen unabhängig von der konkreten Verteilung maximieren wollen (dabei aber der abnehmende Grenznutzen insbesondere gegen zu große Armut einiger spricht). Wirklich ‚rechts‘ wäre dagegen wohl erst ein inhärent ungleiches Weltbild, bei dem z. B. Adlige, (tapfere) Männer oder das eigene Volk mehr wert sind und dementsprechend mehr haben sollen als andere.

  2. Wirtschaftswurm sagt

    @Wirtschaftsphilosoph
    Dein Blog-Beitrag ist noch nicht verlinkt, das will ich aber hiermit gerne nachholen.
    Wenn „Links“ heißt, mit allem Möglichen und Unmöglichen solidarisch zu sein, dann ist Links in der Tat keine sinnvolle Kategorie mehr. Ich denke, hierauf zielst du in deinem Blogbeitrag ab. Und so schreibe ich es ja oben im Wesentlichen ebenfalls. Linke, die jede Woche eine andere Sau durchs Dorf treiben (letzte Woche Hungertote in Ostafrika, diese Woche Griechenland, nächste Woche die armen Banken) kann eigentlich keiner ernst nehmen. Es gibt sie aber zahlreich.

  3. Pingback: Kleine Presseschau vom 15. September 2011 | Die Börsenblogger

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