Alle Artikel mit dem Schlagwort: EZB

Die EZB will das Bundesverfassungsgericht für dumm verkaufen

Diese Schlussfolgerung ergibt sich zumindest aus der schriftlichen Stellungnahme der EZB für das Bundesverfassungsgericht. Morgen und übermorgen finden bekanntlich die Anhörungen vor dem Bundesverfassungsgericht statt. Die Kläger wenden sich nun nicht mehr nur gegen den ESM, auch die Anleihekäufe der EZB (OMT genannt) und die Targetsalden sind Thema. In ihrer schriftlichen Stellungnahme tritt die EZB den Einwänden aber unter anderem mit folgendem Argument entgegen: Die durchschnittliche Inflation habe im Zeitraum von Januar 1999 bis November 2012 bei 2,06% gelegen und damit sei das Ziel erreicht, mittelfristig eine Preissteigerungsrate von unter, aber nahe 2 % beizubehalten. Man wundert sich nur. Zum einen liegt 2,06 % zwar vielleicht nahe bei, aber, wenn mich die Erinnerungen an meine Mathestunden nicht trügen, keinesfalls unter 2 %. Diese Abweichung mag unwichtig sein, dazu gleich mehr. Aber zu behaupten 2,06% liege unter 2 % ist schon dreist. Will man der Aussage überhaupt irgendeinen Sinn abgewinnen, dann wohl nur den, den Leser schon gleich auf Seite 6 einer 52-seitigen Stellungnahme so zu verwirren, dass er danach auch jeden anderen Unsinn hinzunehmen bereit …

Japan, die Europäische Zentralbank und der Währungskrieg

Shinzo Abe, der japanische Premier, wird beschuldigt, einen Währungskrieg anzuzetteln. Dabei will Japan jetzt nur eine ähnliche Geldpolitik wie die Europäische Zentralbank betreiben. In einer gemeinsamen Erklärung von japanischer Notenbank und japanischer Regierung heißt es zunächst lediglich, dass die Notenbank fortan ein Inflationsziel von 2 % verfolgen soll. Das ist mehr als vorher. Da lag das Inflationsziel bei 1 %. Andererseits ist der Unterschied zum Inflationsziel der Europäischen Zentralbank minimal. Die EZB hat ihr Inflationsziel mit „unter aber nahe 2 %“ festgelegt. Wenn Japans Inflationsziel Währungskrieg bedeutet, dann betreibt die EZB ihn schon lange. Mehr als auf das Ziel kommt es aber auf die Mittel an. Laut Süddeutsche hat die japanische Notenbank erklärt: „sie werde unbegrenzt Geld in die Märkte pumpen. Sie will Staatsanleihen kaufen, Unternehmensanleihen und auch Aktien.“ Wirft die japanische Notenbank nun die Druckerpressen an und kauft mit dem neu geschaffenen Geld alles an den Börsen auf, egal zu welchem Preis? – Das wäre natürlich Wahnsinn, ist aber tatsächlich keineswegs geplant. Was die Süddeutsche meint, ist nämlich nicht unbegrenzt, sondern unbefristet. (Und das sollte sie dann …

Beruhigung an der Target-2-Front?

Im September sind die Target-2-Forderungen der Bundesbank so stark gesunken wie lange nicht mehr. Ist das eine Trendwende? „Die Euro-Skeptiker haben ja in den letzten Monaten einen Riesenbohei um jeden Anstieg gemacht … Ob die jetzt auch alle genau so breit über den Rückgang berichten?„, fragt Blogger Egghat. Nun, ich nehme mit diesem Artikel den Ball auf. Wer zuvor noch einmal wissen will, was es mit den Targetsalden auf sich hat, kann dies in meinen beiden Einführungsartikeln zum Thema Target 2 und im Artikel „Target 2 – Eine Debatte über die Schieflage des Eurosystems“ nachlesen. Nun aber zum Aktuellen. Absolut gesehen ist der September-Rückgang der Targetforderungen der Bundesbank mit 56 Milliarden € der größte monatliche überhaupt. Was sind die Ursachen? Eine erste Fährte liefert Hans-Werner Sinn in einem Welt-Interview: Im Rahmen der EZB-Politik kauft die Bundesbank Staatsanleihen der Problemländer. Das nennt sich Wertpapiermärkteprogramm  oder „Securities Markets Programm“ – SMP. Dadurch fließt wieder Liquidität in die Problemländer. Die Targetsalden können sinken. Es werden aber lediglich Targetkredite durch reguläre Auslandskredite ersetzt. Nun erhöhte sich der gesamte Bestand …

Vom Teufelskreislauf aus Banken- und Staatsschuldenkrise

Die Staaten verschulden sich im Übermaß, um die Banken zu stützen, (aktuell gerade in Spanien); und die Banken brauchen immer mehr Hilfe, da sie durch riskante Staatsanleihen diese Staatsschulden finanzieren. Ein Teufelskreis. Aber wie ihn durchbrechen? Gerade stolpere ich mal wieder über Olaf Storbeck, pardon, über eine seiner Aussagen: „Statt mit den LTROs den Umweg über die privaten Banken zu gehen, hätte die EZB meiner Meinung nach selbst weiter und in größerem Ausmaß  auf dem Sekundärmarkt Staatsanleihen aufkaufen sollen.“ LTRO, das waren ja die Dreijahrestender, mit denen die EZB rund eine Billion Euro günstig und langfristig an die Banken verteilt hat. Die europäischen Banken haben das Geld zu einem nicht unerheblichen Teil in südeuropäische Staatsanleihen angelegt. Und damit, so Storbeck, sind die Banken (noch) krisenanfälliger geworden. Das ist der Teufelskreis. Ein Teufelskreis kann keine Lösung sein, da bin ich mit Olaf Storbeck (und wohl jedem anderen vernünftig denkenden Menschen) einer Meinung. Er muss durchbrochen und nicht weiter von der EZB angefeuert werden. Aber Storbecks Lösung, die EZB solle gleich selbst die riskanten Anleihen kaufen, ist …

Target-2-Wortverdreherei: Ein notwendiger Versuch der Entwirrung

So, so, die Target-2-Forderungen der Bundesbank sind angeblich keine Kredite. Das behaupten Peter Bugold und Sebastian Voll von den Universitäten Jena und Leipzig sowie Olaf Storbeck in seinem Handelsblog. Damit tragen die drei allerdings zur maximalen Verwirrung bei. Im folgenden der notwendige Versuch der Entwirrung. Im Kern geht es mir um diese Sätze von Bugold und Voll: Wenn es sich bei TARGET2-Forderungen tatsächlich um Überziehungskredite der Kernländer an die Peripherie handeln würde, so könnten sie jederzeit mittels Übertragung von gesetzlichem Zahlungsmittel vom Schuldner auf den Gläubiger getilgt werden. Das ist aber genau der Mechanismus, durch den diese Forderungen entstanden sind. Paradoxerweise könnte hier also eine „Tilgung“ mittels gesetzlichen Zahlungsmittels nur stattfinden, indem der Gläubiger (hier: die Überweisungen empfangende NZB) dem Schuldner (hier: die Überweisungen beauftragende NZB) Geld übergibt.” Fangen wir ganz klein an. Reden wir von dem Wirtschaftswurm und von Olaf Storbeck. Beide haben ein Girokonto bei der Sparkasse in Wurmhausen. Anfangs sind beide Konten ausgeglichen: Wirtschaftswurm Olaf Storbeck 0 0 Nun treffen sich der Wirtschaftswurm und Olaf Storbeck zur Meisterschaftsfeier von Schalke 04 in …

Die vorhergesagte Apokalypse und der griechische Schuldenschnitt

Zweieinviertel Jahre, nämlich seit Dezember 2009, als erst Fitch und dann Standard&Poors die Anleihen Griechenlands herabstuften, wurde über einen möglichen Schuldenschnitt des Landes diskutiert. Das waren zweieinviertel Jahre, in denen viel Unsinn über einen Schuldenschnitt verbreitet wurde, in denen teils bewusst, teils unbewusst unnötige Panik verbreitet wurde. Was wurde da nicht alles erzählt! Beispiele? Bitte! Wirtschaftsredakteur Dirk Hinrich Heilmann sagte im Handelsblog im Januar 2011 für den Fall einer Umschuldung eine „Panik wie nach der Lehmann-Pleite“ voraus. „Wochenlange politische Diskussionen“ würden die Krise noch verschlimmern. Nun, über den jetzigen Schuldenschnitt wurde seit Juni 2011, also neun Monate lang, auf höchster Ebene verhandelt. Nicht, dass diese lange Zeitdauer nötig gewesen wäre, wenn die Politik zielstrebiger gehandelt hätte.  Aber in dieser Zeit (seit 17.6.11) fiel etwa der Dax um gerade mal 3,4 %. Panik sieht anders aus. Da fragt sich natürlich, auf welche Quellen Heilmann seine Einschätzung stützte. Leute aus der Finanzbranche? So kann man nachlesen, dass die Ratingagentur Moody’s am 24.5.2011 vor der „gefährliche Sogwirkung“ eines Schuldenschnitts „auf finanzschwache Länder“ warnte. Und etwa einen Monat später …

Neue Griechenlandhilfen: Einigung ohne Lösung

Das neue Hilfspaket für Griechenland bedeutet nicht nur einen weiteren Rechtsbruch, sein Scheitern ist darüber hinaus bereits absehbar. Die europäischen Finanzminister haben sich untereinander geeinigt. Auf SPON werden die wichtigsten Punkte aufgezählt: neue Hilfsgelder aus dem Euro-Rettungsschirm in Höhe von 130 Milliarden € und ein freiwilliger Schuldenerlass der privaten Gläubiger in Höhe von 107 Milliarden €. Auch die EZB soll beteiligt werden, indem sie die Gewinne, die sie bei Rückzahlung der griechischen Anleihen macht, über die nationalen Zentralbanken an die Regierungen weiterleitet. Letzteres ist natürlich ein erneuter Rechtsbruch. Allein schon die Beteiligung der EZB an den Verhandlungen verstößt gegen das Gebot der Unabhängigkeit der Zentralbank; ihre Beteiligung an den Griechenlandhilfen darüber hinaus gegen das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank. Aber an solche Rechtsbrüche haben wir uns ja gewöhnt, wenn es um Europa geht. Genauso wenig stört es offensichtlich, dass das Scheitern des neuen Hilfspaketes bereits absehbar ist. Die Gründe können die Finanzminister im aktuellen Griechenland-Bericht der so genannten Troika  nachlesen, der auch der Financial Times vorliegt. Es sind im Wesentlichen zwei. Die erste Gefahr …

Target 2 – Eine Debatte über die Schieflage des Eurosystems

Die Target-2-Debatte ist in den deutschen Wirtschaftsblogs wieder aufgelebt. Der Zeit-Journalist Mark Schieritz befindet sich argumentativ gegenüber Hans-Werner Sinn in der Defensive. Bereits im letzten Frühjahr tobte in der deutschen Wirtschaftsblogosphäre eine heftige Debatte um die Target-2-Salden der nationalen Notenbanken im Europäischen Zentralbankensystem. In zwei Artikeln habe ich damals versucht, ein paar Grundlagen des Target-2-Systems zu erklären. Über die Targetkonten fließt (fast) der gesamte Zahlungsmittelverkehr zwischen den Eurostaaten. Wird z. B. Geld von Griechenland nach Deutschland überwiesen, etwa weil ein griechischer Mercedes-Importeur die ihm gelieferten Autos bezahlt, verringert sich auch das Targetkonto der griechischen Nationalbank, während sich das der Deutschen Bundesbank erhöht. Genau umgekehrt, wenn Geld von Deutschland nach Griechenland fließt. Letzteres kommt aber immer seltener vor, so dass das Targetkonto der griechischen Nationalbank tief im Minus ist, während die Bundesbank nach neuesten Zahlen ein Plus von 498,131 Milliarden € aufweist. Dummerweise kann die Bundesbank über ihr Guthaben nicht frei verfügen. Es kann nur zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs innerhalb der Eurozone gebraucht werden. Hier gibt es aber keine Verpflichtung der anderen Euro-Zentralbanken, ihr Defizit irgendwann …

Die Eurokrise mit Euros bekämpfen

Die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist wider den gesunden Menschenverstand. Am 21. Dezember gab die EZB den Banken Geld in Höhe von 489,2 Milliarden € für drei Jahre zu einem Zinssatz von 1 %. Ein ähnlicher Dreijahrestender soll Ende diesen Monats erneut ausgegeben werden. Die Banken dürfen unbegrenzt zuschlagen, sofern sie bei der EZB Sicherheiten hinterlegen. Und selbst die Anforderungen an die Sicherheiten werden heruntergeschraubt. Wir erinnern uns: Vor der Finanzkrise nahm die EZB nur Papiere als Pfand an, die ein Rating von mindestens A- aufwiesen, also aller Voraussicht nach sicher sind. Im Oktober 2008 wurde dann die Anforderungen auf  BBB- gesenkt. Am 10. Mai 2010 schließlich wurden die Anforderungen für Papiere, die vom griechischen Staat garantiert werden, ganz gestrichen, später auch für Papiere, die durch Irland und Portugal garantiert werden. Das scheint immer noch nicht zu reichen. Während die EZB heute den Leitzins unverändert ließ, hat sie es den nationalen Zentralbanken ermöglicht, die Standards für die Kreditvergabe weiter zu senken. Einzelheiten sind noch nicht bekannt, im Vorfeld hieß es aber bereits, dass die …

Michael Hudson, die europäische Schuldenkrise und der Finanzsektor

Die Analyse der europäischen Schuldenkrise, die Michael Hudson vor ein paar Tagen in der FAZ vorgestellt hat, kann man nur als wirr bezeichnen. Dabei fängt Hudson gut an: „Ein demokratisches Fiskalregime wird progressive Steuern auf Einkommen und Grundbesitz erheben und Steuerflucht ahnden.“ (Nebenbei: Ähnliches verbreite ich seit längerem auch hier im Blog.) Durcheinander kommt Hudson allerdings, wenn er dies als Alternativlösung zu Lohnkürzungen und Verringerungen des Lebensstandards anpreist. In der europäischen Schuldenkrise sind zwei Probleme miteinander verwoben. Da haben wir die hohen Staatsschulden einerseits und da haben wir die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit namentlich der südeuropäischen Staaten andererseits. Klar, die hohen Staatsschulden Griechenlands und Portugals sind eine Folge der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder, haben sich aber als Problem inzwischen verselbstständigt. Für zwei Probleme braucht man auch zwei Lösungen. Denn selbst Michael Hudson hat nicht die eierlegende Wollmichsau entwickelt. Das Problem A, das der Staatsschulden, kann man durch „progressive Steuern auf Einkommen und Grundbesitz“ angehen, das Problem B, das der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit, durch Lohnkürzungen. Mögliche Alternativen für A sind ein Schuldenschnitt, eine Entwertung der Schulden durch Inflation oder …

Inflation ist nicht so billig wie ihre Befürworter

FTD-Kolumnist Lucas Zeise hat keine Angst vor der Notenpresse. Wir anderen sollten uns aber diese Angst bewahren. Es geht natürlich um die Frage, ob die Zentralbank Staaten finanzieren soll. Aber anders als Zeise behauptet, kann man diese Frage nicht darauf reduzieren, ob die privaten Banken oder die öffentliche Zentralbank die Zinsgewinne daraus einstreicht. Es ist schon richtig: Die Banken können die Staatsanleihen, die sie im Depot halten, als Sicherheit bei der EZB hinterlegen und bekommen dafür Geld (auf Kredit), mit der sie neue Staatsanleihen kaufen können, die sie ebenfalls als Sicherheit hinterlegen können usw. So betrachtet, liegt die Frage nahe, warum die Zentralbank dann nicht direkt die Anleihen selbst kauft? Das ist allerdings allzu kurzsichtig gedacht. Die europäische Schuldenkrise entstand gerade erst dadurch, dass die privaten Banken mithilfe von Staatsanleihen leicht Geldschöpfung betreiben konnten. Die Banken mussten ihre Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital absichern. Das erst ermöglichte es ihnen, das große Rad mit Staatsanleihen zu drehen. Und das wiederum ermöglichte es Griechenland, sich hemmungslos zu verschulden. Lucas Zeise zeigt sich in seinem Kolumnenartikel als Anhänger Orwellschen …