Es war schon immer so: Die Probleme der Reichen und Schönen sind allemal interessanter als die Probleme der Langzeitarbeitslosen. Und das obwohl (oder weil) beider Probleme sich gar nicht so sehr unterscheiden. Das gilt selbst für die finanziellen Probleme.
So wundert es nicht, dass in den USA Prof. Henderson im Moment sehr viel Anteilnahme erfährt. Denn er, Professor an der Chicago Law School, und seine Frau, Arzt an der Chicagoer Universitätsklinik, kommen mit ihrem Einkommen kaum aus. Steuern, Hypotheken, Schuldgeld für die Privatschule der drei Kinder usw., schwupps sind 400.000 $ gemeinsames Einkommen weg und die Hendersons müssen es sich genau überlegen, ob sie es sich erlauben können, abends schick essen zu gehen. Was sie bei den von Obama geplanten Steuererhöhungen machen müssten, wagen sie sich gar nicht vorzustellen.
Der Ökonom Brad DeLong hat in seinem Blog nun ausgerechnet, dass die Hendersons mit ihrem Einkommen knapp zu den obersten 1 % in den USA gehören und acht Mal mehr zur Verfügung haben als der „Durchschnittsamerikaner“. Warum haben sie also Probleme?
DeLongs Antwort: Auch für die Hendersons sind die (noch) Reicheren und (noch) Schöneren eben interessanter als der Rest. Nehmen wir einmal an, die Hendersons kennen 1.000 Leute, natürlich nur Gutverdiener, z. B. einen repräsentativen Querschnitt aus den 10 % der Leute mit dem höchsten Einkommen dort drüben. Da sie selbst gerade so viel verdienen, wie die 1 % Spitzenverdiener, sind in ihrem Bekanntenkreis also 90 % Leute, die weniger Einkommen als sie erzielen und 10 %, die mehr erzielen. Die Ärmsten, die sie kennen, haben ein Einkommen von 110.000 $. Da haben sie mehr als 3 ½ Mal so viel. Sie kennen aber auch 10 Leute (und das sind die interessanteren) die so viel verdienen, wie nur 0,1 % der Amerikaner. Diese zehn haben mindestens das Vierfache der Hendersons. Außerdem kennen sie einen, der zwanzig Mal so viel verdient, eben so viel wie nur 0,01% der Amerikaner. Wenn sich die Hendersons mit ihm vergleichen, sind sie in der Tat arme Schlucker.
1980 ging es vergleichbar reichen Menschen wie den Hendersons, also Leuten, die gerade zu den 1 % Spitzenverdienern zählten, noch viel besser. Zwar lag ihr Einkommen nach heutiger Kaufkraft gerechnet nur bei 190.000 $ statt 400.000 $ und das war auch nur doppelt so viel wie bei Leuten, die gerade zu den 10 % Spitzenverdienern gehörten. Aber wenn der Blick nach oben ging, sah es bedeutend besser aus. Die zehn am besten verdienenden Bekannten der damaligen Hendersons verdienten mindestens das Dreifache. Und der reichste Bekannte der 1980er Hendersons, der so viel verdiente wie nur einer unter 10.000 US-Amerikanern, bekam gerade mal das Siebenfache ihres Einkommens. Der Abstand war nicht unüberbrückbar. Damals konnten sich die Hendersons (bzw. ihr Pendant) noch wirklich reich fühlen und im Kleinen ähnliche Konsumgewohnheiten haben wie die ganz Großen.
Zumindest in den USA (und ich bezweifele nicht, dass es in Deutschland ähnlich sein wird), ist also nicht nur der Abstand zwischen Arm und Reich gewachsen, sondern es sind auch die Unterschiede zwischen den Reichen größer geworden. Es gibt immer mehr „Nicht-ganz-so-Reiche“, die hochqualifiziert sind, hart arbeiten, aber vom Glanz und Glamour der Superreichen noch weit entfernt sind. Sie führen eher ein Mittelschichtleben.
Auch was die immer weiter auseinander klaffende Einkommensschere betrifft, haben die Reichen keine anderen Probleme als die Langzeitarbeitslosen. Sie sind dort eben nur irgendwie interessanter.
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