Wirtschaftswurm-Blog

Ausbeutung gibt es schon seit 143 Jahren nicht mehr

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Linke „Aufklärer“ beklagen gerne die „Ausbeutung“ und verurteilen dafür ein „neoliberales Regime“. Hinter diesen Begriffen steckt allerdings meist wenig Substanz. – Teil 1

Die Deutschen machen nicht nur deshalb keine Revolution, weil sie zu faul sind oder weil sie von den Medien manipuliert werden, sondern weil sie tatsächlich und zurecht zufrieden mit ihrem Leben sind. Da war die These in meinem Beitrag letzte Woche. Das war auch ein Angriff auf die Attitüde vieler Linker, die anstatt auf die Menschen zu hören, lieber ihre Theorien pflegen. Darin können sie subjektiv zufriedene Menschen zu ausgebeuteten und unterdrückten Geschöpfen erklären – und sich selbst dann zu den Heilsbringern machen, die erst als „Aufklärer“, dann als „Revolutionsführer“ die Menschen „befreien“.

Klar hat meine These in den Kommentaren zu einigem Widerspruch geführt. Aber die Probleme meiner Kritiker fangen schon beim Begriff „Ausbeutung“ an und hören beim Begriff „neoliberales Regime“ nicht auf.

Der Begriff Ausbeutung wurde wohl maßgeblich von Karl Marx geprägt – und er ist sehr eng mit der Arbeitswertlehre verknüpft, die Marx vertreten hat. Nach der Arbeitswertlehre richtet sich der Preis einer Ware nach der in ihr inkorporierten Arbeitszeit. Diese Arbeitszeit umfasst z.B. die Arbeitszeit für die Herstellung der Ware, die für den Transport der Ware zum Markt, aber auch die Arbeitszeit für die Herstellung der benötigten Vorprodukte und anteilig die Arbeitszeit, die für die Herstellung der Maschinen erforderlich war, mit denen die Ware produziert wurde, oder anteilig die Ausbildungszeit, die die Arbeiter brauchten, bevor sie die Ware herstellen konnten.

Auch wenn der Arbeitswert einer Ware praktisch meist schwer zu ermitteln war, gab es nach Marx mit ihm einen theoretisch objektiven Wert für jedes Gut. Und wenn dieser Wert nicht auf die Arbeiter, die an seiner Herstellung beteiligt waren, vollständig verteilt wurde, sondern ein Teil von den „bösen Kapitalisten“ einbehalten wurde, dann war das eben Ausbeutung.

Allerdings war die Arbeitswertlehre schon zu Marx Zeiten überholt. Vier Jahre, nachdem Marx 1867 den ersten Band von „Das Kapital“ veröffentlichte, erschienen „The Theory of Political Economy“ von William Stanley Jevons in England und „Grundsätze der Volkswirthschaftslehre“ von Carl Menger in Österreich. Zusammen mit den Werken von Leos Walras brachten sie vor 143 Jahren den Durchbruch der Grenznutzentheorie. Danach richtet sich der Wert einer Ware nach dem subjektiven Nutzen der letzten verkauften Einheit dieser Ware, die gerade noch einen Abnehmer findet.

Wenn aber der Wert eine Frage der subjektiven Einschätzung ist, gibt es auch für Ausbeutung keinen objektiven Maßstab mehr. Nehmen wir an, ich habe Tage und Wochen damit zugebracht, ein großes Ölgemälde zu malen. Dann gehe ich damit auf eine Ausstellung. Viele Leute schauen sich das Gemälde an, aber den wenigsten gefällt es. Nur einer will es tatsächlich kaufen und bietet mir dafür 200 Euro.

200 Euro für die Arbeit von vielleicht zwei Wochen, ist das Ausbeutung? Ich mag das so empfinden. Ganz sicher wäre es aber doch Ausbeutung, wenn der Käufer 1000 Euro zahlen sollte für ein Gut, dass ihm nur einen Nutzen bringt wie andere Güter, die lediglich 200 Euro kosten.

Ausbeutung ist also ein rein subjektives Empfinden. Und darum ist es ziemlich witzlos, Leuten, die subjektiv mit ihrem Leben zufrieden sind, einzureden, sie würden ausgebeutet. Natürlich gibt es Leute, die von ihrer Arbeit nicht leben können. Denen muss man helfen, das ist klar. Den Begriff der Ausbeutung braucht man dafür nicht zu strapazieren.

Und nun sind meine Ausführungen zur Ausbeutung doch so lang geworden, dass ich über das „neoliberale Regime“ besser in einem zweiten Artikel noch in dieser Woche schreibe.

Geh nicht ohne Gruß, empfiehl bitte den Beitrag weiter!

Foto: Karl Marx 1883


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40 Kommentare

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  3. Kurz und knackig alles Wesentliche gesagt, prima!

    Vielleicht noch eine kleine Ergänzung: Ich glaube, viele Linke haben bis heute nicht begriffen, daß Marxens Arbeitswerttheorie normativ war, nicht empirisch. Grundsätzlich fand er ja, daß die Menschen durch die Erfindung des Eigentums den sinnlichen Bezug zu den Dingen verlieren – eigentlich kein dummer Gedanke. Über verschiedene Zwischenschritte kam er dann zum beschriebenen „objektiven“ Wert der Arbeit, was dann allerdings doch etwas dümmlich war und eben auch nur in einer dikatorischen Gesellschaft funktionieren kann.

  4. In einer globalisierten Weltwirtschaft passt das ohnehin nicht mehr rein, ausgebeutet wird heutzutage woanders.

  5. Dann frage mal die 6 Millionen Arbeitslosen, wie „subjektiv“ zufrieden sie sind.

    Die nächste Revolution kommt bestimmt.

  6. Nachtrag: Auch wenn Deine Sichtweise deutliche ideologische Tendenzen aufweist würde ich mich über ein Fortsetzung freuen. Mich interessiert ganz besonders die eingeschränkte Sichtweise von Menschen in Überflussgesellschaften.

  7. Eine schöne Analyse und guter, prägnanter und einleuchtender Überblick.
    Leider auch ein kleines Aber:Was ist, wenn eine kritische Anzahl von Menschen sich ausgebeutet fühlt? In gewisser Hinsicht hat Marx zu seiner Zeit bestehende Trends extrapoliert (fallende Profitrate) und ist in der entwickelten Welt von einer Trendumkehr widerlegt worden: Reallöhne wachsen erstmalig in England ab 1860, die USA hebt aufgrund ihres Marktumfanges und der natürlichen Gegebenheiten ab und wird zum Taktgeber der Weltwirtschaft, was sie bis heute auch bleibt und bleiben wird.
    Betrachten wir die Weltwirtschaft, so sieht das Bild wieder anders aus: Weltbevölkerung um 1750: 700 Millionen, Anzahl der absolut Armen heute: mehr als 1.2 Milliarden. Ausbeutung ja oder nein? Ein klares Jein. Denn absolute Armut und ein hungriges Abends-ins-Bett-gehenheute kommt mit einem Smartphone einher und damit Zugriff zu Informationen und Möglichkeiten, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren. Nur: Die politische Situation kann schnell kippen (Stichwort: zerfallende Staaten) und sich der Eindruck verfestigen, vom Rest der Welt ausgebeutet zu werden (d.h. von der Welt der Grenznutztheorie unwiderruflich ausgeschlossen zu sein). Dann ist ein neues IPhone der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, den sozialen Organismus überfordert und in Verlust von Ordnung und Sicherheit führt. Modernisierung ist dann Bedrohung des bestehenden „Way of lifes“, keine Bereicherung.
    Mit anderen Worten, es geht um die Limits der Abstraktion „Grenznutztheorie“. Sie beschreibt einen großen Teil der (globalen) Wertschöpfung, aber nur für einen kleinen Teil der Menschheit (vielleicht 10%) die wirtschaftliche Realität. In den letzten 250 Jahren faktisch kaum eine Änderung. Bei der Marxschen Ausbeutung war es umgekehrt.
    Es ist nicht vollkommen zufällig, dass Marx wieder in Mode kommt. Die Zeiten wiederholen sich nicht, aber bei einigen Trends sind die Übereinstimmungen erstaunlich (relative Rückgang der Globalisierung, soziale Ungleichheit), was früher oder später zu einer neuen Pendelumkehr führen wird….

  8. In welcher Welt lebt der Wirtschaftswurm?
    Bei mir gegenüber wurde ein Altenheim gebaut. Die Zollfahndung fand dort Beschäftigte die für unter 3 Eureo arbeiteten. Das ist nicht Ausnahme sondern die Regel auf jeder verdammten Baustelle in diesem Land. Zeitarbeit, Werkverträge, „Maßnahmen“ der Agentur für Arbeit, 1 Euro Jobs, unbezahlte Praktika, etc. all dies sind ausbeuterische Verzerrungen der oben gepriesenen „Arbeitsmärkte“.

    Nachdem indirekte Denkanstöße doch bitte reflektierter zu werden anscheinend zu subtil sind werde ich etwas deutlicher. Ich halte dies hier für eine elitäre Diskussion von Begünstigten über ein Thema von dem sie nicht die geringste Ahnung haben und nehme mich dabei selbst nicht einmal heraus. Im allgemeinen Verwechselt man Einkommen und Vermögen, Wohlstamd und Reichtum, Ausbeutung mit Profitstreben, Zahlen mit Wirklichkeit.

    Empirische Feldforschung, der Kontakt mit den Menschen, ist die definierende Eigenschaft der Sozialanthropologie/Ethnologie und wird vermehrt auch von der Soziologie betrieben. Ich bin kein Experte der Armutsforschung, aber ich würde die Münchner Proffessorin Irene Götz, die schon lange über Arbeit und Armut forscht als solche bezeichnen. Beispiel: http://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wissenschaft/kulturwissenschaften/prekaer_arbeiten_prekaer_leben-3455.html

    Ja diese Forschung untersucht das subjektive Empfinden. Das ist tatsächlich das was empirische Forschung ausmacht. Mein Subjektives Empfinden sagt mir, dass wenn Wirtschaftswissenschaftler über Armut reden sie den Reichtum damit verharmlosen wollen.

    Was ist die Definition der Ausbeutung wenn nicht die, dass sich in diesem Land einige Wenige riesige Vermögen anhäufen und gleichzeitig Lohndumping der Druck auf Beschäftigten soziale Absicherung, Altersarmut etc. wachsen.
    Was ist die Definition von „Links“, wenn nicht für soziale Gerechtigkeit einzustehen. Das mag manchen Menschen nicht passen, aber das ist mir sowas von Wurscht.

    Und ob die Politik die zu der grassierenden Ungleichheit der Vermögen führt Neoliberalismus genannt wird oder anders ist mir eigentlich ebenfalls egal. Anscheinend findet diese Politik statt und allgemein nennt man sie Neoliberalismus.

    Die meisten nennen den Stalinismus Kommunismus, das mag den Kommunisten auf die Nerven gehen. Neoliberalismus hat mit Hayek und Friedmann ebensoviel zu tun wie Stalinismus mit Marx. Es ist ermüdend um diese Begriffe immer wieder zu streiten, dieser Begriff hat sich etabliert, ob das hier jemand wahrhaben will oder nicht.

    Zum Schluss noch ein Zitat von Martin Schürz, armutsforscher der Österreichischen Nationalbank:
    „Warum gibt es im Vermögensbereich, anders als bei der Einkommensverteilung, keine skandinavischen Inseln der Gleichheit? Hat es etwas damit zu tun, dass Macht die entscheidende Vermögensfunktion bei Vermögenden ist? Viel spricht dafür, sonst würde endlich über ruinöse Folgen der Vermögenskonzentration auf die Demokratie gesprochen werden, über fehlende Legitimationen des Reichtums, und über die Verharmlosung des Reichtumsthemas auf Basis freiwilliger Haushaltserhebungen.“

    Vielleicht interessiert den einen oder anderen dieser Vortrag von Martin Schürz, der sehr viel über die Zahlen zu diesem Gebiet spricht (und forscht):

  9. @ AlienObserver, mister-ede

    Wir alle wollen, daß mehr Menschen Wohlstand genießen können und nicht in Armut leben müssen. Das steht nun wirklich nicht zur Debatte.

    Die Frage ist: Wie schafft man das am besten? Ich denke, ein Blick auf die Welt in den letzten 20 Jahren gibt klare Hinweise auf die Antwort.

    Und mister-ede: Man studiert nicht Ökonomie, um sich Empathie oder Solidarität abzutrainieren, sondern um Probleme auf die effizienteste Weise zu lösen. Was hat Afrika all die Empathie und Solidarität gebracht? Was hat Asien all das ökonomische Denken gebracht?

  10. „Ich denke, ein Blick auf die Welt in den letzten 20 Jahren gibt klare Hinweise auf die Antwort.“

    Das hätte ich wirklich gerne erklärt.
    Für mich stehen die letzten 20 Jahre für das was du in einem Kommentar “crony capitalism” genannt hast. Ich habe da bisher auch niemand gesehen der glaubhaft anderes vertreten hätten.

    Übrigens. Wenn die Politik der letzten 20 Jahre dem ähneln würde, was der (Neolioberale) Ökonom in seiner „Presidential Address to the American Economic Association“ von 1918 vertreten hat, dann wären wir beieinander. Aber die Realität der politischen Ökonomie könnte nicht ferner davon sein.
    http://delong.typepad.com/sdj/2014/05/weekend-reading-irving-fishers-presidential-address-to-the-american-economic-association.html

    „There can be little doubt that we are facing a great peril today, the peril of perverting the democracy for which we have just been fighting with such devotion. It is our opportunity and our duty to dedicate ourselves to the task of working out economic measures in the interests of humanity and democracy as against the selfish interests of either the capitalist or the laborer as such.“

  11. @ AlienObserver

    Das hätte ich wirklich gerne erklärt.

    Gern. Damit eine Region aus der Armut aufsteigen kann, sind vor allem drei Dinge zu beachten:
    – Der Staat muß stabil sein. Es muß ein Rechtssystem geben.
    – Eigentumsrechte müssen garantiert werden.
    – Marktteilnehmer dürfen untereinander frei handeln und z.B. auch Preise frei aushandeln.
    Alles andere ist in dieser Phase nicht relevant. Viele asiatische Staaten haben dieses einfache Erfolgskonzept nacheinander seit den 50ern umgesetzt und sind damit viel besser gefahren als die meisten Staaten in Afrika und Mittel-/Südamerika. Natürlich entspricht z.B. in China längst nicht alles der reinen kapitalistischen Lehre, aber die Richtung stimmt.

    Übrigens ist ja Afrika die spannende Erfolgsgeschichte der letzten sagen wir mal 10 Jahre. Der Grund dafür ist: China. Im Gegensatz zu Europa und Amerika sieht China in Afrika vor allem einen Handelspartner, keinen hilfsbedürftigen Trottel. Auch hier ist Kapitalismus die mit Abstand beste Entwicklungshilfe.

  12. @Tim
    Die Richtung in China stimmt also und Ausbeutung gibt es seit 143 Jahren nicht mehr.
    Ich bleibt mmir nichts als mich entsetzt aus der Diskussion zu verabschieden. Das wird zu hahnebüchen. Dieser art der verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung kann ich nichts argumentativ entgegensetzen. Ich hoffe der Wirtschaftswurm verzichtet auf die angekündigte Glorifizierung des Neoliberalismus. In dieser Diskussion hier (im Gegensatz zur letzten) sehe ich keine Hoffnung auf Erkenntnisgewinn für mich noch die Bereitschaft zu Erkenntnisgewinn bei anderen.

  13. @ Tim
    Wenn der Artikel nicht nur mit Schlagworten hantieren würde, wäre das evtl. möglich. So ist das für mich einfach ein populistischer Beitrag von Herrn Kuster, der sich nicht ansatzweise mit Kritik am Wirtschaftssystem auseinandersetzt.

    Ich weiß weder, wie mit dem Aufblähen des Finanzwesens oder der Bankenrettungen „Wohlstand“ erreicht werden soll, noch, ob man den Zusammenhang zwischen der Eskalation des Klimas oder der Monopolisierung von Saatgut mit unserem Wirtschaftssystem verschweigen sollte. Auch bei Gen-Monokulturen oder ähnlichem stellt sich die Frage, ob das tatsächlich am Ende das Maß aller Dinge ist. Ich weiß nicht, bei Atomreaktoren hat man es sich nach 60 Jahren und einigen gravierenden Unfällen dann doch anders überlegt.

  14. @alienobserver
    Es gibt sie nicht, diese drei Grundregeln, nach denen eine Region aus der Armut aussteigen kann. Dies mag weit verbreiteter Konsens und politisch korrekt sein. Allein, es fehlen die theoretischen wie empirischen Belege. Dafür viel Arroganz “ des weissen Mannes“ im Überschuss. Rechtssysteme, Eigentumsrechte und frei Preise sind das Resultat von Wohlstand und Wachstum nicht umgekehrt. Korrelation ist nicht gleich Kausalität, sorry. Unser Rechtssystem ächzt gegenwärtig durch die Herausforderungen von „Neuland“ und partielles Staatsversagen ist offensichtlich. Ähnlich in anderen Ländern, nur auf einem geringerem wirtschaftlichen Niveau.
    Beispiel asiatische Staaten? Partner im Kalten Krieg! Marktöffnung der USA und Zugang zu Technologie und Kredit. Man muss dann schon eine extrem schlechte Politik machen, um bei solchen Voraussetzungen kein Wachstum zu erzeugen. Da, beispielsweise Südkorea, die US auch militärisch im Stadtzentrum der Hauptstadt überaus präsent ist, gab es de facto auch diese Chance nicht. Gegenbeispiel Südamerika: Auch noch die besten marktwirtschaftlichen Reformen halfen nicht – oder nur extrem langsam – über den Status eines Hinterhofes hinaus zu bekommen.
    Gern führe ich die Diskussion weiter.

  15. @ mister-ede

    Ich weiß weder, wie mit dem Aufblähen des Finanzwesens oder der Bankenrettungen “Wohlstand” erreicht werden soll

    Da sind wir einer Meinung. Die Behandlung des Bankwesens ist ein typisches Beispiel für crony capitalism mit den entsprechenden negativen Folgen. In dem Moment, in dem wesentliche Merkmale des Kapitalismus außer Kraft gesetzt werden (in diesem Fall: private Haftung), kann das System nicht funktionieren.

    Übrigens war lustigerweise die Linke die einzige Bundestagspartei, die im Zuge der Finanzkrise indirekt gefordert hat, daß der Kapitalismus wieder kapitalistischer werden müßte. 🙂 Alle anderen Parteien sind dafür zu eng mit den Banken verwoben und haben freudestrahlend für Verlustsozialisierung gestimmt.

    Was ich übrigens nicht verstehe: Wie kommst Du eigentlich darauf, daß ein massiver Staatseingriff wie eine Bankenrettung etwas Kapitalistisches ist?

  16. @AlienObserver,
    das fände ich schade, wobei ich allerdings zugeben muss, dass ich im Titel schon „etwas“ überspitzt habe. Letzlich kam es mir aber darauf an, dass Ausbeutung ein subjektives Gefühl ist. Das heißt wiederum nicht, dass man dieses subjektive Gefühl nicht ernst nehmen sollte. Wenn jemand mit seiner Arbeit unzufrieden ist, wenn jemand mit seiner Bezahlung unzufrieden ist, dann kann ich das natürlich feststellen und mir Gedanken darüber machen, wie ich diese Unzufriedenheit verringern oder gar beseitigen kann. Aber der Begriff Ausbeutung und die Idee von Ausbeutung hilft dabei nicht weiter. Wenn jemand aber mit seiner Arbeit zufrieden ist, dann muss ich ihm nicht einreden, dass er in Wirklichkeit ein völlig ausgebeuteter Idiot ist.
    Letztlich weichst du dann auch auf die Frage der Vermögensverteilung aus und da gebe ich zu, dass dein Kronzeuge Martin Schürz ein paar gute Punkte macht. Eine Glorifizierung des Neoliberalismus habe ich nicht vor.

  17. @Tim:
    Die Finanzkrise in Europa ist nicht durch staatliche Regulierung sondern Deregulierung und dem neoliberalen Vertrauen auf den Markt begründet, also Kapitalismus pur.

    Die Bankenrettung auf Steuerkosten ist eine direkte Folge des Einflusses einer wirtschaftlich mächtigen Bankenlobby (Konzentration Wirtschaftsmacht). Wobei ich nicht ein mal die Bankenrettung an und für sich, sondern die Ausgestaltung kritisiere, die dazu führt, dass das Finanzwesen immer noch nicht für die angerichteten Schäden aufkommen muss.

  18. @aristo, alienobserver, stefan sievert
    Zitat: Dann frage mal die 6 Millionen Arbeitslosen, wie “subjektiv” zufrieden sie sind.

    Guter Punkt.

    In der Diskussion zum vorherigen Beitrag hatten wir vor dem Hintergrund der beklagten Reich/Arm-Schere diskutiert und belegt, dass es es den ärmeren Bevölkerungskreisen sowohl global (China, Indien, Bangladesh, Afrika ctc) als auch lokal (Deutschland) sowohl absolut also auch prozentual MATERIELL besser geht als noch vor (willkürliche gewählten) 40-50 Jahren. Dabei ging es (mir zumindest) nicht um die subjektive Zufriedenheit. Für das Feld der subjektiven Zufriedenheit würde ich als Naturwissenschaftler eher Lösungsvorschläge aus dem Bereich Sozialwissenschaften / Philosophie erwarten als aus den Wirtschaftswissenschaften.

    Daher, lassen wir die oben genannte Zahl der Arbeitslosen einfach mal dahingestellt. und nehmen an, die Antwort von vielen sei „Nein, nicht zufrieden“.

    Welche Lösungsvorschläge/-ansätze gibt es seitens aristo, alienobserver oder auch stefan sievert bezüglich Zufriedenstellung/Zufriedenheitserzeugung für denjenigen Bevölkerungskreis, der keine bezahlte Arbeitsstelle findet, mangels Angebot oder Konkurrenzfähigkeit keine finden kann. Ich würde zu gerne wissen, wie wir in den westlichen, reichen Ländern die Bevölkerungsteile zufrieden machen können, ihnen einen Sinn vermitteln können, die am (bezahlten) Arbeitsmarkt nicht zu vermitteln sind.

    Und bitte nicht … (bezahlte) Jobs schaffen. Auch geht es mir nicht um die Höhe von Sozialleistungen. Gehen wir einfach davon aus, dass in der heutigen Welt und Situation nicht jeder in Deutschland einen bezahlten Job finden wird und dass seine materiellen Grundbedürfnisse durch die Gesellschaft gedeckt seien. Zufrieden wird er damit dennoch nicht sein. Die einfache Antwort „unbezahlte, ehrenamtliche Jobs“ geht m.E. auch vorbei. Geld ist schließlich auch eine Form der Anerkennung und geschenktes Geld (Sozialleistungen) ist eben keine Anerkennung sondern Almosen. Also wie dann?

    Gruss

    Uwe

  19. @ mister-ede

    Ich glaube, Du hast Dich noch nicht sehr intensiv mit der EU-Finanzkrise befaßt, sonst würdest Du so etwas nicht schreiben. 🙂

    Die Finanzbranche gehört zu den reguliertesten Branchen überhaupt, und zwar schon seit langer Zeit. Vielleicht mit Ausnahme der Rüstungs- und der Gesundheitswirtschaft gibt es keine Branche, bei der staatliche Organe über so viele Kontroll- und Aufsichtsrechte verfügen. Die umfassenden Einsichtsrechte, die z.B. in Deutschland das BaFin jederzeit bei jeder Bank hat, würden sonst in jedem Wirtschaftsbereich zu einem Aufschrei führen.

    Natürlich hatten die meisten Leuten noch nie mit Bank- oder Versicherungsrecht zu tun, darum glauben sie das Märchen von der angeblich deregulierten Branche.

    Was Dir dann wahrscheinlich auch nicht bewußt ist: Die heutigen EU-Problemstaaten konnten sich über lange Zeit mit viel zu billigen Krediten am Markt versorgen und entsprechend ihr heutiges Schuldenproblem aufbauen, weil laut EU-Richtlinie Staatsanleihen von Euro-Staaten nicht als Risiko betrachtet werden mußten. Das heißt: Die Staaten haben den Banken exakt das Appetithäppchen vorgehalten, das sie ihnen heute vorwerfen. Die Banken haben genau DAS getan, was die staatliche Regulierung erreichen wollte: Staaten besinnungslos Kredite zu geben. So etwas „Kapitalismus pur“ zu nennen, ist einfach abwegig.

    Die Bankenrettung auf Steuerkosten ist eine direkte Folge des Einflusses einer wirtschaftlich mächtigen Bankenlobby (Konzentration Wirtschaftsmacht)

    Auch da stimme ich Dir zu, aber wenn Du das kritisieren möchtest, ist der richtige Adressat unser demokratisches System, nicht der Kapitalismus an sich. Man kann doch nicht „dem Kapitalismus“ vorwerfen, daß die Umfallerparteien CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP immer wieder alles für die Banken machen. Eher sollte man die Wähler kritisieren, die solche Parteien trotzdem immer wieder wählen.

  20. @ mister-ede

    Na, dann sollte Dir doch eigentlich klar sein, wie eine vernünftige Bankregulierung aussehen müßte und warum sich die Politik so sehr davor drückt. 🙂

  21. @Tim und alle
    Ok, ich sag doch noch was.
    Und zwar zur Frage nach einem Plan B, einem alternativen System.

    Dazu könnte man unendlich lang schreiben, aber ich bin der Meinung dass das System mur durch gesellschaftliche Entwicklung, politischen Diskurs und wirkliche Demokratie entwickelt werden kann.

    Deshalb wünsche ich mir die Vorraussetzungen für echte Demokratie. Hier kann man anknüpfen an die ursprüngliche Diskussion, die für mich in der Frage nach dem Subjekt besteht.

    Hier wird es jetzt massiv Philosophisch und ich konfrontiere euch jetzt mit den ach so wertlosen Überlegungen der Philosophie der letzten 100 Jahre.

    Vielleicht hilft erstmal dieses Video aber ich versuche auch diese Gedanken zu vermitteln:
    http://www.youtube.com/watch?v=cAYBgR8zlu0

    Das momentane gesellschaftliche Prinzip (Neoliberalismus oder wie ihr es auch nennen wollt) versichert sich der Zustimmung der Bevölkerung durch verschiedene Narrativen. Allen voran dem „Leistungsprinzip“. Wer reich ist hat sich das verdient, wer arm ist ist selber Schuld. Es entstammt (laut Max Weber) der protestantischen Ethik (und ist natürlich eine reine Glaubenslehre und keine Wissenschaft).

    Es gibt auch andere, wie die der „natürlichen Ordnung (der Ungerechtigkeit), der kulturellen Zuschreibung der Leistung (auch Rassismus genannt) oder dem Sozialdarvinismus (auch Sarrazin Debatte genannt), die vor allem einer mitteleuropäischen, männlichen Oberschicht die Herrschaft legitimieren.

    Indem ich mich der Subjektivation (diesen Einschreibungen der Gesellschaft wer ich zu sein HABE) entziehe, kann ich nicht nur den Einfluss dieser Narrativen überwinden, ich entziehe mich vollständig der Macht (laut Foucault). Wenn keiner Macht über mich hat, gibt es eine Chance auf Demokratie. Macht ist dabei jedes Handeln das das Handeln anderer Bestimmt und nicht zu verwechseln mit Gewalt.

    All den oben genannten Narrativen ist gemein, dass niemals durch die Naturwissenschaft und die Sozialwissenschaft gestützt wurden. Der Mensch ist nach jeder Wissenschaft ein Individuum, dessen Identität durch seine soziale (und genetische) Prägung entsteht und dessen Handeln massgeblich unterbewusst von dieser Prägung bestimmt wird.

    Nicht Leistung bestimmt also (maßgeblich) die soziale Schicht, sondern die Lotterie der Geburt und die Gesellschaft die man nach seiner Geburt vorfindet. Diese kann es durchaus einzelnen ermöglichen die durch ihre Geburt benachteiligt werden sozial aufzusteigen, es bleibt allerdings meist die Ausnahme, auch deshalb da wir uns in einem anderen sozialen Umfeld Fremd fühlen und als Fremd wahrgenommen werden.

    Eliten (vor allem Wirtschaftliche) sind also heute fast ausschliesslich deshalb Eliten, weil sich Eliten durch diese Mechanismen reproduzieren. Sie verbreiten dazu, weil ihre Sozialisierung mit diesen narrativen verbunden ist, diese Narrativen weiter, und haben die Mittel dazu den öffentlichen Diskurs zu bestimmen. Diese Überzeugungen sind nicht durch Fakten gestützt, sondern ebenfalls Werten und Glauben. Dadurch ergibt sich der Mechanismus der Unterdrückung und Ausbeutung von dem Prof Han spricht und deshalb ist er unbewusst. Er ist daher auch subtlil und passst sich evolutionär dem Wandel der Gesellschaft an.

    Eine Revolution hin zu einem neuen System und einer echten Demokratie kann nur stattfinden wenn die Rolle der Prägung des einzelnen gegen erkannt und endlich durch soziale Maßnahmen ausgeglichen wird. (z.B. die erhebliche Rolle des Reichtums) Es gibt also in meiner Überzeugung (und der der Sozialwissenschaft) nicht den bösen Kapitalisten der uns unterdrückt. Wir alle sind Gefangene unsers Unterbewussten und unserer Sozialisierung, auch der Kapitalist. Trotzdem ist die Überwindung der krassen Rechtumsschere Vorraussetzung für eine neue Gesellschaft.

    Wir müssen aber uns selbst für „echte Demokratie“ die Formierung der eigenen Identität verdeutlichen, was uns schwer fällt. Wir erkennen unsere wahre Identität erst dann, wenn wir uns über das Ausmaß der Prägung durch (Gene und) Gesellschaft bewusst sind.

    Hier wirds richtig Hart:
    Wen wir uns dessen bewusst sind, dass ein großer Teil unserer Identität (unserer Überzeugungen, Werte, Bildung etc.) gebildet wird von unserer Umwelt und der Gesellschaft, dann ist die letzte wichtige Narrative unserer Zeit, die der unbedingten Individualität, nicht mehr haltbar.

    Wenn ich bin wer ich bin, weil meine Umwelt mich dazu gemacht hat, dann ist die Umwelt auch ein Teil von mir. Ich bin Ich, weil alle anderen ein Teil von mir sind. Ich bin also auch gleichzeitig „alle anderen“.

    (Ich weiss, das ist schwer zu schlucken, und ich fürchte es wir eine Zeit dauern bis so ein Satz in diesem Forum nicht gelesen und verworfen wird. )

    Wer sich wirklich bewusst ist, dass er in einer Gesellschaft lebt und diese ein Teil von ihm ist, wird sich endlich seiner eigentlichen Individualität klar, da er dann erkennen kann was von ihm er selbst ist und was gesellschaftliche Prägung.

    Wer die Idee verinnerlicht hat, für den MUSS die Konsequenz sein, dass alle anderen ein Teil von ihm sind. Wer diese Idee verinnerlicht hat kann sich automatisch mit Armut, Ausgrenzung und Ausbeutung nicht mehr abfinden. Wer weiss, dass die Umwelt ein Teil von ihm selbst ist, der kann sich auch mit der zerstörung Umwelt nicht mehr abfinden.

    Was ist also die Alternative zu dieser Gesellschaft?
    Offensichtlich hat in einer solchen Gesellschaft der homo ökonomicus keinen Platz. Gerade für Ökonomen ist diese Erkenntnis also nicht zu schlucken, obwohl eigentlich die Mär vom „rationalen Wirtschaftsteilnehmer“ von Kahnemann begraben wurde und dies auch noch einen Wirtschaftsnobelpreis wert war.

    Kurz gesagt, in dieser Erkenntnis ist kein Platz für Kapitalismus. Diese Erkenntnis läuft automatisch auf eine Schenkökonomie heraus.

    Was ist Revolution und warum sehnen wir sie herbei? Laut dem Sozialphilosophen Immanuel Wallerstein, ist eine Revolution geschehen wenn sich der „Gesunde Menschenverstand“ (Common Sense) in einer Gesellschaft gewandelt hat. Nichts mehr als das wünsche ich mir.

    Wir hatten eine solche Revolution hin zur Aufklärung und der bürgerlichen Zivilgesellschaft. Dass ein Bürger ein Individuum mit Individuellen Persönlichkeitsrechten ist und nicht ein Untertan eines Monarchen, ist eine Revolution mit ähnlicher Tragweite für die Gesellschaft und den einzelnen. Dies möchte ich allen zu bedenken geben die eine solche Vorstellung eines Wandels für völlig unmöglich halten.

    Ich sehe diese Revolution nicht nur als möglich sondern als unweigerlich.
    Also, The Revolution is Love!

  22. @Tim: Ich schreibe jetzt nicht nochmal, was ich schon formuliert habe. Wenn du Argumente hast, die über ein „du hast keine Ahnung“ hinausgehen, bist du gerne eingeladen dich mit meinen Vorschlägen zur Bankenregulierung z.B. im Debattenportal Publixphere auseinanderzusetzen.

  23. Wie entstehen Revolutionen der Größenordnung von der ich gesprochen habe und warum halte ich sie für unausweichlich? Dazu möchte ich wieder Immanuel Wallerstein Zitieren:

    „The coming together of the three elements — the magnitude of the „normal“ crash, the real rise in costs of production, and the extra pressure on the system of Chinese (and Asian) growth — means that Humpty Dumpty has fallen off the wall, and the pieces can no longer be put together again. The system is very, very far from equilibrium, and the fluctuations are enormous. As a consequence, the short-term predictions have become impossible to make, and this tends to freeze consumption decisions. This is what one calls structural crisis. …
    The question is no longer, how will the capitalist system mend itself, and renew its forward thrust? The question is what will replace this system? What order will be chosen out of this chaos?“

    Because the fluctuations are so wild, there is little pressure to return to equilibrium. During the long, „normal“ lifetime of the system, these pressures were the means by which extensive social mobilizations (so-called „revolutions“) had always been limited in their effects. But when the system is far from equilibrium, exactly the opposite happens. Small social mobilizations have very great effects.“

    Revolutionen sind dann also Möglich, wenn die Narrativen des bisherigen Systems nicht mehr aufrechterhaltbar sind da sich das System selbst destabilisert. Sobald eine schwere Systemkris ein System erschüttert, kann die Ideologie die das System getragen hat nicht mehr aufrechterhalten werden. Man könnte auch sagen, die Lüge fliegt auf.

    Völlig neue Konzepte, die bisher in Randgruppen Diskutiert wurden haben die Chance über Nacht Weltweite Verbreitung zu erlangen. Die Occupy Bewegung war nahe daran dies zu erreichen. Nur durch brutale staatliche Gewalt wurde diese Bewegung zerschlagen.

    Wir müssen uns klar werden welche der Konkurrierenden Ideen einer Gestaltung der Zukunft wir präferieren.
    Eine die von Altruismus getragen ist und den Menschen in den Mittelpunkt rückt oder eine die den egoismus als alleiniges Prinzip erhebt und den Menschen den Profit als oberste Maxime hat.

    „We can „choose“ collectively a new stable system that essentially resembles the present system in some basic characteristics — a system that is hierarchical, exploitative, and polarizing. There are, no doubt, many forms this could take, and some of these forms could be harsher than the capitalist world-system in which we have been living. Alternatively we can „choose“ collectively a radically different form of system, one that has never previously existed — a system that is relatively democratic and relatively egalitarian.

    I have been calling the two alternatives „the spirit of Davos“ and „the spirit of Porto Alegre.“

    Alle Zitate: Crisis of the Capitalist system, Immanuel Wallerstein 2009
    http://mrzine.monthlyreview.org/2009/wallerstein121109.html

  24. @ mister-ede

    Hat wahrscheinlich wenig Sinn, da wir offenbar eine kraß unterschiedliche Realitätswahrnehmung haben. Insbesondere in den USA, zunehmend aber auch in Europa hat die Finanzmarktregulierung inzwischen ein surrealistisches Maß angenommen. Da von einer „deregulierten“ Branche zu sprechen, zeugt meiner Meinung nach entweder von Blindheit oder von Verwendung einer mir unbekannten Begriffsdefinition. Beides keine guten Voraussetzungen für eine ergiebige Diskussion. 🙂

  25. Häschen sagt

    Die staatl. Umverteilung ist kein Solidariätssystem. Das Bild um 200 EUR ist etwas anders gelagert als ein Arbeitsvertrag und zusehends auch der Werkvertrag.

    Der Künstler bekundet nicht zwangsläufig Wiedereinsammelfreude. Im Rahmen ein Darlehens wäre dies wohl notwendig. Der Künstler ist ein Sonderfall bei dem Unternehmen und Arbeitsvertrag zusammenfallen. Das ist der Klassiker. Tauschmittel wird investiert und durch den Tausch von Produkten und sei es ein Bild wird Tauschmittel wieder eingesammelt.

    Beim Arbeitsvertrag nimmt der Erwerbstätige an einer kollektiven Bekundung selbiger aber im Rahmen eines Unternehmens teil und wird mit einer geringen Menge Tauschmittel abgefertigt losgelöst von der gesamten eingesammelten Menge. Solange Gewinn reinvestiert wird kein Problem, das kann man nur qualitativ beurteilen, solange Zins berappt wird muss die Wachstumserwartung erfüllt sein, sobald aber ausgeschüttet wird im Übermaße kommen wir der Ausbeutung sehr nahe.

    Ich persönlich bin kein wirklicher Feind der Banken – ich sehe sie als Pendant zum Konsumenten und damit zum Einkommensbezieher die eben dafür sorgen, dass im Moment nicht benötigtes Tauschmittel jenen überreicht wird, die einerseits Wiedereinsammelfreude bekunden und realisieren durch Investition und daraus folgend das Angebot von Produkten und deren Tausch. Banken sind aber das Pendant die sammeln Tauschmittel wieder ein die der Konsument nicht wieder einsammelt als Sparguthaben und eben wie genannt umverteilen in Form von Darlehen.

    Der unselbstständig erwerbstätige Konsument ist aber abgeschnitten von anderen Formen der Bekundung von Wiedereinsammelfreude. In dem Punkt kann es zu einem subjektiven Empfinden von Ausbeutung kommen. Das ist Arbeitsrecht und Einschränkung der Erwerbsfreiheit. Am Ende ist es egal, es kommt drauf an ob man etwas macht und/oder was dabei rauskommt. Gefällt es einem selbst ist auch gut.

    Die Ausbeutung von der die Menschen heute sprechen, sind eigentlich die Lohnabschlüsse. Die Unternehmen hoben lange voll ab ihren Teil und die Arbeitnehmervertreter schanzten die Tauschmittel (mögliche Sparguthaben) dem Staat zu und der ist ja bekannt für seine Konsumfreudigkeit. Jetzt kommen wir in die absurde Situation, dass alljene Arbeitnehmer die 30 Jahre von der Ausweitung der Schulden profitierten in Pension gehen und die erworbenen Ansprüche eigentlich nur soweit haben erarbeitet, als dass die möglw. kollabierende Struktur die bis heute die Kredite/Darlehen konnte stemmen und damit die Geldmenge. Sie haben letztendlich dabei zugesehen wie die Latte immer höher wurde gehoben. Sei das allein am Rande bemerkt.

  26. Weil ich gerade so schön in fahrt bin gehe ich noch auf die Ausbeutung ein. Es wird keinen Überraschen, dass ich der Meinung bin dass Kapitalismus gleichbedeutend mit Ausbeutung ist, da Kapitalismus meiner Ansicht nach bedeutet Geld mit Geld zu verdienen.

    Ich bin nicht auf die Vermögensverteilung „Ausgewichen“, die Vermögensverteilung ist die Ausbeutun.
    Nach (Schnell gegoogelten) Quellen Betrug das BIP Weltweit ca 74 Billionen Dollar. (Quelle Wikipedia)
    Weltweite Privatvermögen (sagt die Credite Suisse) liegen bei 241 Billionen Dollar.
    Der Derivatemarkt liegt laut Querschüsse bei einer Summe von 707 Billionen Dollar.
    Zusammen übersteigen sie das BIP im mehr als das 13 Fache. Diese Zahlen nur zur Veranschaulichung der Summe des Kapitals (Real oder Virtuell) im Vergleich zur Arbeitsleistung der Welt. Ich gehe davon aus, dass die wahren Verhältnisse noch Schlimmer sind.

    Ich bin allerdings kein Experte, das sind hier andere. Egal wir man die Gewinnerwartungen auf den Kapitalmärkten oder die Zinsen usw berechnet, in grober und vorsichtiger Schätzung gehe ich davon aus, dass wir alle ca 50 % des BIP, also unserer globalen Arbeitsleitung, für den Vermögenszuwachs aufwenden.

    Ok, wir sind nicht zu 100% Sklaven der Kapitalzuwächse der reichen, sondern nur zur hälfte. Wir arbeiten nur 50% der Zeit unentgeltlich als Sklaven des Kapitals, das völlig ohne eigene Leistung sich diesen Teil zuspricht (und das mit dem Leistungsprinzip legitimiert). Ich nenne das trotzdem Ausbeutung.

  27. @Tim: Es kommt doch nicht darauf auf, ob Regeln im juristischen Sinne abgebaut werden oder die Regeln inhaltlich soweit abgeschwächt werden, dass sie keine Wirkung entfalten. Was nutzen z.B. die Basel-Vorschriften, wenn Banken mit einem internen Modell schlicht nicht an die Standardvorgaben gebunden sind? Ach so, rein formal ist das natürlich Regulierung und damit ist alles gut.

  28. @alienobserver

    Zitat: Ich bin nicht auf die Vermögensverteilung “Ausgewichen”, die Vermögensverteilung ist die Ausbeutun.
    […] Der Derivatemarkt liegt laut Querschüsse bei einer Summe von 707 Billionen Dollar. […] gehe ich davon aus, dass wir alle ca 50 % des BIP, also unserer globalen Arbeitsleitung, für den Vermögenszuwachs aufwenden.

    Tipp: Der Riesenbrocken Derivatehandel in Deiner Rechnung ist ein Nullsummenspiel und somit musst Du hierfür keineswegs als Sklave des Kapitals Renditen erarbeiten. Auch steht ein grosser Teil der Vermögenszuwächse nur auf dem Papier. Der entsteht durch höhere Bewertung von Immobilien, Aktien, Edelmetallen oder sonstiger Besitztümer (Assetinflation). Auch dafür erfolgt keinerlei Ausbeutung.
    Habe ich jetzt ganz viele Sklaven gerettet??? 🙂

    Interessant fand ich. dass Deiner Ansicht nach eine Revolution unausweichlich ist und eine Schenkökonomie die einziger Lösung.
    Jetzt wissen wir, wofür der amerikanische Heimatschutz die viele Munition gekauft hat.

    Da hoffe ich doch sehr dass Du Dich täuscht, Han dafür richtigt liegt und die Revolution ausfällt.

  29. @uwe
    Der Unterschied zwischen Mir und Han ist, dass ich von einem Zusammenbruch des Kapitalismus ausgehe. Die Kulmination der Krisen auf die wir zusteuern wird uns vor die Wahl stellen was danach kommen soll. Mir ist klar, dass wer heute noch nicht ein System in der Auflösung wahrnimmt, der wird da nicht bei mir sein.

    Meine Angst ist, dass die Barbarei zurückkehrt und sich (wie an vielen Orten und unterschiedlichen Zeiten) der Kapitalismus mit dem Faschismus wieder vermählt, weil er in den Augen des Kapitals die bessere Lösung ist als die Menschlichkeit.
    Selbst also wenn du nicht meiner Meinung bist, schadet es nicht sich jetzt zu Wappnen gegen den Faschismus und ihm da entgegenzutreten wo er auftritt. Beispielsweise im Aufkommenden Rechstspopulismus in Europa der fundamentalistischen religiösen Rechten in den USA oder dem Islamischen Staat.

    Die AFD ist für mich ein Warnsignal, dass bürgerliche Reaktionäre Kräfte und Marktradikale damit beginnen sich dem Faschistischen Braunen Sumpf zu öffenrn. Nicht die Revolution der Liebe sondern die des Hasses ist wörüber du dir sorgen machen solltest.

  30. @alienobserver
    Bzgl. AFD bin ich ganz bei Dir. Mit denen ist das wie mit den Piraten. Ein paar gute Ideen vermengt mit viel unverdaulichem Unsinn. Hoffen wir, dass die genauso schnell verblühen.

    Was allerdings
    „Nicht die Revolution der Liebe sondern die des Hasses ist wörüber du dir sorgen machen solltest“
    angeht, so ist mir noch keine Revolution untergekommen, die diesen Titel verdienen würde und mir eine solche vorzustellen, sorry … Insofern ist mir jede Revolution extrem unsympathisch. Da bin ich ganz Spießbürger.

  31. PS

    diesen Titel verdient -> Revolution der Liebe
    M.E. wurde bei jeder Revolution auch jede Menge Hass gezeigt.

  32. Bzgl. AFD bin ich ganz bei Dir.
    Da bin ich schon zufrieden. Zur Schenkökonomie: Wie gesagt. Ich bin nicht der Meinung, dass man sich ein System ausdenken sollte und es den Leuten überstpülpen.
    Wichtig ist, dass Demokratie überhaupt eine chance bekommt.

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