Wirtschaftswurm-Blog

Die Brutalität des Liberalismus

Freiheitsstatue 2009

In einem meiner letzten Beiträge, nämlich in „Zeit über den Liberalismus wirklich neu nachzudenken“ habe ich den Wirtschaftsliberalismus verteidigt. Ich glaube nicht, dass eine liberale Wirtschaftsordnung bzw. das, was in Deutschland soziale Marktwirtschaft genannt wird, einen autoritären Staat begünstigt. In anderer Hinsicht allerdings, zeigt der Wirtschaftsliberalismus durchaus eine brutale Seite.

Aber haben wir überhaupt noch eine soziale Marktwirtschaft? Die Finanzindustrie in der EU hat allein von Oktober 2008 bis Dezember 2011 staatliche Hilfen in Höhe von 1,6 Billionen Euro bekommen. Das entspricht 13% des jährlichen BIPs der EU. Noch nicht eingerechnet sind dabei die Notkredite (ELA) der Europäischen Zentralbank.

Das ist Bankensozialismus.

Wenn es also autoritäre Tendenzen in der EU gibt, und angesichts der Spardiktate für die Südländer kann das eigentlich niemand bestreiten, dann sollte man sie nicht mit der sozialen Marktwirtschaft verknüpfen, sondern mit der Abkehr von ihr.

In anderen Bereichen wird dagegen der Liberalismus weiter vorangetrieben. Da geht es allerdings nicht gegen die Großen, sondern gegen die kleinen Leute. Und es geht gegen ihre traditionellen, historisch gewachsenen Schutzräume. Ich meine damit die Familie und den Nationalstaat.

Liberalismus ist hier janusköpfig. Zuerst bringt er Freiheit. Dann wird aus der Freiheit wirtschaftlicher Zwang und schließlich gesellschaftliche Pflicht.

Natürlich war es für viele Frauen eine Befreiung, als es allgemein ab den 70er Jahren akzeptiert wurde, dass sie Vollzeit arbeiten und dass sie auch Karriere machen können.

Aus der Freiheit ist aber schon längst ein wirtschaftlicher Zwang geworden. Denn in vielen Bereichen sind die Reallöhne über Jahrzehnte hinweg nicht gestiegen. Und zu vermuten ist, dass gerade das vermehrte Arbeitsangebot von Frauen ein Hauptgrund für diese negative Entwicklung war.

Inzwischen wird gesellschaftlich gerade mal so akzeptiert, dass eine Frau ein Jahr nach der Geburt eines Kindes zuhause bleibt. Und bei Männern wird eine Auszeit zugunsten von Kindern nach wie vor gar nicht akzeptiert.

Die Freizügigkeit über Nationalgrenzen hinweg ist ein ähnlicher Fall. Ja, es ist toll, wenn man ohne große Probleme ein Auslandssemester machen kann oder wenn man als Deutscher in Paris oder als Spanier in Berlin arbeiten kann.

Aus der Freiheit wird aber auch hier bald eine Pflicht. In Stellenanzeigen für Hochschulabsolventen wird ein Auslandssemester schon wie selbstverständlich vorausgesetzt.

Außerdem wird es nicht mehr lange Dauern, bis die Frage aufkommt, warum z.B. Spanien überhaupt noch eine Arbeitslosenversicherung braucht. Schließlich können doch arbeitslose Spanier „problemlos“ in Deutschland einen Job finden? Sollte etwa die „Unflexibilität“, nicht im Ausland nach einer Stelle zu suchen, noch belohnt werden?


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13 Kommentare

  1. jpeer sagt

    Niemand ist gezwungen, ein Auslandsemester zu machen. Wer es nicht macht, dem geht es heute mit Sicherheit immer noch viel besser als einem Studenten vor 50 Jahren, der noch nicht dazu „gezwungen“ war. Gleiches gilt für die Hausfrau. Also m.E. eine falsche Äquivalenz.

  2. Pingback: Kleine Presseschau vom 23. Oktober 2013 | Die Börsenblogger

  3. PotzBlitzDonner sagt

    Uff…
    ob nun der Liberalismuß wie er in Deutschland praktiziert wird, wirklich so brutal ist oder ob das trübe Wetter, ich wollte heute morgen auch lieber im Bett liegen bleiben, sich auf die Stimmung und die Objektivität des Blockbetreibers ausgewirkt hat, das lassen wir mal so im Raum stehen.

    Nur mal zu dem Thema Arbeitszeit, das wurde vor kurzem hier auf diesem Blog behandelt:

    http://logicorum.wordpress.com/2013/10/10/arbeitszeit-wie-lange-wurden-wir-arbeiten-wenn-1960-ware/

    Das Fazit war zumindest für mich, das sich seit 1960 die durchschnittliche Arbeitszeit die die Bevölkerung als ganzes zu erbringen hat sich nur unwesentlich veränderte. Sie liegt nämlich bei circa 2 Stunden pro Mann und Maus über alle überschlagen wenn man jeden Tag arbeitet. Dabei ist gar nicht berücksichtigt worden das die Arbeitszeit in der Freizeit wie in diesem Block auch angedeutet wurde, sich vermutlich auch verringert hat (weniger Kinder, Waschmaschine, Fertignahrung usw. ).Was hier vielleicht noch zu ergänzen wäre ist das die Menschen früher auch viel mehr Selbstversorger waren. Was ja auch mit nicht unwesentlicher Arbeit verbunden war. Die Menschen hatten oftmals einen Garten ( zum Bewirtschaften) oder auch ein kleines Feld, Tiere, sie sind in den Wald wenn es Heidelbeeren gab usw. Es wurde viel für die eigene Existenz improvisiert. Was damals notwendig war und eben auch Zeit kostete. Nur weil diese Zeit nicht Betriebswirtschaftlich erfasst ist sollte man Sie als Ökonom nicht ignorieren.

  4. Zählt denn eine Veränderung der Rahmenbedingungen mittlerweile als Zwang?

    Klar ist, dass durch eine Ausweitung des Arbeitsangebots auch ein Druck auf die Löhne entsteht. Aber der statistische Effekt stagnierender Reallöhne ist ja vor allem einer der Mengenzunahme im unteren Bereich – d.h. mehr Menschen haben Arbeit gefunden, aber nicht immer zu hohen Löhnen. Und selbst angenommen, wir würden diesen Effekt ignorieren: Müssen ausgerechnet Liberale an das kostenlose Mittagessen glauben? Haben nicht die überzeugendsten Kräfte unter ihnen darauf hingewiesen, dass bei jeder Entscheidung alle Effekte, nicht nur die kurzfristigen und unmittelbaren, zu berücksichtigen sind?

    Bei den Auslandssemestern habe ich die Vermutung, dass hier ein leichter „Bias“ wirtschaftswissenschaftlicher Herkunft vorliegt. Bei einem Ingenieur z.B. oder einem Naturwissenschaftler sollte diese Anforderung wesentlich niedriger hängen. Aber klar ist auch, dass es immer Wege geben wird, sich aus dem Kreis der Bewerber herauszuheben. Das nennt man wohl auch Wettbewerb. Zwang ist das nicht. Aber wer das durchaus fragwürdige Spiel „Führungsnachwuchs“ mitspielen will, der muss die Regeln beachten. Wenn die Notengebung erodiert, zählen andere Signale dann eben um so mehr. Aber zum Mitspielen wird keiner gezwungen.

  5. Arne Kuster sagt

    @PotzBlitzDonner, sollte es tatsächlich so sein, dass die größere Freiheit der Frauen (zu mehr Erwerbsarbeit) auch eine größere Freiheit der Männer (zu weniger Erwerbsarbeit) ermöglicht hat? Das widerspräche allerdings meiner Alltagserfahrung.
    @Rayson, man sollte zumindest negative Veränderungen der Rahmenbedingungen im Auge behalten. Von daher geht es mir nicht um das kostenlose Mittagessen, aber um Schutzräume vor dem Wettbewerb – wie immer man die konkret ausgestaltet.

  6. @Arne Kuster

    „Schutzräume vor dem Wettbewerb“? Niemand ist gezwungen, Dinge rein unter Wettbewerbsgesichtspunkten zu betrachten. Zum Beispiel all die ehrenamtlich Tätigen bewegen sich in einem anderen Umfeld mit anderer Motivation.

    Aber gerade an den o.g. Beispielen wird doch deutlich: Irgendein Zuteilungsverfahren gibt es immer. Wie hätte eine Gesellschaft auf das erhöhte Arbeitsangebot durch Frauen sonst reagieren sollen? Es wird auch meistens der Fall sein, dass Unternehmen aus einer Vielzahl von Bewerbern wählen können (zumindest die, die jetzt in ihren Anzeigen das Auslandssemester voraussetzen), und die Klagen über die dann gerne aufgeführten Voraussetzungen sind doch uralt. Auch da gibt es Moden, und wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Anteil der Studenten immer weiter steigt, dass auf eine absinkende Durchschnittsqualifikation gerne mit einem Absinken der Anforderungen (resp. steigenden Noten) reagiert wird, dann braucht es eben andere „abhakbare“ Meilensteine. Und gerade die geforderten Voraussetzungen bei als Arbeitgeber beliebten Großunternehmen dienen doch vor allem als Test, ob der Kandidat auch wirklich bereit ist, über jedes Stöckchen zu springen, das man ihm hinhält. Es wird immer welche geben, die das Spiel so mitspielen wollen, und es wird immer welche geben, die das nicht tun und trotzdem ihren Weg gehen.

  7. Arne Kuster sagt

    @Soldat Schwejk,
    „Unter der Überschrift “Die Brutalität des Liberalismus” vermutete ich was über Ausbeutung und Unfalltod in Sweatshops in Bangladesh.“ – Ich mag es eben, Erwartungen und eingefahrene Denkmuster zu durchbrechen.
    „Und hier war nun auch von einer demokratischen Neugründung Europas jenseits von Maastricht die Rede.“ – Geredet wird viel. Mich wundert, dass es tatsächlich Leute gibt, die daran glauben.
    „Also zumindest hier in Berlin und in meiner Generation dürfte man praktisch überhaupt keine Damen finden, die der Versorgungsehe als Alternative irgendwas abgewinnen können“ – Erstens habe ich eine Versorgungsehe für Frauen nie propagiert, nur eine mehrjährige Auszeit zugunsten der Kindererziehung. Zweitens gab es in den 50er Jahren auch kaum Damen, die einer dauernden Berufstätigkeit etwas abgewinnen können. So gesehen sind wir nach der Emanzipation wieder auf einen Stand wie in den 50ern.
    „Es ist also offensichtlich nicht die (im Vergleich gar nicht so hohe) Erwerbsbeteiligung von Frauen, die die schwache deutsche Reallohnentwicklung erklärt, sondern es ist – zumindest zum Teil – die außerordentlich große Differenz zwischen “männlichen” und “weiblichen” Einkommen,“ – Diese Argumentation ist mit den Mechanismen der Lohnfindung nicht in Einklang.
    „also ich krieg echt die Krise“ – Dann hat mein Beitrag ja etwas Positives bewirkt.
    @Rayson,
    „Und gerade die geforderten Voraussetzungen bei als Arbeitgeber beliebten Großunternehmen dienen doch vor allem als Test, ob der Kandidat auch wirklich bereit ist, über jedes Stöckchen zu springen, das man ihm hinhält.“ – Das ist es ja. Wettbewerb ist immer auch ein Stück ein Rattenrennen. Das ist eigentlich der Kern meiner Argumentation.

  8. Häschen sagt

    Guter Artikel.

    Eine soziale Marktwirtschaft ist eine Spielart des Sozialismus bei dem Zahlungsmittelhortung erschwert wird und in der Breite annähernd unmöglich ist durch systematische nachhaltige Umverteilung von neu im Markt bereitgestellten Zahlungsmittel.

    Das ist nicht mehr ganz Ideologiefrei. Wir sind in der repräsentativen Demokratie von der eher wertfreien Ideologie – Zielerreichung vertreten durch Parteien in die von Marx kritisierte ‚Verschleierung‘ abgeglitten – Ideologie als Blendwerk.

    Prinzipiell ist an sich egal welche Transaktionen mit Zahlungsmittel bewertet werden. An sich bildet sich ein Markt heraus und in dem werden Preise vereinbart über Angebot und Nachfrage. Stellen sie sich aber vor, wenn sie ihre Kinder großziehen/erziehen ist das eher ein Privatvergnügen, wenn sie aber die Kinder der Nachbarn erziehen/großziehen eine Dienstleistung. Das eine schafft ‚GDP‘ das andere nicht. Diese Systematik wäre sogar nachhaltig, schafft aber bestimmt keine Wertschöpfung.

    Flexibilisierung ist nicht Mobilität. Zumeist ist Flxxibilität gemeint. D.h. wenn jemand Reisebereitschaft zeigt ist das noch lange nicht Mobilität. Mobilität heißt man zieht für den Job um. Denken sie mal zurück England – Mittelalter. Fürsten errichteten Bauten – Kirschen, Stadtmauern usw… Die Handwerker wanderten in Gruppen von Baustelle zu Baustelle. In abgewandelter Form existiert diese Systematik wieder als Chancenraum Globalisierung. Wenn jetzt ein Spanier zwangsweise in .de in einem Mittelstandsbetrieb arbeitet der in .de Vorzüglich seinen Kundenkreis ausspäht kommt es zu einer Vermischung von Argumenten. Es werden Elemente aus der Globalisierung ganz gezielt gegen die kulturellen sozialen Bedürfnisse des Individuums eingesetzt. Das ist nicht liberal.

    Globalisierung ist eine Ideologie. Entweder das Individuum schließt sich an und sagt, ‚Ich möchte großes in der Welt bewegen‘ oder lebt mit dem lokalen Jobangebot. Es ist vollkommen unerheblich, ob jemand mit einem Job in einer Bäckerei, ohne Auto und bescheidener Unterkunft monatlich ein paar Euro aufs Sparbuch bringt oder dafür Zahlungsmittel im Übermaß bewegt werden, die fälschlich als Wirtschaftswachtstum werden interpretiert.

    Der Heuschrekcenkapitalist ist im Sozialismus ja deswegen Böse, da er ja nicht den Gewinn aus der Beseitigung eines Wirtschaftsteilnehmers an die verklärte ‚Meute‘ abgibt. Im Sozialismus ist es kurzfristig, kurzsichtig sowieso, einen Wirtschaftsteilnehmer zu entfernen. Die verbleibende Zahlungsmittelmenge wird aufgeteilt. Damit hat kurzfristig jeder ‚mehr‘. Der Heuschreckenkapitalist (diesen Sterotyp zu bemühen) behält die Mittel vom eliminierten Nachbarn für sich. Jetzt die Frage – macht derjene etwas damit oder nicht (investiert) er und wird etwas besser? Konkurrenz. Liberal ist an sich, mit anderen Marktteilnehmern in Kooperation zu gehen und dem Konkurrenten Anteile abzuringen. Wenn jetzt der größere Teilnehmer auf die Art abgibt, stellt sich wieder ein Gleichgewicht ein. Zumal das aber für jeden gilt ist das auch nicht der schlechteste Weg. Sozialismus ist aber eine Systematik, die ihre Stärke, aus der totalen Konkurrenz der Individuen zieht. Auf einem anderen Blog fand ich eine Interpretation von 2 Forschungsergebnissen die zum Schluss kommen, dass staatl. Umverteilung Kooperation abwürgt. Irgendwie logisch.

    Das Problem das entsteht durch staatl. Eingriff abseits von ‚freieren‘ Märkten ist meiner Ansicht nach die Züchtung von Oligopolen durch Täuschung der Masse die eigentlich die Bereitstellung der notwendigen Zahlungsmittel finanziert zu ihrem Nachteil.

    Liberal ist auch nicht unbedingt libertär. Derjenige im Wald in Kanada der in die U.S. broadcastet übers Internet ist genauso wenig liberal. Ein Gemeinwohldenken soll zwangläufig hinter jeder nachhaltigen Zahlungmittelausweitung stehen, zumindest genug. Mitnehmen ins Grab kann man sich Zahlungsmittel auch nicht. Gold als Grabbeigabe ist auch nicht der Heuler.

  9. Hallo,
    ich halte „Brutalität“ für eine ungereimte Bezeichnung, insoweit sie suggeriert, dass es sich um vermeidbare und beklagenswerte Erscheinungen handelt. Sie ergeben sich für uns nicht als Folge von Liberalismus, sondern von Liberalisierung – sie beenden allenfalls diejenige Privilegierung, die eine Seite zuungunsten einer anderen hatte, weil diese zuvor unfrei war. Wir beklagen die Korrektur, weil wir uns an den Status Quo gewöhnt haben. Die Finanzkrise bereinigt das infolge intervenierender Geld- und Sozialpolitik ungerechtfertige High-Life der Finanzbranche, der Subprime-Kunden und Anleger. Die Eurokrise bereinigt den haltlosen Boom der Südländer, der auch nur dadurch zustande kam, weil sie seit Jahrzehnten geknebelt waren und immer noch sind. Die Globalisierung setzt unseren Lebensstandard/Reallöhne unter Druck, weil Ressourcen begrenzt sind und wir zurückstecken müssen. Von industriellem/technologischem Fortschritt profitieren wir alle, auch die Ärmsten, durch höheren Lebensstandard, obwohl und weil damit Einkommensungleichheit/-ausspreizung angeheizt wird (siehe Goldin/Katz). Zusammen mit Globalisierung steigen für uns dann Anforderungen, hinsichtlich Auslandserfahrung, Verfügbarkeit usw. Das ist der Preis, der zu zahlen ist, will man weiterhin ganz oben im Luxus mitschwimmen anstatt gewohnten Luxus zu verwalten.

    Reallöhne „in vielen Bereichen .. nicht gestiegen“ – nein, nur in wenigen Bereichen war das der Fall, und schau’s dir an in deinem Link: Ärzte, wegen Ärzteschwemme. Lehrer, demographischer Wandel. „Werbefachleute“ (?), abgelöst durch Grafiker, Designer, Marketing-Leute, bei denen Reallöhne explodierten. Wir haben immer noch Reallohnzuwächse, selbst bis zur Eurokrise 2008, wo es uns schlecht ging. Der gehypte Reallohneinbruch ist statistisch bedingt, weil etwas Niedriglohnbereich dazukam, für alle bestehenden Jobs gings bergauf bzw. stagnierte, http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoContent/N/politikdebatte/ifospezial/Mindestlohn_container/ifosd_2007_19_3.pdf und auch diese mickrige Entwicklung, will man sie beklagen, war insb. dem Euro und dem Nachholbedarf der Südländer geschuldet, den es wie gesagt nur gab, weil sie unter ihrer Unfreiheit litten und uns ein nicht-marktgerechter Euro aufgezwungen wurde.

    Noch absurder finde ich aber deinen Hinweis auf Frauen-Erwerbstätigkeit und geradezu grotesk die Unterstellung von Soldat Schwejk bzgl. „außerordentlich großer Differenz zwischen ‚männlichen‘ und ‚weiblichen‘ Einkommen“, die unsere angeblich so negative Reallohnentwicklung erklären soll. Zunächst mal sind Frauen doch nicht nur Arbeitnehmer, sondern wie Männer Arbeitgeber. Und der Gender-Paygap ist ein Mythos, das ist doch hinlänglich bekannt. Wie überall sind Frauen wegen Kinderausfallzeiten usw. benachteiligt. So ist das im Leben nun mal. Am Ende bleibt ein ungerechtfertigter Gap von etwa 3-8%, der für Deutschland vielleicht um 1 Punkt ungünstiger ausfällt – und dass der dann – plötzlich/seit 2000 vllt – unsere mickrige Reallohnentwicklung erklären soll, ist unter jedem Gesichtspunkt sowas von abwegig.

  10. @Arfne Kuster

    Wettbewerb ist immer auch ein Stück ein Rattenrennen. Das ist eigentlich der Kern meiner Argumentation.

    Ja. Ich kann dann aber das Problem nicht erkennen. Besteht es darin, dass der Adressat einer Leistung eine aus unserer Sicht unsinnige Definition von Leistung besitzt? Das müssen wir schon ihm überlassen, denn er trägt auch die Folgen. Besteht es darin, dass es Gewinner und Verlierer gibt? Die gibt es bei jedem Zuteilungsverfahren. Besteht es darin, dass wir das Zuteilungsverfahren als ungerecht empfinden? Dann her mit den gerechteren. Bei mindestens gleicher Effizienz bitte…

    Aus meiner Sicht sind die beiden Aussagen „TINSTAAFL“ und „zugeteilt wird immer“ hinreichend dafür, die Beschwerden des Ausgangsbeitrags als unverständlich anzusehen.

  11. Arne Kuster sagt

    @Tobias Fuentes,
    du nennst es Privilegierung, ich nenne es „Schutzräume erhalten“. Da es mir aber im vorstehenden Stück gerade um die Sachen geht, bei denen Unterprivilegierte privilegiert werden, finde ich deinen Begriff irreführend.
    Wie ist das, wenn durch Liberalisierung ein Monopol entsteht? Wie ist das, wenn sich durch Liberalisierung Institutionen durchsetzten, die die Freiheit wieder einschränken? Um diese Fragen drückst du dich. Du betrachtest Liberalisierung nur formal. Je weniger Paragrafen, desto mehr Liberalismus. Das ist mir allerdings zu platt. Ich betrachte Freiheit von den Menschen her und von ihren Wahlmöglichkeiten.
    @Rayson,
    irgendwie reden wir aneinander vorbei, oder?

  12. @Arne
    Hallo. Egal wie man es nennen möchte; du kannst dein Wehklagen aber nicht rechtfertigen, indem du Liberalismus an den Pranger stellst. Es gibt überall nur „kleine Leute“ und diejenigen im Westen konnten sich ihre „Schutzräume“ nur schaffen, weil kleine Leute andernorts überhaupt nichts abbekamen. Von 7 Milliarden kleinen Leuten auf der Erde hat nur ein Bruchteil Glück in Ländern geboren zu sein, die ihnen halbwegs Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Die dann „auf Kosten“ der anderen vllt. 6 Milliarden kleinen Leute billig Ressourcen verbraten und sich so ihre „Schutzräume“ schaffen konnten. Das Korrigieren dieser Ungerechtigkeit, wie per Globalisierung, kannst du doch nicht ernsthaft beklagen und als Übel des Liberalismus ansehen. Deine Schutzräume standen dir nach Maßgabe dieses Liberalismus schon gar nicht zu. Könnten wir allen 7 Milliarden das gleiche freiheitliche Umfeld schaffen, wir im Westen müssten uns massiv einschränken; und du müsstest über ganz andere Beschwerlichkeiten klagen als erforderliche Auslandssemester.

    Wie soll denn „durch Liberalisierung ein Monopol entstehen“? Das schließt sich doch definitorisch aus. Ich weiß nicht an welche Szenarien du dabei denkst. Eine Privatisierung eines Staatsmonopols, eines staatlich geschaffenen Monopols – Post, Energie, Eisenbahn usw., ist die Überführung eines Staatsmonopols in ein privates, und das ist keine Liberalisierung im eigentlichen Sinne – eine solche erfordert dann schon einiges mehr.

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