Wirtschaftswurm-Blog

Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Europa?

Es gibt ehrgeizige Ziele und es gibt überehrgeizige Ziele. Wenn Jürgen Trittin davon redet, „gleichwertige Lebensverhältnisse für die Menschen in Europa schaffen„,  dann hat er sich damit nicht nur ein utopisches, sondern auch ein sinnloses Ziel gesetzt.

Jürgen Trittin

Jürgen Trittin, Foto: GeeJo

Utopisch ist das Ziel zum einen politisch. Wie will Trittin in Deutschland Wähler dafür gewinnen, Griechen und Spaniern einen höheren Lebensstandard zu verschaffen? Zumal, wenn damit wahrscheinlich ein sinkender Lebensstandard in Deutschland verbunden ist?

Utopisch ist das Ziel noch mehr ökonomisch. In Kaufkraftparitäten gemessen produzieren die Niederländer doppelt so viel pro Kopf wie die Esten (um einmal den neben Luxemburg reichsten und den ärmsten Staat der Eurozone miteinander zu vergleichen). Verwirklicht man die gleichwertigen Lebensverhältnisse durch einfache Transfers, müssten die Holländer 1/4 ihrer Wirtschaftsleistung abgeben. Damit müsste sich die Steuerquote der Niederlande verdoppeln.  Der niederländische Staat bräuchte knapp 13.000€ mehr von jedem einzelnen seiner Einwohner für die Europatransfers. Solche Belastungen müssten unweigerlich zum Zusammenbruch der holländischen Wirtschaft führen.

Natürlich hofft Trittin es billiger machen zu können, indem der größere Teil der Transfers für Investitionen ausgegeben wird, die dann irgendwann selbst Erträge im begünstigten Land erbringen. Für die Umsetzung herrscht aber nicht nur ein Mangel an Geld, sondern noch mehr ein Mangel an intelligenten Ideen. Gigantische Summen für schlechte Ideen bedeuten aber Verschwendung. Die wirtschaftliche Einheit Deutschlands (Kosten allein in den ersten 12 Jahren 1,5 Billionen €) bietet hierfür viele Beispiele. Hinzu kommen die Verluste durch Bürokratie und Korruption.

Trittins Ziel ist aber nicht nur utopisch, sondern auch sinnlos. Glück und Zufriedenheit der Menschen in Griechenland und Spanien hängen nicht davon ab, dass sie denselben Lebensstandard wie die Deutschen haben. Denn sofern die Grundbedürfnisse gedeckt sind, also Essen, Gesundheit, ein Dach über den Kopf, hängt das Glück des einzelnen nicht mehr von der absoluten Höhe seines Einkommens ab. Das sagen uns zumindest die Ergebnisse der Glücksforschung, wie man sie etwas bei Bruno S. Frey nachlesen kann (Happiness: A Revolution in Economics).

Wohl bleibt das Glück des Menschen auch bei hohem Einkommen abhängig von seiner relativen Stellung in seinem Umfeld und in seiner Gesellschaft. An dieser relativen Stellung ändert sich aber nichts, hieven wir eine Gesellschaft insgesamt auf ein höheres Niveau. Dies hätte also absolut überhaupt keinen Effekt auf die Zufriedenheit der Begünstigten.

Tatsächlich würde eine gigantische europäische Umverteilungsmaschinerie und -bürokratie wohl erst die Bedürfnisse schaffen, die sie dann selbst mehr schlecht als recht befriedigt.


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3 Kommentare

  1. Pingback: 5 vor 10: Spanien, Lebensstandards, Zins-Subventionierung, Erdölförderung, Elektromobilität | INSM Blog

  2. Das Häschen sagt

    Focus auf Time is priceless, das wäre die Chance, diese wird mit dieser Art des Wirtschaftens vergeben. Glück hat mit materiellen Gütern wenig zu tun. Bitte! Die Bedarfe der Menschen, bezieht man sich auf das Güterangebot ist mehr als befriedigend und bei weitem ausreichend. Wir sollten viel mehr danach trachten, dass diejenen die heute wenig im schmalen Geldbeutel haben, noch einmal ordentlich einkaufen können. Ich verstehe die Aussage von Herrn Tretin in dieser Richtung, setzt man eine ‚positive‘ Interpretation voraus. Der Besuch des ‚Restaurant At The End Of The Universe‘. The Final Bubble.

    Glück hat mit einer Angleichung von Europa an Deutschland noch weniger zu tun. Kaum ein Deutscher ist glücklich und schon gar nicht bei der Arbeit. Wobei ich eingestehe, mit Arbeit in Sinne von kreativ gesellschaftlich wertschöpfender Tätigkeit hat die Definition des Arbeitsbegriffs in Deutschland wenig zu tun, ist aber der Entwicklung in der Wirtschaft und insbesondere der Industrie geschuldet. Eine Industrienation hat einen anderen Arbeitsbegriff. Die Industrie kehrt wieder zurück in ihren Ursprung, solange das Ziel ist Menschen in der Industrie zu beschäftigen und allen Teilen die letztendlich davon abhängen.

    Passen sie mit dem Wort ‚gleich‘ auf lieber Wirtschaftswurm, sie formulierten ihren Vorbehalt als Frage wohl mit. Die ’negative‘ Interpretation der Worte des Herrn Tritin, wie folgt.

    Meine persönliche Einschätzung wäre der Versuch einer Angleichung Europas auf ein Preisniveau innerhalb von 3-5 Jahren und innerhalb der folgen auf das jetzige U.S. Niveau bezüglich internationaler Preise von ca. 1/3tel bestenfalls auf 50% des aktuellen europäischen Niveaus. Das ist er last Well Known State im Endkampf des Kapitalismus in der gewohnten Form mit Bezug auf globalisierte Märkte. Das wäre dann der Level Griechenland, mal von den Irrungen und Wirrungen abgesehen. Für Deutschland bedeutet dies das Ende der Sozialen Marktwirtschaft.

    Die aktuelle Politik der EU ist Teil eines schrittweisen Angleichungsprozesses der Internationalen Preisniveaus. Das wäre die konsequente Fortsetzung, der seit den 80ern beobachteten Verhaltensmustern.

    Der Fluch ist eine Diskrepanz zwischen dem suggerierten linearen Zusammenhang zwischen investierter Zeit der Menschen und dem Output – den gibt es nicht. Das ist jetzt keine Überraschung für die Besucher dieses Blogs, aber die Diskrepanz in der Praxis wäre für die meisten erschreckend.

    Die Spezialsituation ist Deutschland. Deutschland hätte aus unserer Sicht den zielführenderen Zugang und philosophischen Hintergrund zu freier Forschung*), durch sein sehr gutes Standing und damit eine perfekte Ausgangsposition. Die Frage die sich stellt – fördert das Herschenken der eigenen Güter und der darin gespeicherten Kreativen Energie nicht exakt das Gegenteil – sprich sendet falsche Signale an die Bürger, modern gesprochen ‚Falsche Incentives‘ allerorts?

    *) Selbst am Internet in den Blogs ist es ersichtlichen. Es gibt einerseits die gutgläubige Masse die der Politik liebend gern auf den Leim geht, besser gesagt den Mainstream Medien, aber ein durchaus variantenreiches fruchtbringendes kritisches Potential an mehr als weniger tiefgründigen zum Wohle der Gesellschaft Ursachen forschenden Geistern.

    Wir, die Häschen, sind ja ein kleiner Mosaikstein mit unserer freiem Forschungsinstitut für Arbeitsvermeidung und ganzheitlicher Arbeitsverweigerung, auch im Sinne internationaler Arbeitsteilung, die sich zur Aufgabe gestellt hat Angebote auszuarbeiten ‚Arbeit‘ auf das notwendige Maß zu reduzieren im Sinne von Reduktion der ‚Arbeitswelt‘ auf gesellschaftlich zielführende Tätigkeiten. Wir machen das in der Freizeit, das wirkt durchaus selbstregulierend bezüglich der eingesetzten Ressourcen.

    Website haben wir noch keine, das wäre Verschwendung an kreativem Potential im Sinne der Konzentration der schöpferischen Kraft auf das maßgebliche gesellschaftliche Optimum und damit verbunden ein nachhaltiger kaum zu beziffernder Imageschaden, den wir dann in Kauf nehmen, wenn aufgrund der gefehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik die Hyperinflation naht, den Vormittag sitzen wir aus im Gastgarten zahlen aber die Rechnung gleich zu Beginn des Besuchs. Denn nach dem Crash ist vor dem Crash, ich denke man sollte nicht große Teile seiner Lebenszeit in solch fragwürdige Systeme investieren.

  3. Pingback: Kleine Presseschau vom 25. Juli 2012 | Die Börsenblogger

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