Mit den Plänen für ein Leistungsschutzrecht verraten FDP und CDU abermals ihre eigenen Grundsätze. Die Hotelierssteuer lässt grüßen.
Bislang ist alles ganz unbürokratisch geregelt. Wer nicht will, dass seine Internetseiten bei Google oder Google News auftauchen, (z B. weil er meint, Google müsse ihn erst dafür bezahlen), der erstellt eine einfache Textdatei und legt darin seine Anweisungen für die Suchmaschinencrawler fest. Die Textdatei nennt er dann robots.txt und lädt sie in sein Internetverzeichnis hoch. So habe ich das auch gemacht, um z. B. die Seite Kontakt dieses Blogs aus den Suchmaschinen auszuschließen. Das war schnell gemacht und erforderte keine Programmierkenntnisse oder spezielles Fachwissen.
Solche klaren, unbürokratischen Lösungen sind aber offensichtlich für die gegenwärtige Bundesregierung ein Problem. Sie will stattdessen ein kompliziertes Leistungsschutzrecht einführen. Die Vereinbarungen des Koalitionsausschusses vom Sonntag lassen schlimmes erahnen. Hier nur ein kurzer Auszug, den man sich auf der Zunge zergehen lassen kann:
Deshalb sollen Hersteller von Presseerzeugnissen ein eigenes Leistungsschutzrecht für die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge oder kleiner Teile hiervon erhalten. Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen… Auch die Urheber sollen eine angemessene finanzielle Beteiligung an der Verwertung des Leistungsschutzrechts erhalten. Einzug und Verteilung der Entgelte soll über eine Verwertungsgesellschaft erfolgen.
Schon dieser Auszug birgt zahlreiche mögliche juristische Streitpunkte: Wer ist der Hersteller von Presseerzeugnissen? Was zählt überhaupt als Presseerzeugnis z.B. in Abgrenzung zu Werbeschriften? Was ist unter einer „redaktionell-technischen Festlegung“ zu verstehen? Wie kann man sie vom Urheberrecht am Text trennen? Was sind journalistische Beiträge? Wie groß darf ein „kleiner Teil“ sein? Wer ist gewerblicher Anbieter? Reicht z.B. schon eine Werbeeinblendung in einem Blog aus, um als „gewerblich“ eingestuft zu werden? Wie hoch ist eine angemessene finanzielle Beteiligung der Urheber?
Jede Frage ist im Einzelfall zu klären, durch Ausführungen im Gesetz, durch Festlegungen der Verwaltung und schließlich (und vorraussichtlich häufig) durch die Gerichte. Mit der Verwertungsgesellschaft ist dann auch gleich ein bürokratischer Apparat geschaffen. Dirk Elsner vom Blicklog sieht das übrigens ähnlich.
Betroffen sein werden auf jeden Fall viele: neben Google-News sicherlich auch Seitenbetreiber, die eine Presseschau von Hand erstellen wie „Die Börsenblogger„. Auch Kleinbetriebe, die auf ihrer Internetseite Pressetexte über ihren Betrieb oder ihre Branche auflisten, werden wohl in die Mangel genommen werden. Selbst ein Zitat mit Link könnte schon gefährlich werden, denn die Abgrenzung von Zitatfreiheit einerseits und neuem Leistungsschutzrecht andererseits ist unklar.
Ach ja: „Weniger Bürokratie schafft Freiräume für Unternehmen“. Wer mag das wohl gesagt haben?
Danke fürs erwähnen. Ich versuche seit gestern mal weitgehend ohne deutsche Printmedien auszukommen… spannend!
Aber warten wir mal ab, ob das LSR überhaupt kommt. Die Koalition hat in letzter Zeit zu viel unausgegorenes zu Wege gebracht bzw. es bei Ankündigungen belassen. Man denke nur mal an den groß gefeierten Finanz-TÜV, der lächerliche 1,5 Mio. Euro im Jahr kosten darf.
@Marc Schmidt,
für den Finanz-TÜV gibt es ja auch keine Lobby, für das Leistungschutzrecht schon. Allerdings gibt es beim LSR auch eine Gegenlobby, wie Sascha Lobo zurecht meint.