Wirtschaftswurm-Blog

Gedanken zur Reichtumsdebatte

Nein, ich habe nicht vor, erneut die Maischberger-Talkshow zum Thema „Der Millionär hat’s schwer“ zu besprechen, dazu gibt es bereits Berichte auf den Seiten der FAZ oder der Süddeutschen. Ich benutze lediglich ein paar Aussagen, die während der Sendung gefallen sind, als Aufhänger für meine eigenen Überlegungen.

Denn zwischen all dem Talkshow-Hin-und-Her schimmerten doch (zugegeben ziemlich schwach) ein paar Grundkonflikte unserer Gesellschaft durch.

Da war zum einen die Aussage der Unternehmerin Claudia Obert: „Der Staat kann nicht mit Geld umgehen.“ Direkt demgegenüber stand die Meinung des Geschäftsführers des Paritätischen Wohlfahtsverbandes Ulrich Schneider. Der Staat müsse mehr für abgehängte Kinder tun und genauso für die Pflege. Hier, so folgt aus Schneiders Rede, würde der Staat sinnvoll Geld einsetzen.

Meine Meinung als Volkswirt: Ja, der Staat geht häufig ineffizient mit Geld um. Aber leider muss man das in Kauf nehmen, denn viele öffentliche Güter kann nur der Staat bereitstellen, ansonsten werden sie gar nicht bereitgestellt. Und auch dort, wo eine Privatisierung von Staatsleistungen möglich ist, steigert sie nicht immer die Effizienz. Nicht gesteigert wird sie in der Regel, wenn auch der private Anbieter keinem wirksamen Wettbewerb ausgesetzt wird (und werden kann).

In unserer heutigen Zeit halte ich jedoch einen zweiten Konflikt für noch wichtiger. Auf der einen Seite steht der Drogerieunternehmer Dirk Roßman mit seiner Angst um die wirtschaftliche Kraft Deutschlands, wenn Investitionen sich durch zu viel Steuerbelastung nicht mehr lohnen. Auf der anderen Seite wieder Schneider mit seiner Angst um den „sozialen Frieden“, wenn die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft.

Schneider vermochte allerdings nicht, seiner Warnung besonderen Nachdruck zu geben. Gegen Unruhestifter gibt es schließlich die Polizei. Sein Hinweis ist jedoch weitreichender. Frank Lübberding erkennt dies richtig, wenn er in diesem Zusammenhang schreibt: „Der Kapitalismus sägt … den Ast ab, auf dem er sitzt.

Meine Meinung als Volkswirt: Tatsächlich ist die Konzentration von Vermögen ein wesentlicher Grund für die Wirtschaftskrisen der letzten Jahre. Diese Konzentration schuf nämlich das vagabundierende Kapital, das zunächst Finanzblasen aufbläht und dann beim Platzen dieser Blasen Finanzkrisen schafft. So gesehen in der USA-Subprimekrise oder in der spanischen Immobilienkrise. Und wenn man erst den Südeuropäern billig Kredit gegeben hat und nun nur noch mit Schaudern daran denkt, folgt das demselben Muster.

Auch Unternehmer wie Roßman oder Obert können daran kein Interesse haben.


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8 Kommentare

  1. Armin sagt

    Wäre dann die Lösung, die Blasen platzen zu lassen, die durch _ungedecktes Geld_, unter anderem von staatlicher Seite gefördert (z.B. US Suprime oder Garantien für Einlagen und Kredite), entstanden sind?

  2. Das Häschen sagt

    Das kommt der Wahrheit schon nahe.

    Mir gefällt die Zuordnung staatliche Aufgaben nicht. Es gibt mal die Hoheitsaufgaben und jene die dem Gemeinwohl dienen, die organisiert der Staat.

    Allein Ausgliedern aus der öffentlichen Verwaltung, damit eine Rechnung geschrieben wird … das genügt noch nicht. Bei den Hoheitsaufgaben kann der Staat gerne Zurückhaltung üben.

    Worauf man achten muss ist, dass die Aufgaben die dem Gemeinwohl dienen nicht dazu führen, dass sie zu sehr über Abgaben werden finanziert werden.

    Das erhöht den Wachstumsdruck auf einen immer kleiner werdenden Bereich betrachtet man die Menschen die dort beschäftigt sind. Die Einkommensverteilung + unser Anteil an Zinsen in den Produkten und wohl auch Abgaben sorgen dafür, dass die wenigen Schultern immer dürrer werden. Wenn man versucht diese dünnen Schultern mit Finanzpolstern zu verbreiten, dann entstehen die von ihnen beschriebenen Effekte aus dem leichten Zugang zu billigem Geld.

    Es geht eigentlich darum, wieviele Köpfe sind über die reine Realwirtschaft finanziert und wieviele müssen diese in Summe abgeben den anderen Teil mitzufinanzieren. Arbeiten tun ja alle, das ist ok und die sollen etwas bekommen. Ich gehe jetzt nicht auf die Sinnhaftigkeit der Arbeit ein. Aber beinahe 90% der Leute die die Arbeit nicht interessiert, wären ein Anzeichen für Schilda everywhere. Das Zusammenspiel ist komplex.

    Wenn nur jeder Lehrer und Beamte – vom Bauarbeiter der bei Staatsaufträgen beschäftigt ist verlangt man es nicht – ein paar Blumen pflanzte und Gemüse und diese an schulfreien Tag am Markt verkauft dann trüge er wirklich was zum Wachstum der Wirtschaft bei. Das ist keine Schelte.

    Es wäre aber schon ok, wenn wir die kleinen Häschen nicht dauernd müssten den Karren ziehen auf dem immer mehr dem Pfau lauschende Ochsen sitzen und nicht umgekehrt. Denn bei so wenig Häschen und so vielen Ochsen bräuchten wir gar keine Karren. Aber für den Pfau (die Politiker) ist der goldene Karren noch zu schade mittlerweile.

    Der golden Karren gezogen vom goldenen Kalb (Geld arbeitet nicht) und das wiederum von den kleinen Häschen. Das macht die Sache ja kompliziert zu durchschauen.

    Warum und wieso eine Aufgabe aber beim Staat landet, das ist ein breit gefächertes Thema.

    Das ist der Fluch. Es kann jeder soviel verdienen wie er will, er soll es aber bitte wieder ausgeben, das wäre am einfachsten.

  3. dw-seneca sagt

    Tatsächlich ist die Konzentration von Vermögen ein wesentlicher Grund für die Wirtschaftskrisen der letzten Jahre:

    Diese These halte ich für falsch. Die sich öffnende Schere zwischen arm und reich, die sich abzeichnende Verarmung der Mittelschicht hat seine Hauptursache in der Nehmerqualität des Staates, der seinen Staatsanteil am Bruttosozialprodukt von knapp über 10% auf über 50% gesteigert hat. Ein Arbeitnehmer gibt heute zwischen 80 und 85% eines erarbeitenden Euros an den Staat ab, wobei die Sozialabgaben von ihrem Wesen her als Steuer angesehen werden müssen. Während Reiche und Superreiche sich arm rechnen können, Stiftungen gründen etc. muß der kleine Mann zahlen ohne ausweichen zu können. Deswegen muß auch unsere gesamte Steuergesetzgebung als höchst ungerecht und unsozial bezeichnet werden.
    Darüberhinaus macht es überhaupt keinen Sinn, Spezialsteuern für die Reichen einzuführen – siehe Frankreich, wo Gutverdiener in Scharen das Land verlassen. Noch schlimmer wären Dinge wie Zwangsanleihen. Damit verlöre der Staat seine gesamte Legitimität.

  4. Wirtschaftswurm sagt

    @Armin,
    ja, die Lösung ist natürlich, die Blase rechtzeitig platzen zu lassen, noch besser sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Da könnte Vollgeld, also 100 % durch Zentralbankgeld gedecktes Giralgeld ein Ansatz sein. Den Stein der Weisen habe ich da aber auch noch nicht gefunden.
    @Häschen,
    du drückst dich unklar und verschwommen aus. Bitte versuche mal, schneller auf den Punkt zu kommen.
    @dw-seneca,
    über die Ursache der Konzentration von Vermögen habe ich ja noch gar nichts geschrieben. Es ging mir erst einmal um die Folgen. Deine Ausführungen sind darum erst einmal kein Widerspruch zu meinem Artikel. Letztes Jahr hab ich mich übrigens hier im Blog mal mit den Ursachen der wachsenden Lohnspreizung beschäftigt: http://www.wirtschaftswurm.net/2011/wachsende-lohnspreizung-in-deutschland-die-fakten/

  5. Wirtschaftswurm sagt

    Noch mal ein Nachtrag: Vollgeld ist dann Teil einer Lösung des Problems, wenn es auch dazu führt, dass die Konzentration an Vermögen abnimmt. Das müsste man untersuchen.

  6. @Wirtschaftswurm

    Ich behaupte, es gibt kein freies Geldsystem, das keine Konzentrationsprozesse ausbildet und keine Blasen werfen kann. Die Geldkonzentration ist ja nichts anderes als die erwünschte Allokationfunktion – Geld dort bereit zu stellen, an der es erwünscht ist.
    Blasen kann man als Konzentrationsprozesse verstehen, die nicht mehr aufrecht erhalten werden können – das ist ein notwendiger Bereinigungsprozess.

    Es gibt Geldsysteme, die Konzentrationsprozesse schneller oder langsamer ausbilden und diese länger oder kürzer speichern können. Aber ein Geldsystem ohne Konzentrationsprozesse und ohne Blasenbildung wäre sinnfrei, denn es verlöre seinen Informationsgehalt und seine Anpassungsfähigkeit.

  7. Wirtschaftswurm sagt

    „Ich behaupte, es gibt kein freies Geldsystem, das keine Konzentrationsprozesse ausbildet und keine Blasen werfen kann.“ – Vielleicht nicht in der Praxis, aber doch in der Theorie.

  8. „Vielleicht nicht in der Praxis, aber doch in der Theorie.“

    Klar, wenn in der Theorie die Realität ausgeblendet wird, wie es die Wirtschaftswissenschaften so gerne machen. Betrachte ich das Geldsystem isoliert oder klammere ich in den Wirtschaftsprozessen das Geldsystem aus, funktioniert alles – theoretisch.

    Was ich meinte, ist, dass die Konzentrationsprozesse durch das arbeitsteiliges Wirtschaften entstehen und diese im Geldsystem nur abgebildet werden. Um die Konzentrationsprozesse abzuschaffen werden, bräuchte man daher kein neues Geldsystem, sondern eine andere Form des Wirtschaftens. Nur die effektiven Strukturen werden finanziert und die effektivste ist derzeit die Massenproduktion. Die Konzentrationsprozesse im Finanzsystem sind nicht die Ursache, sondern die Folge dieser Entwicklung.
    Blasen enstehen durch Spekulationen. Sie sind im Grunde zeitlich vorweggenommene Konzentrationsprozesse, die ein Abschöpfen hoher Renditen ermöglichen. Tritt die Erwartung nicht ein, platzt die Blase. Auch das ist ein Phänomen, das nicht auf die Mechanismen des Geldsystems zurück zu führen ist. Die Notwendigkeit, die Zukunft zu gestalten, hat ein jeder von uns. Dass wir das Geldsystem dazu nutzen, ist daher nur allzu verständlich.

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