Dale Mortensen, einer der drei diesjährigen Wirtschaftsnobelpreisträger, bringt es im Interview mit der FAZ auf den Punkt. Über seinen Beitrag zur Wissenschaft meint er: „Das ist für einen Laien einfach zu verstehen, aber aus Sicht der Ideengeschichte wurde es anders wahrgenommen.“ Sprich also: Laien haben die Sache besser verstanden als Professoren.
Bei der Sache geht es im Übrigen um die Suchkosten und die Suchdauer auf dem Arbeitsmarkt (und auf einigen anderen Märkten wie dem Immobilienmarkt). Tatsächlich hat hier jeder Erfahrung, weiß, dass es lange dauern kann und Geld kostet, Stellenanzeigen durchzusuchen, Bewerbungsschreiben zu verfassen und zu Vorstellungsgesprächen zu fahren. Nur die Experten, Wirtschaftswissenschaftler, wussten das anscheinend nicht. Zumindest hielten sie es nicht für relevant. Was für eine verkehrte Welt.
Aber dank Diamond, Mortensen und Pissarides wissen es nun auch die Experten und nur das zählt für den Nobelpreis. Man kann auch sagen: Dass sie den Nobelpreis bekommen haben, lag mindestens genauso an der Dummheit der Experten, also der Ökonomen, als an ihrer eigenen Leistung. Es gilt der Spruch: Unter den Blinden ist der Einäugige König oder in diesem Fall Nobelpreisträger.
Nun will ich aber die Leistung der drei nicht zu sehr schmälern: Natürlich hätte nicht jeder Laie diese „wenig spektakuläre, aber wichtige Forschung“ (Rudolf Hickel) machen können. Schließlich haben sie die Suchkosten in einem mathematischen Modell verarbeitet, dieses Suchmodell unter verschiedenen Annahmen durchgerechnt und daraus Schlussfolgerungen gezogen.
Herausgekommen sind ein paar Faktoren, die beeinflussen können, wie hoch die strukturelle Arbeitslosigkeit ist, also die Arbeitslosigkeit, die entsteht, weil Arbeitslose und freie Stellen „noch nicht zueinander gefunden haben“. Und einige der Faktoren, die die Höhe der strukturellen Arbeitslosigkeit beeinflussen, lassen sich ihrerseits beeinflussen. Damit sind wir dann bei der Forderung, das Arbeitslosengeld zu kürzen, um die Arbeitslosen dazu zu bewegen, eher eine Stelle zu akzeptieren, die ihren Vorstellungen weniger entspricht.
Das Problem am Suchmodell von Diamond, Mortensen und Pissarides: Sie erweitern zwar das Weltbild der Ökonomen um ein Stück, lenken aber nun ihrerseits den Fokus auf einen ganz besonderen Aspekt, während viele weitere Aspekte der Arbeitssuche, die meiner Meinung nach um einiges wichtiger sind, weiterhin unberücksichtigt bleiben. So wird die Arbeitssuche weiterhin als rein wirtschaftliches Kalkül dargestellt. Dass man auch eine Stelle sucht, um Sinnvolles zu tun oder um Anerkennung zu finden, bleibt ausgeblendet. Auch der Aspekt der wirtschaftlichen Macht, der doch gerade auf dem Arbeitsmarkt eine große Rolle spielt, bleibt außen vor. Würde man diese Aspekte einbeziehen, könnten die Schlussfolgerungen wieder ganz andere sein.
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