Wirtschaftswurm-Blog

Die Unterscheidung nach Geschlecht ist manchmal auch sozial

Letzten Dienstag entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass nach dem 21.12.2012 Versicherungskonzerne nur noch Unisex-Tarife anbieten dürfen. Das betrifft vor allem Autoversicherungen, private Kranken- und Rentenversicherungen sowie Lebensversicherungen. Bei ihnen sind bisher unterschiedliche Tarife für Männer und Frauen verbreitet. Bei Autoversicherungen und Lebensversicherungen liegen die Versicherungsprämien für Frauen niedriger, bei Kranken- und Rentenversicherungen liegen sie höher.

Was der EuGH jedoch nicht gesehen hat: Manchmal ist eine Unterscheidung nach Geschlecht nicht diskriminierend, sondern einfach nur ein sozialer Ausgleich. Dies betrifft die private Rentenversicherung.

Männer leben im Mittel kürzer als Frauen. Nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Forschung ist dies zwar zum Teil auch verhaltensbedingt (höherer Zigaretten- und Alkoholkonsum bei Männern z. B.), aber eben nicht nur: Männer sind in dieser Hinsicht biologisch benachteiligt.

Aufgrund ihrer kürzeren Lebenserwartung und also der kürzeren durchschnittlichen Rentenbezugsdauer müssen Männer nun bei privaten Lebensversicherungen geringere Prämien zahlen. (In Deutschland sind Unisextarife bei der staatlich geförderten Riester-Rente allerdings seit 2006 Pflicht.) Entscheidend: die günstigen Prämien ergeben sich einzig aus der kürzeren Lebenserwartung, nicht aus sonstigen Eigenschaften des männlichen Geschlechts. Die günstigen Prämien sind damit an einen biologischen Nachteil geknüpft. Sie bedeuten folglich nichts anderes als einen gewissen sozialen Ausgleich für diesen Nachteil; auch wenn private Rentenversicherer an sich keine sozialen Zwecke haben.

Fast alle Männer würden liebend gerne eine höhere Prämie für die private Rentenversicherung zahlen, wenn sie denn damit auch eine höhere Lebenserwartung bekämen. Und umgekehrt bittet wohl keine Frau den lieben Gott um eine niedrigere Lebenserwartung, damit sie etwas Versicherungsprämie spart.

Was ist das also für eine seltsame Diskriminierung, die von den Diskriminierten als Vorteil empfunden wird und von den Bevorteilten als Nachteil? Eine solche Diskriminierung ist einfach keine Diskriminierung.


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3 Kommentare

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  2. Kofi sagt

    Ich frage mich warum sich so aufgeregt wird. So kommt halt ein neuer Durchschnittswert raus. Viel schlimmer ist die Aufteilung in private und gesetzliche Krankenkassen, weil dort nicht mehr in einen Topf bezahlt wird sondern in zwei, einmal für „Reiche“ und einmal für „nicht Reiche“.

  3. Wirtschaftswurm sagt

    Tja, aber das Problem Private Krankenversicherung geht die Politik nicht an. Stattdesssen kümmert sie sich um Unisextarife. Eigentlich ist das ja noch mal mehr ein Grund, sich aufzuregen.

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