Heute morgen noch fragte Patrick Bernau im Fazit-Blog, ob man nicht besser den Wirtschaftsnobelpreis abschaffen sollte. Dann zeigte die Bekanntgabe des diesjährigen Preisträgers, Angus Deaton, wie gut der Wirtschaftsnobelpreis sein kann.
So schnell werden Thesen irrelevant. Patrick Bernau berichtete am Morgen über die Forderung eines prominenten Mitglieds der Schwedischen Akademie der Wissenschaften, den Wirtschaftsnobelpreis abzuschaffen. Begründung: Volkswirte seien korrupter als Durchschnittsmenschen.
Der Begründung mangelte es natürlich von Anfang an an Logik. So gab es Aufsehen erregende Korruptionsskandale in den letzten Jahren nicht bei Volkswirten, sondern bei Mediziner. Transplantationsskandale, Ärzte-Abrechnungsskandale usw. Nebenbei sind auch viele pharmakologische Studien Gefälligkeitsstudien für den Geldgeber aus der Pharmaindustrie. Aber soll man deswegen den Medizin-Nobelpreis abschaffen?
Nein, denn Gesundheit ist uns sehr wichtig und die medizinische Forschung hat viel für mehr Gesundheit geleistet und wird dies wohl auch in der Zukunft weiter tun.
Auch wirtschaftlicher Wohlstand ist uns sehr wichtig. Nun gebe ich zu, der Beitrag der Volkswirtschaft zum historisch hohem aktuellen Wohlstandniveau ist umstritten. Der Beitrag des technischen Fortschritts ist ohne Zweifel größer. Die allesamt gescheiterten sozialistischen Staaten zeigen allerdings, wie stark der Unterschied zwischen schlechter Volkswirtschaftslehre und guter Volkswirtschaftslehre sein kann.
Und nun hat Angus Deaton den Wirtschaftsnobelpreis 2015 bekommen. Ein Professor, dessen deutscher Wikipedia-Eintrag bis heute Mittag spärliche sieben Sätze umfasste. Aber ein Professor, der auf einem sehr wichtigen Gebiet tätig ist: der Armutsforschung und der Forschung über Entwicklungsländer. Seine Forschung betrifft also die große Mehrheit der Menschen auf dem Globus.
So befasste sich Deaton mit dem Zusammenhang von Einkommen und Zufriedenheit. Faustformel: Die subjektive Zufriedenheit steigt mit dem Logarithmus des Einkommens. Die erste Verdoppelung von 1.000 auf 2.000 € bringt also genauso viel Zufriedenheitsgewinn wie die nächste Verdoppelung von 2.000 auf 4.000 € und alle weiteren Verdoppelungen.
Ein wichtiges Thema für Angus Deaton war auch die Frage, wie die Sparquote und die wirtschaftliche Entwicklung zusammenhängen. Seine Herangehensweise war dabei keineswegs rein theoretisch, er achtete vielmehr darauf, Theorie und Empirie eng zu verzahnen.
So rettete er die Lebenszyklushypothese des Sparens zumindest teilweise (Ausführungen dazu im „Journal of Economic Perspectives“). Wenn die Jüngeren für ihr Alter sparen und die Älteren ihre Ersparnisse wieder auflösen, muss daraus für Volkswirtschaften mit mehr Jüngeren oder für Volkswirtschaften mit einem großen Wirtschaftswachstum eine höhere Sparquote folgen. Die makroökonomischen Daten geben das aber nicht her.
Angus Deaton zeigte allerdings, dass es auf Haushaltsebene den Lebenszykluseffekt des Sparens sehr wohl gibt, die Streuungen allerdings zu breit sind, um einen gesamtwirtschaftlichen Effekt zu bewirken. Diese Studien zum Thema gelten heute als Maßstäbe in der Verzahnung von Mikroökonomik und Makroökonomik.
Interessant sind auch Angus Deatons politische Stellungnahmen zur Entwicklungshilfe. Die Entwicklungshilfe schade mehr als sie nütze. Ein Staat, der 40 oder gar 80 Prozent seines Budgets durch Entwicklungshilfe erhält, sei nicht mehr auf eine gute Verwaltung angewiesen. Darum untergrabe die Entwicklungshilfe den wichtigsten Faktor für einen wirtschaftlichen Aufschwung: gut funktionierende staatliche Einrichtungen.
Geh nicht ohne Gruß, empfiehl bitte den Beitrag weiter!
Mit seinen “ existentiell wichtigen Erkenntnissen“ hat Deaton es geschafft der Welt zu zeigen, dass die Volkswirtschaftlehre eine klassische Nichtwissenschaft ist und man sich insofern sowohl den Nobelpreis, als auch diesen Artikel hätte ersparen können.
Aber es kommt sicher nach dem nächsten Zusammenbruch des Systems jemand, der die wirklichen Verwerfungs – Ursachen aufklären wird.
Das dürfte dann aber wohl eher ein Sozialphilosoph oder Psychologe sein, denn ein Voodoo Zauberer von der Wall-Street.
Schafft den Nobelpreis ab.Es ist ein Kriminelles Element des Systems.
Warum diese gehässigen Reaktionen auf einen Wissenschaftler?
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@Arne
Warum die gehässigen Kommentare? Ich tippe mal auf komplette Unwissenheit. Was hat Angus Deaton mit der Wall Street zu tun? Was hat die Volkswirtschaftslehre als Wissenschaft mit (Wirtschafts-)Kriminalität zu tun? Verschwindend wenig. Ein paar schwarze Schafe gibt es, wie Du richtigerweise anmerkst, in jedem Fachgebiet. Es ist irgendwie albern: Viele fühlen sich völlig zu recht von der Macht der Finanzmärkte oder dem Ausmaß der Vermögenskonzentration oder von korrumpierten Verhältnissen in unserem Wirtschaftssystem bedroht, aber wer ist der Feind: Diejenigen, die zigfach nachgewiesen haben, wie schädlich sich solche Krebsgeschwüre auf die Funktionsfähigkeit eines Wirtschaftssystems und den Wohlstand auswirken. Pro-Marktwirtschaft ist gerade nicht Pro-Big-Business. Das geht an vielen vorbei, insbesondere an denen, die überall dort Verschwörungen wähnen, wo keine sind, aber die alltägliche Korruption übersehen oder sich im kleinen Rahmen daran beteiligen („Mit oder ohne Rechnung?“). Insofern ist der Nobelpreis für Deaton großartig. Denn er hat nicht nur die herkömmliche Entwicklungspolitik kritisiert. Er ist auch ein scharfer Kritiker plutokratischer Verhältnisse, die nicht nur das Wirtschaftssystem, sondern auch den gesellschaftlichen Überbau zersetzen.
Es geht nicht um den Preisträger, sondern um das Instrument die Verleihung das von anderen zu Politischen Instrument oder anderen Sachen missbraucht wird.Wie oft wurden schon die Olympischen Spiele Boykottiert ob berechtigt oder nicht? Wie oft wurde schon ein Doktortitel missbraucht?
Natürlich kann man nicht Messer für den Hausgebrauch abschaffen, nur weil sie auch als Waffe gebraucht werden können.Hat der bescheidene Mensch einen Titel notwendig? Ein Zeugnis für seine Befähigung ja.
Sollte man eine Kontrolle einführen ?Was darf mit den Erungenschaften gemacht werden?