Die Raubkopie
übernommen aus Wirtschaftswende vom 8.7.2009 Ich stehe am Kopierer. Buchseite umblättern – auf den grünen Startknopf drücken – Buchseite umblättern … Bei solcher monotonen Tätigkeit kann man schon in Trance geraten. Man achtet nicht mehr auf seine Umwelt. So habe ich auch nicht den drahtigen Schwarzhaarigen bemerkt. Leise schleicht er sich an mir vorbei, greift ins Ausgabefach. Ich will die fertigen Kopien noch festhalten, doch er stößt mich zurück. Er nimmt sie sich und ist weg, verschwunden. Klarer Fall, denke ich: ein Kopienräuber. So etwas erkennt man selbst in Trance – auch, wenn ich nun nicht mehr in Trance bin, sondern wütend. Einen Kopienräuber erkennt man sofort daran, dass er Kopien raubt. Zugegeben, es ist nicht sicher, ob es Kopienräuber auch außerhalb von durch Kopiertrance hervorgerufene Halluzinationen gibt, aber eines ist sicher: Das, was der Kopienräuber raubt, ist logischerweise eine Raubkopie. Für viele allerdings offensichtlich nicht. Das Wort Raubkopie fällt inzwischen immer, wenn es um nach dem Urheberrecht illegale (vornehmlich elektronische) Kopien von Texten, Filmen, Musik und Software geht. Dabei ist Raub (§ 249 Strafgesetzbuch) …